Frage an Beatrix von Storch von Ernest G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau von Storch,
ganz gerne möchte ich Ihnen folgende Fragen stellen:
1.) In wie weit gibt es inhaltliche Übereinstimmungen zwischen der AfD und den britischen Konservativen (Tories) sowie zwischen der AfD und der polnischen Partei Recht & Gerechtigkeit (PiS)?
2.) Würden Sie gegen einen EU-Beitritt der Türkei stimmen?
3.) Was ist Ihre Position bezüglich der Ukraine-Krise?
4.) Was sagen Sie zu den ständigen Wechsel des EU-Parlaments zwischen Brüssel und Straßburg?
5.) Würden Sie auch für Jean-Claude Juncker als neuen EU-Kommissionspräsident stimmen?
6.) Wie stehen Sie, bzw. die AfD zu einer Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien nach dem Referendum am 18. September?
7.) Was ist Ihre Position bezüglich des Bürgerkriegs in Syrien? Soll Assad Ihrer Meinung nach bleiben?
Vielen Dank schonmal im Voraus für Ihre Antworten!
Mit freundlichen Grüßen
Ernest Goetz
Sehr geehrter Herr Goetz,
herzlichen Dank für Ihr Schreiben. Ich möchte zunächst um Entschuldigung bitten, dass die Antwort etwas auf sich hat warten lassen.
Hier erläutere ich Ihnen nun wie gewünscht meine Positionen zu Ihren Fragen.
1.) In wie weit gibt es inhaltliche Übereinstimmungen zwischen der AfD und den britischen Konservativen (Tories) sowie zwischen der AfD und der polnischen Partei Recht & Gerechtigkeit (PiS)?
Mit den Tories verbinden uns viele Gemeinsamkeiten. Zu nennen sind beispielsweise die wertkonservative Ausrichtung, die Kritik am Euro und auch die Skepsis gegenüber vielen vermeintlichen Segnungen der EU. Uns eint die klare Ausrichtung unserer Politik an den nationalen Interessen. Wir wollen souverän bleiben und uns nicht von Brüssel aus regieren lassen. Die Britischen Konservativen fordern wie wir eine Rückbesinnung auf den guten Grundgedanken der europäischen Einigung: Freier Handel, Freizügigkeit, aber strikte Subsidiarität. Außerdem befürworten wir das, was die britische Regierung gerade zugelassen hat Ein Referendum über die Mitgliedschaft Schottlands im Vereinigten Königreich bzw. Großbritanniens in der EU.
Das trifft in vielem auch für die polnische PiS zu, allerdings vertreten wir in mancher Hinsicht liberalere Positionen. Auch stört mich der gelegentlich antideutsche Unterton einiger Repräsentanten. Aber gegen diese Ressentiments können wir ja in der gemeinsamen Fraktion angehen. Wir tun dies schon mit Erfolg, wie mir scheint. Was uns wiederum klar verbindet, ist der euroskeptische Kurs.
2.) Würden Sie gegen einen EU-Beitritt der Türkei stimmen?
Ich würde nicht nur dagegen stimmen. Ich würde im Vorfeld aktiv darauf hinwirken, dass es zu so einer Abstimung gar nicht erst kommt.. Wir als AfD stehen für eine Beendigung der Aufnahmeverhandlungen mit der Türkei. Und das abgesehen davon, dass die EU gar nicht die Kraft hätte, solch ein großes und dennoch armes Land aufzunehmen; und abgesehen davon, dass sich die neue Präsidentschaft anschickt, das Land weiter in einen autoritären Staat zu verwandeln. Wir sind vielmehr generell der Meinung, dass Europa geografische, kulturelle und historische Grenzen hat.
3.) Was ist Ihre Position bezüglich der Ukraine-Krise?
Ich finde es richtig, dass die AfD -im Gegensatz zu anderen- nicht einseitig Partei ergreift. Es gibt in dieser Frage kein Schwarz und kein Weiß, Scharfmacher finden sich auf beiden Seiten. Deshalb halte ich die AfD-Resolution vom Frühjahr nach wie vor für klug und ausgewogen:
- „Die AfD betrachtet die Entwicklungen in der Ukraine mit großer Sorge. Im Interesse des internationalen Friedens rät die AfD nachdrücklich zu diplomatischen Gesprächen mit allen Seiten.
- Hier sind alle Parteien - die EU, die USA, Russland, die ab 25. Mai 2014 legitimierte ukrainische Regierung sowie ukrainische Oppositionsgruppen und Vertreter der Regierung der Krim - ohne Vorbehalte und Vorverurteilungen einzubeziehen.
- In dieser instabilen Lage ist es von größter Bedeutung, keine Sanktionen zu verhängen, und keine weiteren Maßnahmen der Eingliederung der Ukraine oder Teilen davon in die EU oder in die Russische Föderation zu betreiben.
- Ziel muss es sein, eine Lösung zu finden, die den Frieden in Europa sichert, das Selbstbestimmungsrecht der Völker und insbesondere der Bevölkerung der Krim und des ukrainischen Volkes respektiert und die völkerrechtlich akzeptabel und einwandfrei ist.
- Die AfD spricht sich gegen jede weitere Erweiterung der NATO nach Osten aus."
Ich habe mich kürzlich in einem Artikel ausführlich zum Thema geäußert:
http://www.freiewelt.net/verhandlungen-statt-russland-sanktionen-der-ukraine-den-status-der-schweiz-10039908/
[1]
4.) WAS SAGEN SIE ZU DEN STNDIGEN WECHSELN DES EU-PARLAMENTS ZWISCHEN BRÜSSEL UND STRAßBURG?
Das ist natürlich riesengroßer Unsinn, der uns Bürger viel Geld kostet. Die Schuldenschlinge zieht sich EU-weit immer mehr zu, aber für den unnützen Wanderzirkus stehen 200 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Also eine Milliarde pro Legislaturperiode! Die AfD würde diese grandose Mittelverschwendung lieber heute als morgen beenden. .
5.) Würden Sie auch für Jean-Claude Juncker als neuen EU-Kommissionspräsident stimmen?
Ich habe gegen ihn gestimmt. Juncker steht für die Politikerkaste Europas, die uns in ihrer Blauäugigkeit und Gefühlsduselei diesen Scherbenhaufen hinterlassen hat. Gegen die ökonomischen Gesetzmäßigkeiten kann man nun mal nicht anregieren. Dazu die ständigen Rechtsbrüche, um das hoffnungslose Unterfangen Euro-Rettung immer weitertreiben zu können. Diese Herrschaften wollen nach wie vor mit dem Kopf durch die Wand. Das ist nicht das Europa von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, das mir vorschwebt.
6.) Wie stehen Sie, bzw. die AfD zu einer Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien nach dem Referendum am 18. September?
Ich finde den Weg, den Schottland und Großbritannien wählen, ausgezeichnet. Das ist gelebte Demokratie. Die Bürger Schottlands können in einer Volksabstimmung frei und ohne Druck entscheiden, ob sie ihren bisherigen Staatsverband verlassen wollen. Nur so kann man einen bestehenden Widerspruch zwischen territorialer Integrität und Selbstbestimmungsrecht der Völker auf friedliche Weise lösen. Ich wäre froh, wenn dies überall auf der Welt so gehandhabt würde. Auch dazu habe ich ausführlicher schon geschrieben:
http://www.freiewelt.net/echte-demokratie-das-schottische-referendum-als-vorbild-fuer-die-eu-10043123/
7.) Was ist Ihre Position bezüglich des Bürgerkriegs in Syrien? Soll Assad Ihrer Meinung nach bleiben?
Ich sehe dies als eine Entscheidung der Syrer an. Sicher kann man Assad nicht als Friedensengel bezeichnen, und es gibt gute Gründe, sich ein besseres Land zu wünschen. Aber die entscheidende Frage, die wir berücksichtigen müssen, lautet doch: Was kommt danach? Wird das Leben der Menschen sicherer und freier sein?
Wir sehen bereits die dramatischen Folgen der Destabilisierung: Bürgerkrieg, Flucht, schreckliche Verbrechen. Den Islamisten wurde das Tor weit aufgestoßen. Das Erstarken dieser fundamentalistischen Ideologen wird zur großen Gefahr. Für die Region, aber auch für uns in Europa.
Mit sehr freundlichen Grüßen bin ich Ihre
Beatrix von Storch