Frage an Björn Cukrowski von Jens W. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Cukrowski,
in den letzten Tagen hörte man immer wieder das Thema "Maut". Danach kam gleich, auch aus Reihen der FDP, wieder das Dementi. Warum kann nicht einmal über gewisse Sachfragen in Ruhe nachgedacht werden? Alle größeren Staaten der EU haben eine PKW-Maut. Es ist doch legitim darüber nachzudenken, daß die Nutzer von Autobahnen auch dafür bezahlen. Bahnkunden zahlen ja im Prinzip auch für den Erhalt der Schiene mit.
Ich erkenne ein generelles Problem, ein Vorschlag von einer Partei wird gemacht und zack schmeißen sich alle anderen wie die Piranhas darauf, um es kaputt zu beißen. Genauso wie immer "konkrete" Vorschläge für eine Steuererhöhung/-senkung gemacht werden müssen. Da kommen Soli, Vermögensteuer, Erbschaftssteuer, Kfz-Steuer, Sektsteuer etc ins Spiel. Nach den Koalitionsverhandlungen heißt es immer wieder: das konnten wir mit unserem Koalitionspartner nicht machen, das kommt erst ein Jahr später als wir es wollten, dieses müssen wir in 2 Jahren nochmals angehen... BLA BLA BLA. Entschuldigung, aber der Wähler ist es leid dauernd etwas zu hören und vier Wochen später zu hören, warum es nicht geht. Können Parteien nicht einfach Gesellschaftsmodelle und Leitideen "verkaufen" an denen sie ihre Politik festmachen können und der Wähler kann entscheiden, ob es seinem Weltbild entspricht oder nicht? Ich bin es Leid, mir ein filigranes Fachwissen zum Thema "Entwicklungshilfe im mittleren Pazifik" anzueignen, damit ich meine Wahlentscheidung danach treffen kann, ob Tonga Wirtschaftshilfe in Höhe von 200.000 oder 250.000 Euro zu steht.
Entschuldigen Sie bitte, aber ich überspitze es gerade ein wenig.
Ihr
Jens Wittekopf
Sehr geehrter Herr Wittekopf,
vielen Dank für Ihre Nachricht über abgeordnetenwatch. Gerne nehme ich zu den von Ihnen genannten Punkten Stellung.
Sie haben Recht: Die FDP hat den Vorschlag von CSU-Chef Seehofer zur Einführung einer Pkw-Maut für Ausländer abgelehnt. Ich halte das auch für richtig, denn die Einführung einer Pkw-Maut „nur für Ausländer“ ist nach EU-Recht nicht möglich. Es ist einer der wesentlichen rechtlichen Eckpfeiler – und Ausfluss der europäischen Einigung – dass Ausländer im Inland nicht schlechter behandelt werden dürfen als eigene Staatsangehörige. Dieser Grundsatz ist richtig, wichtig und für uns als Liberale nicht anzutasten. Was die Einführung einer generellen Mautpflicht – wohl gemerkt: für alle Autobahnnutzer – betrifft, rate ich zu einer differenzierteren Betrachtung. Die deutschen Autofahrer sind heute schon Zahlmeister der Nation. Mehr als 53 Milliarden Euro an Steuer und Abgaben führen sie pro Jahr an die Finanzminister der Länder und den Bundesfinanzminister ab. Diese Mittel fließen leider nicht ausschließlich in den Ausbau und Erhalt der Straßen. Eine zusätzliche Belastung der Autofahrer halte ich nicht für vertretbar. Nur wenn die Zahlungen der Pkw-Fahrer im gleichen Maße sinken wie sie durch die Einführung einer allgemeinen Maut steigen, könnte ich mir ein solches Modell auch in Deutschland vorstellen.
Sie werben in Ihrer Nachricht darum, dass die Parteien statt mit einzelnen Themen besser mit ihren „Gesellschaftmodellen“ werben sollen. Lieber Herr Wittekopf, ich denke, man sollte das eine tun ohne das andere zu lassen.
Für uns Liberale ist „Freiheit“ ein ganz zentraler Begriff. Wir wollen die Freiheit des Einzelnen gewährleisten und schützen um ihn die Lage zu versetzen, für sich und die Gesellschaft eigenverantwortlich die besten Entscheidungen zu treffen. Als Gemeinschaft haben wir die Aufgabe, soziale Sicherungssysteme zu schaffen um Bürgerinnen und Bürger vor den Härtefällen des Lebens zu schützen. Was wir aber nicht wollen ist der alles bestimmende Staat, der uns aus gesundheitspolitischen Gründen vorschreibt, wann wir was essen dürfen oder aus Umweltschutzgründen diktiert, welche Beutel wir zum einkaufen verwenden dürfen. Wir wollen einen starken Staat, der kluge Rahmenbedingungen setzt anstatt sich in das Leben des Einzelnen unnötig einzumischen. Diese Grundüberzeugungen haben wir in unserem Grundsatzprogramm, den so genannten Karlsruher Freiheitsthesen, niedergeschrieben. Sie finden diese im Internet unter http://www.fdp.de/Programm/1427b514/index.html .
Meine Erfahrung aus den zurückliegenden Wahlkämpfen ist, dass die Wählerinnen und Wähler allerdings nicht „nur“ an den Gesellschaftsmodellen der einzelnen Parteien interessiert sind; sie wollen auch wissen, wie sich diese Leitideen mit ganz konkrete Projekte und Vorhaben abbilden lassen. Die Menschen möchte sehen, wie Politik nach diesem Leitbild aussieht. Und dafür braucht es Wahlprogramme mit möglichst konkreten Aussagen und klaren Ansagen. Welche Themen wir in Bayern in den nächsten fünf Jahren anpacken wollen, können Sie in unserem Wahlprogramm oder dem Kurzwahlprogramm nachlesen. Beides finden Sie auf der Website der FDP Bayern unter http://www.fdp-bayern.de/wcsite.php?wc_b=10075 .
Sehr geehrter Herr Wittekopf, ich hoffe, ich konnte Ihre Anfrage zufriedenstellend beantworten. Abschließend erlauben Sie mir bitte eine etwas spitzfindige Anmerkung: Tonga erhielt 2012 insgesamt 12.000 Euro aus dem Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Mit dem Geld wurde der Bau einer Schule unterstützt. Allerdings profitiert der Staat auch von internationalen Maßnahmen, wie beispielsweise dem Regionalvorhaben „Anpassung an den Klimawandel in der pazifischen Inselregion“, an dem sich Deutschland in den Jahren 2009 bis 2015 mit insgesamt 17,2 Millionen Euro beteiligt.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Cukrowski