Frage an Bernd Bante von Ewald P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Bante,
welche Position vertritt eigentlich Die SPD zur Mütterrente. Diese Frauen haben ihre Kinder unter wesentlich schwierigeren Bedingungen erzogen da auf dem Land fast keine Betreungsmöglichkeit vorhanden war.Eine Gleichstellung mit den Müttern nach 1992 ist doch die immer wieder eingeforderte Generationengerechtigkeit !
Sehr geehrter Herr Pusskeiler,
Vorab: Ja, wir müssen hier eine Gleichbehandlung aller Mütter erreichen! Wir haben selbst vier Kinder in unserer Familie, deshalb ist mir dieses Problem sehr wohl bewusst und Sie haben mich in Ihrem Anliegen voll auf Ihrer Seite. Jedoch ist es unredlich, das Versprechen einer Gleichbehandlung aufzustellen und die Finanzierung der Mehrkosten einfach unter den berühmten Tisch fallen zu lassen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle Ihnen das SPD-Konzept der Solidarrente kurz vorstellen:
Frauen sind besonders stark von Altersarmut bedroht. Die Gründe sind vielfältig: hoher Teilzeitanteil, schlechte Bezahlung, fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten usw.. Deshalb haben Frauen häufig auf eine eigene Berufstätigkeit verzichtet, längere Unterbrechungszeiten in Kauf genommen bzw. ihren Beruf nur eingeschränkt ausgeübt. Dies wirkt sich negativ auf die Rentenhöhe aus. Deshalb wird die SPD nach der Regierungsübernahme die „Solidarrente“ einführen. Sie sorgt dafür, dass für langjährig Versicherte mit 30 Beitrags- und 40 Versicherungsjahren die Rente nicht unter 850 € liegt. Im Gegensatz zu Frau von der Leyens „Lebensleistungs“-Rente, für die 40 Versicherungsjahre benötigt werden, ist private Vorsorge, die sich gerade größere Familien oder solche mit schwachen Finanzen kaum leisten können, keine Voraussetzung für den Rentenbezug.
Insbesondere werden von der „Solidarrente“ Frauen, die von Arbeitslosigkeit betroffen waren oder nach der Geburt ihrer Kinder nur wenig verdient oder gearbeitet haben, profitieren. Neben der Höherwertung von Zeiten von Arbeitslosigkeit beinhaltet das Konzept der „Solidarrente“ auch eine bessere Bewertung von Beitragszeiten, die parallel zur Kindererziehung erbracht werden. Die bessere Bewertung gibt es bereits für Beitragszeiten ab 1992; wir wollen diese auch auf Zeiten davor ausdehnen. Damit werden gezielt Rentenansprüche für Eltern verbessert, die wegen fehlender Betreuungsinfrastruktur nicht Vollzeit arbeiten konnten. Frauen, die von Altersarmut betroffen sind, profitieren auf diese Weise mit einer Rente in Höhe von 850 Euro.
CDU und CSU versprechen in ihrem Wahlprogramm, dass für jedes Kind, das vor 1992 geboren wurde, ein weiteres Kindererziehungsjahr rentenrechtlich anerkannt wird. Damit wäre zwar eine Besserstellung gegenüber der geltenden Rechtslage, aber immer noch keine Gleichstellung erreicht. Denn für Kinder, die nach dem 01.01.1992 geboren wurden, gibt´s ja drei Kindererziehungsjahre. Ein zusätzlicher Entgeltpunkt entspricht in Westdeutschland gegenwärtig einer Rentenzahlung von 28,14 Euro brutto/Monat, in Ostdeutschland von 25,74 Euro brutto/Monat. Die Kosten belaufen sich nach unseren Berechnungen auf ca. 6,6 Mrd. Euro pro Jahr. Dies entspricht einer Beitragssatzerhöhung um 0,6 Prozentpunkte.
Bei der Frage der Finanzierung muss eine seriöse Lösung gefunden werden. Die Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung ist eine sozialpolitische Leistung. Deshalb müssen die rentenrechtlichen Ansprüche aus dem allgemeinen Steuertopf und nicht zu Lasten der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler finanziert werden. Seit 1999 zahlt der Bund deshalb aus dem Bundeshaushalt Beiträge für Kindererziehungszeiten an die Rentenversicherung. Für zurückliegende Geburten müsste der allgemeine Zuschuss des Bundes an die Rentenversicherung entsprechend erhöht werden, weil für die Zeiten vor 1992 bisher keine Beiträge gezahlt wurden.
Die Union behauptet demgegenüber, dass zusätzliche Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder kostenneutral über die Rentenversicherung zu finanzieren wären. Das ist schlicht und ergreifend falsch - wie auch die Deutsche Rentenversicherung selbst festgestellt hat. Die Rücklage der Rentenversicherung dient zur Abfederung konjunktureller Schwankungen. Damit wird sichergestellt, dass die Renten auch bei Schwankungen der Beitragseinnahmen ausgezahlt werden können, ohne dass sofort eine Beitragssatzanhebung notwendig ist.
Da CDU/CSU eine Finanzierung über Steuermittel ausschließen, würde die Plünderung der Rücklagen der Rentenversicherung unweigerlich sehr schnell zu Beitragserhöhungen führen. Dies hat die Union aber bisher ausgeschlossen. Mit dem Griff in die Rentenkasse würde die Union wie schon in den 1990er Jahren die Kosten von sozialpolitischen Leistungen ausschließlich den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und ihren Arbeitgebern auferlegen.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Union bzw. die derzeitige Regierungskoalition noch vor der Bundestagswahl einen konkreten Vorschlag mit einer seriösen Finanzierung im Deutschen Bundestag zur Abstimmung gestellt hätte. Ein solcher Vorschlag wäre an der SPD sicher nicht gescheitert. Die Generalsekretärin der SPD, Andrea Nahles, hatte übrigens der Union bereits angeboten, einen entsprechenden Vorschlag im Bundestag mit zutragen.
Schade, dass diese Kooperationsbereitschaft nicht angenommen wurde. Schade insbesondere für die Mütter, die davon profitiert hätten und eine nachhaltige Lösung auch verdient hätten.
Bleibt mir am Schluss nur noch ein kleiner Hinweis: Es waren die Union und die FDP, die sich im Jahre 1992 im Zuge des "Rentenreformgesetz 1992“ für die Stichtagsregelung entschieden haben.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Bante