Frage an Birgit Sippel von Christian K. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Sehr geehrte Frau Sippel,
mit großen Bedenken musste ich bemerken, dass die EU-Grenzpolizei Frontex derzeit, an den EU-Außengrenzen an Menschenrechtsverletzungen beteiligt ist.
Quelle:
https://www.tagesschau.de/investigativ/report-mainz/frontex-pushbacks-101.html
Parallel geht genau diese Behörde gegen Transparenzaktivist:innen vor, die über diese Verletzungen berichten, unter anderem gegen die Organisation Frag Den Staat.
Bitte ordnen Sie diese Ereignisse kurz ein und beziehen Sie klar Stellung.
Hier ist es möglich sich eindeutig für Menschenrechte und Transparenz zu positionieren. Beides Grundfesten der Demokratie.
Mit freundlichen Grüßen
C. K.
Sehr geehrter Herr Kulawik,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich teile Ihre großen Bedenken gegenüber den ausführlich dokumentierten Vorwürfen, dass Frontex an den EU-Außengrenzen an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sei. Dies gilt insbesondere für die Berichte, dass Frontex indirekt und direkt an illegalen Zurückweisung von Schutzsuchenden in der Ägäis teilgenommen habe.
Wiederholt haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament Frontex-Exekutivdirektor Fabrice Leggeri eingeladen, um sich zu den zahlreichen Vorwürfen zu äußern. Doch auch nach zahlreichen Diskussionen blieb Fabrice Leggeri zu viele Antworten schuldig. Zudem wurden Informationen nur häppchenweise und nach wiederholtem Nachfragen geliefert. Man muss deswegen leider feststellen, dass keine der zahlreichen Gelegenheiten genutzt wurde, die Frontex in den letzten Monaten hatte um das Parlament vollumfänglich über die Vorfälle aufzuklären.
Stattdessen hat sich Leggeri vor dem Innenausschuss des Europäischen Parlaments darauf berufen, dass es Unklarheiten bezüglich der Rechtsgrundlage für maritime Frontex-Einsätze geben würde, weshalb man nicht von illegalen Zurückweisungen sprechen könne. Die Rechtsgrundlage ist jedoch bereits über sechs Jahre in Kraft. Es ist äußerst besorgniserregend, dass Frontex lange unter einem Exekutivdirektor agiert hat, der anscheinend weder die Rechtsgrundlage verstanden, noch die Unklarheiten aufgeklärt hat, bevor er den Einsatzplänen zustimmte. Entsprechend kann man nur zu dem Schluss kommen, dass der Exekutivdirektor in vielen seiner Verantwortlichkeiten gescheitert ist und als Konsequenz für sein Handeln zurücktreten sollte. Mir fehlt jegliches Vertrauen, dass Fabrice Leggeri noch die richtige Person ist, um die Anschuldigungen aufzuarbeiten.
Ich erwarte außerdem, dass die Europäische Kommission, die Fabrice Leggeri ihr vollstes Vertrauen ausgesprochen hat, ihre Position signifikant überdenkt. Sie sollte sich im Frontex-Verwaltungsrat für seinen Rücktritt einsetzen und sicherstellen, dass die Vorwürfe gegen Frontex lückenlos aufgeklärt werden.
Die Berichte machen einmal mehr deutlich, dass wir einen robusten und unabhängigen Beobachtungsmechanismus für die Einhaltung von Grundrechten an den EU-Außengrenzen brauchen. Menschen- und Grundrechte liegen unserer Demokratie und unseren gemeinsamen europäischen Werten zugrunde und wir alle sind verpflichtet, diese einzuhalten und zu schützen. Das gilt insbesondere für den Umgang mit schutzsuchenden Menschen, die vor Gewalt und Verfolgung zu uns fliehen.
Mit freundlichen Grüßen
Birgit Sippel