Görlitz und Umgebung neigt zu einer Orientierung nach politischem extrem Rechts. Wo sehen Sie die Ursachen?

Hallo Frau W.

danke für Ihre spannende Frage. Ich habe mich in den letzten Tagen mit mehreren - vor allem jüngeren - Menschen in Görlitz dazu unterhalten und alle starren ziemlich fassungslos auf dieses Phänomen und die entsprechenden Wahlergebnisse. Man darf es sich allerdings auch nicht zu einfach machen! Was mussten die Arbeiter, die Jugend, die Frauen in Ostdeutschland in den letzten 30 Jahren erleben? Kanzler Kohl hat ihnen "blühende Landschaften" versprochen - bis heute ist die Arbeitslosigkeit höher und die Löhne sind schlechter siehe die Streiks in der Metallindustrie Anfang des Jahres.

Viele sind gefühlsmäßig gegen den Kapitalismus - er ist nicht mehr in der Lage, nur eines der von ihm verursachten Probleme zu lösen. ABER jetzt kommt ein weiteres Problem: der Antikommunismus verstellt den Blick auf den echten Sozialismus und eine offene Diskussion darüber mit dem simplen Trick die abstoßenden Erscheinungen des bürokratischen Kapitalismus der DDR ab den 1960er Jahren gleichzusetzen mit dem sozialistischen Aufbau und seinen Prinzipien.

Die AfD gibt sich als Anwalt des "kleinen Mannes", verfolgt aber ein knallhartes kapitalistisches Programm. Leider hat sie mit ihrer völkischen Ideologie einen bestimmten Einfluss erhalten. Sie suggeriert, dass dann den Leuten besser gehe wenn die "nationalen Interessen" höher bewertet werden als die Klasseninteressen als Arbeiter. Ein Blick auf andere Länder mit ausgeprägter Rechtsentwicklung wie Polen, Ungarn, die USA bis 2020 und die Türkei zeigt, dass dem nicht so ist.

Man muss die völkische Ideologie bekämpfen und ihren Weg zu einem offenen Faschismus.

Ich finde die meisten bürgerlichen Parteien betreiben Spurenverwischung, denn sie sind verantwortlich für die Politik der letzten 30 Jahre. Siehe einen kurzen Blick auf die sächsische Landesregierung.

Gerade deshalb kandidiere ich als Einzelkandidat für das Internationalistische Bündnis.

Ich hoffe, meine Antwort führt zu einer spannenden und perspektivreichen Diskussion.

Viele Grüße

Bernhard Blickle