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Bernd Siebert
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Frage von Ralf S. •

Frage an Bernd Siebert von Ralf S. bezüglich Jugend

Sehr geehrter Herr Siebert,

mich beschäftigt der Sinn des von der CSU geforderten Betreuungsgeldes.

1. Es gibt das Elterngeld mit einem Mindestbetrag von 300€ pro Monat, bei dem man auch die Möglichkeit hat das halbe Geld (min. 150€) im doppelten Zeitraum, also 2 Jahre auszahlen zu lassen.
Das heißt, wenn man sein Kind für 2 Jahre selbst betreut bekommt man monatlich mindestens 150€.

2. Nicht jeder hat die finanzielle Möglichkeit auf die Arbeit zu verzichten und muss wieder erwerbstätig werden. Derjenige muss dann Kita gebühren bezahlen, weil er ein Einkommen hat, während für ALG II Empfänger die Kita kostenlos ist.

Warum soll es noch ein Betreuungsgeld geben, wenn man schon heute mit dem Elterngeld auf exakt die von der CSU geforderte Summe kommt?

Wie soll das Betreuungsgeld sozial ausgewogen werden? Wenn das Betreuungsgeld nicht auf Hartz IV angerechnet wird profitieren nur die Hartz IV Empfänger, die ihre Kinder aus der kostenlosen Kita nach Hause holen und Familien bei denen ein Elternteil so gut verdient, dass das zweite Elternteil eh nicht arbeiten muss. Was wird für unteren und mittleren Einkommensschichten gemacht?

Mit freundlichen Grüßen
Ralf Sommer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Sommer,

vielen Dank für die Zusendung Ihrer Fragen, die ich gerne beantworte. Zunächst möchte ich jedoch voranstellen, dass das Betreuungsgeld nicht als isolierte Maßnahme gedacht ist und deswegen auch nicht isoliert bewertet werden kann. Es fügt sich vielmehr in ein Bündel von vielen Angeboten ein. Sie alle haben die Zielsetzung, die gesellschaftlich notwendigen Anreize für Nachwuchs zu fördern. Eine Gesellschaft, die dauerhaft nicht genügend Kinder bekommt, stirbt langfristig aus. Aber bereits zeitlich weit davor tauchen existentielle Probleme auf. Ich nenne nur stichwortartig die Stabilität von sozialen Sicherungssystemen, Arbeitskräftemangel oder die Verödung von Landstrichen. Ansatzweise sind in Deutschland diese negativen Auswirkungen bereits zu spüren, in der Diskussion sind sie schon lange. Deshalb muss verantwortliche Politik jetzt handeln. Nun konkret zum Betreuungsgeld: Mit der Entscheidung, das Betreuungsgeld einzuführen hat der Koalitionsausschuss im November 2011 ein Zeichen für alle Familien gesetzt. Er hat deutlich gemacht, dass sich Familien nicht einem staatlich vorgegebenen Leitbild anpassen müssen (nämlich dem, das Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr in die Krippenbetreuung zu geben), um finanzielle Unterstützung zu finden, sondern dass der Staat akzeptiert, dass Familien selbst entscheiden, wie sie leben wollen. Familien organisieren sich heute vielfältig, so dass allein mit dem Ausbau der Krippenplätze nicht allen Wünschen von Eltern Sorge getragen wird. Viele Eltern wollen ihr Kind erst mit drei Jahren in den Kindergarten geben und sich vorher selbst um die Erziehung ihrer Kinder kümmern oder eine familiennahe Betreuung organisieren. Während der Staat jeden Krippenplatz mit circa 1.000 Euro pro Monat subventioniert bekommen diese Eltern keine zusätzliche materielle Hilfe. Das Betreuungsgeld zwingt Frauen nicht, ihre Erwerbsarbeit aufzugeben, denn es wird auch gezahlt, wenn sie in Voll- oder Teilzeit erwerbstätig sind. Die einzige Bedingung ist, dass Eltern für ihre Kinder keinen Krippenplatz in Anspruch nehmen, sondern eine familiäre oder familiennahe Betreuung organisieren. Wenn Eltern für ihre Kinder eine Betreuung durch eine Nanny oder ein AU-Pair organisieren, kostet diese Lösung mehr als der Elternbeitrag für einen Krippenplatz. Hier ist das Betreuungsgeld eine große und wichtige Hilfe, um Alternativen zur Krippenbetreuung zu ermöglichen. Das Betreuungsgeld verhindert keine Bildungschancen. Es geht bei dieser neuen Familienleistung um eine Leistung an Eltern von unter Dreijährigen. In diesem Alter steht bei Kindern nicht das Bedürfnis nach Bildung im Vordergrund, sondern nach verlässlicher Bindung. In der Wissenschaft ist unbestritten, dass Bindung der Bildung vorausgeht. Die kognitive und emotionale Entwicklung und damit die Grundlage für spätere Bildung kann nur gelingen, wenn das Bedürfnis des Kleinkindes nach Sicherheit durch verlässliche Bindung befriedigt wird. Und die erste Bindung eines Kindes ist die an seine Eltern oder eben an die eine, feste Bezugsperson. Für die kleinen Kinder ist die familiäre oder familiennahe Betreuung der institutionellen zumindest gleichwertig, wenn nicht gar überlegen. Familien zu unterstützen, damit sie sich in den ersten Lebensjahren der Kinder selbst um den Nachwuchs kümmern können, ist zudem eine zutiefst christliche Überzeugung. Kinder brauchen gerade in ihrer ersten Lebensphase feste Bezugspersonen und liebevolle Zuwendung, damit sie ihre Talente entfalten können. Was in den ersten Lebensjahren versäumt, vernachlässigt und falsch gemacht wird, ist durch ein noch so gutes Bildungssystem später kaum wettzumachen. Kinderbetreuungseinrichtungen können eine wichtige Ergänzung zum Bildungsort Familie sein. Doch die in den meisten deutschen Kitas übliche Gruppengröße kann von vielen Ein- und Zweijährigen als Stress empfunden werden. Wenn Eltern daher eine individuellere Betreuung vorziehen, müssen wir das ebenso unterstützen. Wie sie sehen, setzt die CDU vor allem auf Wahlfreiheit. Wir wollen die Menschen nicht zu ihrem Glück zwingen, sondern ihnen die Entscheidung selbst überlassen. So ist sichergestellt, dass jede Familie sich diejenigen Angebote aussuchen kann, die zu ihrem Lebensentwurf passt. Dass die einen mehr von einer bestimmten Regelung profitieren als andere, ist daher logisch und führt dazu, dass sich die tatsächliche Wahrnehmung von Angeboten ausdifferenzieren wird. Ich erkenne folglich keine Gründe, das Betreuungsgeld abzulehnen.

Mit freundlichen Grüßen,
Bernd Siebert MdB