Frage an Barbara Ahrons von Claudia H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Barbara Ahrons,
was bedeutet der Wegfall der Gewährsträgerhaftung für die Sparkassen und Landesbanken? Welche Gesetzentwürfe zum Thema gibt es bereits?
Beste Grüße,
Claudia Herbst
Sehr geehrte Frau Herbst,
Sie stellen mir eine komplexe Frage, die ich trotzdem versuchen möchte an dieser Stelle zu beantworten:
In Deutschland existierte jahrzehntelang ein zweigliedriges Bankensystem:
Auf der einen Seite die privaten Kreditinstitute (Deutsche Bank, Dresdner Bank etc.) und auf der anderen Seite die öffentlichen Kreditinstitute (Sparkassen und Landesbanken).
Während die privaten Kreditinstitute seit jeher ausschließlich mit ihrem eigenen Kapital gehaftet haben, standen bei den öffentlichen Kreditinstituten jeweils Bund, Land oder Gemeinde als so genannte Gewährträger im Hintergrund, die quasi für das Geschäftsrisiko bürgten.
Bedingt durch diese zusätzliche Sicherheit konnten sich öffentliche Kreditinstitute günstiger auf dem Kapitalmarkt refinanzieren als die privaten Kreditinstitute.
Ausgelöst durch eine Wettbewerbsbeschwerde der Europäischen Bankenvereinigung gegen die staatlichen Haftungsinstitute Anstaltslast und Gewährträgerhaftung bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten hat die Kommission der Europäischen Union (EU-Kommission) im Mai 2001 die Anpassung der Haftungssituation an die Erfordernisse der Beihilferegelungen des EG-Vertrages verlangt.
Im Rahmen der Verhandlungen zwischen Vertretern von Bund, Ländern und Sparkassenorganisationen einerseits und der EU-Kommission andererseits wurde eine Übergangsregelung erzielt, nach der das System von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung in seiner gegenwärtigen Form bis zum 18. Juli 2005 erhalten bleiben kann.
Für Hamburg hat diese Vereinbarung zur Konsequenz gehabt, dass bei der Fusion der Landesbanken Hamburg und Schleswig-Holstein zur HSH-Nordbank eine Aktiengesellschaft gegründet wurde und die Gewährträgerhaftung für beide Institute erlosch. Einzelheiten zum Fusionsprozess können Sie der Drs. 17/2434 der Hamburgischen Bürgerschaft entnehmen.
Eine „Hamburgensie“ stellt die Hamburger Sparkasse dar, die eine besondere, bundesweit einmalige Rechtsform hat und vom Wegfall der Gewährträgerhaftung im Vergleich zu den anderen Sparkassen nicht betroffen war. Die Hamburger Sparkasse ist eine „juristische Person alten Hamburgischen Rechts“ und gehört „sich selbst“. Sie unterliegt zwar der Rechtsaufsicht der Stadt, die aber zu keinem Zeitpunkt die Gewährträgerhaftung übernahm.
In Zukunft unterliegen also sowohl die privaten als auch die öffentlichen Kreditinstitut den gleichen Wettbewerbsbedingungen. Für einige öffentliche Kreditinstitut mag dieser Umstellungsprozess schwierig gewesen sein. Hamburger Sparkasse und HSH-Nordbank AG sind aber hervorragend aufgestellt.
Ich hoffe, Ihre Fragen beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Barbara Ahrons MdHB