Frage an Benjamin Weiß von Heiko K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Weiß,
was sagen Sie zum britischen Abhörprogramm "Tempora", dem Anzapfen von Glasfaser-Kabeln durch den britischen Geheimdienst?
Vertrauliche Daten deutscher Staatsbürger werden hier abgesaugt, ausgewertet und im Zuge des UKUSA Agreements (Five Eyes) vermutlich auch an Australien, Kanada, Neuseeland und die USA weitergegeben.
Eine Reaktion der Bundesregierung steht bisher aus - wie sollte diese Ihrer Meinung nach aussehen?
Beste Grüße,
Heiko Krämer
Lieber Herr Krämer,
vielen Dank für Ihre Frage. Seit einigen Wochen wissen wir, was viele längst schon vermuteten. Unser digitales Leben wird von Nachrichtendiensten in den USA und Großbritannien im großen Stil ausgespäht, ausgewertet und dokumentiert. Die Merkel-Koalition sagt dazu nichts. Der Datenschutz ihrer Bürgerinnen und Bürger scheint ihr egal. Der Schutz von Whistleblowern wie Edward Snowden erst recht.
Wie Sie richtig geschrieben haben, konnte über das Anzapfen der Glasfaserkabel die National Security Agency (NSA) und der britische Abhördienst GCHQ enorme Mengen an vertraulichen Informationen einsehen und auswerten. Ein Datenschutzskandal von enormen Ausmaß. Die Geheimdienstoperationen Prism und Tempora verletzen Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte aller deutschen und europäischen Bürgerinnen und Bürger.
Die Merkel-Koalition hat dazu leider nicht viel zu sagen. Weder in den Gesprächen mit Präsident Obama kam das Thema in der nötigen Deutlichkeit zur Sprache, noch auf dem anstehenden EU-Gipfel stehen Tempora und Prism auf der Agenda. Datenschutz scheint der Kanzlerin und ihrer Regierung egal. Auch auf europäischer Ebene hat sich die schwarz-gelbe Bundesregierung nicht damit hervorgetan, für einen modernen Datenschutz zu kämpfen. Dass Whistleblower, wie Edward Snowden, in der EU keinen Schutz suchen, überrascht da nur noch wenig.
Dabei geht es hier nicht nur um die Privatsphäre der deutschen Bürgerinnen und Bürger, sondern auch um deutsche Wirtschaftsinteressen. Viele Unternehmen, die ihre Daten durch Cloud Computing auf Überseeserver verlagert haben, wissen jetzt, dass diese dort nie sicher gewesen sind.
Ich fordere einen sofortigen Stopp von Überwachung durch Prism und Tempora. Die Bundesregierung muss das Thema im Europäischen Rat auf die Agenda setzen und auf Beendigung drängen. Die Einleitung rechtlicher Schritte gegen die USA und Großbritannien im internationalen bzw. europäischen Gerichtshof muss geprüft werden.Dazu finde ich, dass man auch darüber nachdenken kann die Verhandlungen um das Freihandelsabkommen auszusetzen bis die Überwachung endlich ein Ende hat.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage zu ihrer Zufriedenheit beantworten konnte.
Herzliche Grüße
Benjamin Weiß