Frage an Bernhard Brinkmann von Tobias H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Bezüglich der geplanten Internetzensur stellt sich mir folgende Frage:
Da ich in meiner Freizeit (Internet-)Forenbetreuer bin, dürfte diese Frage wohl allen Admins und ähnlichen auf der Seele liegen, da wir ja durch unsere Aufgabe, Foren von unerwünschten Beiträgen, Links usw. säubern, immer in die Gefahr laufen werden, auf das geplante Stoppschild (inklusive der Datenerfassung) zu kommen.
Wie haben sie sich das gedacht, rein praktisch?
Wie sollen sich Internetbetreiber und deren Forenbetreuer verhalten?
Ein Klick und unsere IP landet beim BKA, und die Polizei steht zwei Wochen später vor der Tür, nur weil wir das Internet säubern, unserer Aufgabe nach kommen, und sowas löschen sollen und wollen?
Wir machen sowas unentgeldich und opfern unsere Freizeit, und schon sind wir Kriminelle, weil man uns einen verkehrten Link ins Forum stellt?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Hemp,
zur Beantwortung der von Ihnen gestellten Fragen, möchte ich Ihnen gern den aktuellen Beratungsstand der SPD-Bundestagsfraktion zur Kenntnis geben.
Die Ergebnisse der öffentlichen Anhörung zum Kinderpornografiebekämpfungsgesetz belegen in aller Deutlichkeit, wie wichtig und notwendig es war, dass die SPD-Bundestagsfraktion auf der Durchführung einer solchen Anhörung zu so einem komplexen Gesetzgebungsverfahren bestanden hat. Die überwiegende Mehrheit der geladenen Sachverständigen war sich in den folgenden Punkten weitgehend einig:
1. Der wirksame Kampf gegen Kinderpornografie erfordert eine Vielzahl von Maßnahmen. Fast alle meinen, in diesem Rahmen könne die Sperrung von kinderpornografischen Internetseiten unter bestimmten Voraussetzungen eine sinnvolle Maßnahme sein.
2. Die Sperre könne umgangen werden, deshalb sei es richtig, dass der Gesetzentwurf lediglich von einer Erschwerung spricht.
3. Keiner der geladenen Sachverständigen hat die Auffassung vertreten, dass prinzipielle Gründe von vornherein gegen Internetsperren gegen Kinderpornografie sprechen.
4. Entscheidend sei aber, dass der Gesetzentwurf bezüglich Rechtsstaatlichkeit des Vorhabens und der Effektivität der Sperrungen von kinderpornografischen Inhalten auf ausländischen Servern noch erheblich überarbeitet werden muss.
Für die SPD-Bundestagsfraktion geht es dabei vor allem um die Frage der Verhältnismäßigkeit der Sperrmaßnahmen, also um eine Abwägung zwischen dem Schutz gegen kinderpornografische Darstellungen und den damit verbundenen Eingriffen in Grundrechte.
Dabei hat die Anhörung deutlich gemacht, dass der Gesetzentwurf noch zahlreiche inhaltliche und rechtliche Fragen aufwirft, die wir nun im weiteren parlamentarischen Verfahren klären müssen.
Dies sind aus Sicht der SPD-Fraktion insbesondere die Forderung nach einer spezialgesetzlichen Regelung anstelle einer Änderung des Telemediengesetzes und die datenschutzrechtliche und verfahrensrechtliche Absicherung. Hierzu gehören aus unserer Sicht die gerichtliche Kontrolle der BKA-Sperrliste sowie die Klärung der Problematik im Zusammenhang mit der Weitergabe der Daten an Strafverfolgungsbehörden. In diesen Punkten sind wir für Änderungen am Gesetzentwurf. Für die SPD-Fraktion stellen wir in aller Deutlichkeit fest, dass wir - so wie im Übrigen alle Sachverständigen - eine Ausweitung der Internetsperren auf andere Straftatbestände ablehnen.
Der wichtige Kampf gegen Kinderpornografie im Internet und die Rechte der Internet-Nutzer müssen sich nicht ausschließen. Dies kann aber aus unserer Sicht nur auf rechtsstaatlicher Grundlage und nicht auf der Basis von rechtlich fragwürdigen Verträgen zwischen dem BKA und den Internetprovidern erfolgen. Solch weitreichende Maßnahmen, und auch dies hat die Anhörung klar bestätigt, sind aus unserer Sicht nur aufgrund einer gesetzlichen Grundlage und in einem rechtsstaatlichen Verfahren denkbar und möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Brinkmann