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Bernd Sibler
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Frage von Lisa W. •

Frage an Bernd Sibler von Lisa W. bezüglich Bildung und Erziehung

Hallo Herr Sibler,

wir Bayern verstehen es in meinen Augen nicht, die richtigen Schlüsse aus vielfältigen Untersuchungen zu ziehen. Der Auslesedruck wird bei uns in der Grundschule noch mehr nach vorne gerückt, das "Aussortieren" beginnt viel zu früh. Statt unsere Kinder zu stärken, werden sie verunsichert und nicht wenige zerbrechen und verlieren die Freude am Lernen und an der Schule. Die Hauptschulinitative ist ein weiteres unausgereiftes Schulmodell. An unserer Schule im Ort wurden mehrere Jahre "Nachhilfestunden" für Hauptschüler bezahlt und das Ergebnis ließ sich sehen. Die Erfolgsquote beim Quali stieg beträchtlich. Warum gelingt es uns nicht mehr, den Kindern das ausreichende Rüstzeug im Unterricht zu vermitteln? Ich weiß, dass es nicht an "unmotivierten" Lehrern liegt. Ich selber arbeite seit mehr als 30 Jahren an unterschiedlichen Schulen und kann das beurteilen.
"Nachhilfe"! Was sind das für Schulen, bei denen die Kinder nur mit Nachhilfe bestehen und überleben können? Kann man es sich heute noch leisten, Kinder zu haben? Zuerst der Nachhilfeunterricht, dann an Gymnasien Reisen durch ganz Europa und zuletzt auch noch die Studiengebühren! Nicht nur dadurch werden Kinder zu einem Armutsrisiko.
Für die Hauptschule hat der BLLV interessante Modelle vorgeschlagen, die nach meiner Meniung mehr Beachtung verdienen. Warum geht man zu wenig auf die Erfahrung der Experten ein?
Zuletzt noch ein Punkt, der mir am Herzen liegt. In meinen Augen muss die Schule am Ort ganz eng mit dem Schulträger zusammenarbeiten. Eine gute Schule am Ort ist ein Auswahlkriterium. Es wird deshalb Zeit, dass Bürgermeister und Gemeinderat bei der Besetzung der Schulleitungen und Lehrerstellen ein Vetorecht eingeräumt wird. Hier muss deutlich besser zusammengearbeitet werden. Der Schulträgerdarf nicht nur zum Geldgeber degradiert sein. Auch dadurch könnte eine neue, bessere Schule entstehen.

Mit freundlichen Grüßen
Lisa Wax, Lehrerin an der Montessorischule Landau a.d.Isar

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Wax,
Zunächst mal vielen Dank für diese umfangreiche und sehr anspruchsvolle, aber auch differenzierte Anfrage. Ich versuche, die verschiedenen Frageteile zu sortieren und in Gruppen zu beantworten:
a) Grundschule: Sie sprechen ein zu frühes "Aussortieren" und ein mögliches "Zerbrechen" der Kinder an. Klares politisches Ziel ist das Absenken der Klassenhöchststärke an Grundschulen auf 25. Damit wird sich die Betreuungsrelation deutlich verbessern und sicher auch ein großer Teil der von Ihnen angesprochenen Probleme relativieren bzw. lösen lassen. Zudem wird sich das Kultusministerium auch das Übertrittsverfahren genau anschaun, eine Arbeitsgruppe wurde hierzu eingerichtet und wird Ende des Jahres erste Ergebnisse vorlegen.
Hinweisen will ich aber auf zwei Dinge:
- Nach der vierten Klassen sind keine Entscheidungen für das Leben gefallen. Mit den M-Klassen an den Hauptschulen ist der Erwerb des mittleren Schulabschlusses an der Hauptschule möglich. Immer mehr M-Schüler besuchen danach auch die FOS (ab nächstem Jahr Berufliche Oberschule). Auch über den beruflichen Weg kann man ohne große Umwege Schulabschlüsse nachholen.
- Die Wiederholerquote an der sechsstufigen Realschule ist um rund 50 Prozent zurück gegangen. Dies liegt meiner Meinung auch daran, dass der Übertritt eben nicht mehr nach der sechsten Klasse (wie bei der R4) stattfindet. Die Mädchen sind da meist schon mitten in der Pubertät, die Buben mindestens am Anfang.
- Zudem zeigen jüngste Studien wie z.B. aus Brandenburg, wo der Übergang nach der 6. Klasse stattfindet, dass damit ausschließlich eine zeitliche Verlagerung stattfindet.
b) Hauptschule: Ich teile Ihre Meinung nicht, dass die Hauptschulinitiative unausgereift sei. Viele Hauptschullehrer sehen diese mit dem Schwerpunkt der vertieften beruflichen Orientierung als wertvolle Weiterentwicklung der Hauptschule an. Zudem haben wir vielfältige Kooperationsmöglichkeiten zwischen kleinen Hauptschulstandorten auf den Weg gebracht. Gerade bei Ihnen im Landkreis Dingolfing - Landau wird erprobt, wie man im Bereich der beruflichen Profile sogar jahrgangsübergreifend zusammenarbeiten kann - in den Klassen 8 und 9!
c) Nachhilfe: Hier meine ich einen Widerspruch in Ihrer Argumenation entdecken zu können. Für die Hauptschule beschreiben Sie Nachhilfe positiv, während Sie einige Zeilen später diese als nachteilig beschreiben. Wichtig ist, dass wir an den Schulen Förderungen anbieten. Dies haben wir im gymnasialen Bereich mit den Intensivierungsstunden auf den Weg gebracht. Im Bereich der Volksschulen gibt es die Förderlehrer, die hier hervorragende Arbeit leisten.
d) Klassenfahrten: Vielleicht gibt es die eine oder andere Schule, die dieses Instrumentarium intensiv nutzt, in der Regel geht man aber sehr vernünftig damit um. Gerade für Gymnasiaten ist das eine wichtige Erfahrung, Schüler anderer Schularten würden ebenfalls in ihrer Persönlichkeitsentwicklung profitieren. Für Schüler ohne den ausreichenden finanziellen Hintergrund gibt es verschiedene Fördermöglichkeiten, die man auch in Anspruch nehmen sollte. Das will aber zugegebenermaßen nicht jede Familie tun.
e) Schulleiterauswahl: Grundsätzlich wollen wir mehr Flexibilität und eine verbesserte Vorbereitung der Schulleiter für ihre neue Aufgabe. Dafür haben wir an der Akademie in Dillingen bereits seit 2006 viele Verbesserungen auf den Weg gebracht. Da das Verfahren jedoch immer auch juristisch beklagbar ist, muss ein beamtenrechtlich strenges Verfahren durchgeführt werden. f) Zu den BLLV-Vorschlägen habe ich in einer anderen Anfrage bei kandidatenwatch bereits Stellung bezogen.

Ich hoffe, dass ich ein wenig weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Sibler