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Bernd Christiansen
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Frage von Renate S. •

Frage an Bernd Christiansen von Renate S. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Christiansen,

vielen Dank für Ihre sehr ausführliche Antwort, die mich jedoch nicht ganz zufriedenstellt.
Wenn ich Sie richtig verstehe, reichen die bestehenden Gesetze aus, werden nur nicht ausgeschöpft. Warum ist das so? Weil Richter dann von der Öffentlichkeit als "Richter Gnadenlos" (ich bin KEIN Schill-Anhänger, aber das war doch das Etikett, was man Richter Schill umgehängt hat) verteufelt werden? Wie mögen sich Polizisten fühlen, die ihrer Pflicht nachgehen und manchem jugendlichen Kandiataten immer und immer wieder gegenüberstehen?
Jeder Mensch ist gut und böse (oder niemand ist gut und böse, dass ist wohl eine Frage des Betrachtungsstandpunktes) - aber nur weil ich im Leben nicht alles erreiche, was ich mir erträume, kann ich doch meine Wut nicht an anderen, wehrlosen Menschen auslassen. Sicher führt die Perspektivlosigkeit viele junge Menschen in die Kriminalität, aber wann wird mal von den Opfern gesprochen? Wo ist da das Mitleid? Das Leben ist kein Wunschkonzert und je eher mancher junge Mensch das einsieht, umso besser für ihn.
Ich denke, dass unabhängig von Gewalt im Fernsehen besonders die ganzen Serien eine völig verzerrte Wirklichkeit darstellen: jeder fährt dort ein superneues Auto, wohnt in einer extra-schicken Wohnung, die Leute haben immer sehr gut dotierte Jobs in Medien, Werbung, sind als Richter, Ärzte oder Antwälte tätig. Wie groß ist wohl der Anteil der Bevölkerung, die in diesen Berufen arbeiten?
Wer sich von klein auf an von dieser Sch... berieseln lässt, erhält sicher ein ganz verzerrtes Bild von dem Arbeitsleben. Da sind Enttäuschungen vorprogrammiert!
So, das soll für heute erstmal genügen - ich freue mich auf eine Antwort!

R. Simonsen

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Siomonsen,

haben Sie Dank für Ihre erneut an mich gerichtete ergänzend Frage. Offenkundig war ich nicht in der Lage meine Position hinsichtlich Ihre Frage für Sie zufriedenstellend zu beantworten. Sodann zur Beantwortung Ihrer Frage, die ich zunächst wie folgt mit einem Beispiel beantworten möchte.

Vielleicht haben Sie noch die Sendungen im deutschen Fernsehen, wie u.a. die Sendung know how in Erinnerung, in denen physikalische und chemische Experimente vorgeführt wurden. Hier fragten sich sicher auch Millionen von Zuschauern, wie die dargestellten Versuche wohl funktionieren. Dass das Unglaubliche funktionierte, konnte ja jeder mit eigenen Augen am Bildschirm und meist life verfolgen. Hier ist nur beispielhaft das Verschwinden eines gepellten Hühnerei im schlanken Flaschenhals einer Weisweinflasche zu nennen. Ich gebe hier unumwunden zu, auch bei vielen dieser Versuchen einer dieser erstaunten Millionen gewesen zu sein.

Sie fragen sich jetzt sicher, was hat das mit meiner Frage zu tun? Ich möchte mit diesem Beispiel nur klar machen, dass wir Menschen nach der Erklärung eines für uns im ersten Augenblick erscheinenden Phänomens einen anderen Blick auf die Dinge bekommen. Es gibt also physikalische und chemische Grundsätze, die sich einem Laien nicht so ohne weiteres erschließen und diesen über die Wirkung des Versuchs zunächst verblüffen. Für einen sachkundigen Fachmann sind diese Reaktionen in den dargestellten Versuchen selbstverständlich. Dem entgegen erscheint für uns das Ergebnis des vorgeführten Experiments als unglaublich. Will sagen, das nach einer sachkundigen Erläuterung uns das vermeintliche Phänomen klar wird.

Im Lichte dieses Beispiels und annähernd vergleichbar, sehe ich die in den Medien verkürzt publizierten und von Ihnen angesprochenen und bemängelte Strafbeimessung im Jugendstrafrecht. Würden also die, die für die Urteile Verantwortlichen sich öffentlich erklären, so wären diese Entscheidungen oftmals wohl weitgehend für viele Menschen nachvollziehbar. Nur neigen viele von uns dazu, ihre Meinung über die großen Letter der Boulevardpresse zu bilden. Diese ist aber leider nicht immer in der Lage, alle entscheidungserheblichen Sachverhalte zu spiegeln, geschweige denn, diese verständlich zu erläutern. Ich gehe also nach wie vor davon aus, dass die meisten Urteile gut erläutert, auch für uns einsichtig wären.

Der Richter ist bei seiner Entscheidung an Recht und Gesetz gebunden und zudem nur gegenüber seinem Gewissen verpflichtet. Bei dieser Gewissensentscheidung spielen persönliche Betrachtungen, Erfahrungen und Einschätzungen des Tatumstandes u.a. v.m. eine erhebliche Rolle bei der Urteilsfindung. Die Auswirkungen dieser Ermessensentscheidung hat eine Bandbreite von Richter Gnadenlos bis hin zum Papa Gnädig. Ich kann Ihnen aber beim besten Willen hier nicht erläutern was nun richtig ist., da ich weder die jeweilige Beweislage, noch den Tatumstand, den Tathergang, als auch die jeweilige Rechtslage ohne Kenntnis dieser Fakten beurteilen kann. Jedenfalls hat in diesem Land jeder das Recht auf ein faires Urteil. Also unter Umständen ,- in dubio pro reo.

Bei dieser Gelegenheit komme ich nicht umhin, auf das Ergebnis des Verfahren gegen Peter Hartz (ex VW Vorstand) zu verweisen. In diesem Verfahren handelte es sich gerade nicht um das Jugendstrafrecht. Peter Hartz wurden also mehr als 40 Straftaten vorgeworfen. Das würde man doch als Wiederholungstat im Volksmund bezeichnen. Auch dieser erhielt, so meine ich jedenfalls, einen ?Mengenrabatt? bei der Strafbeimessung, oder was meinen Sie?

Auf weitere, auf die Öffentlichkeit obskur wirkende Entscheidungen der Justiz, hinsichtlich einiger Prominenten verzichte ich hier ergänzend hinzuweisen, es würde den Rahmen sprengen

Mit freundlichen GrüßenBernd
Christiansen