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Bärbel Bas
SPD
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Frage von Lara M. •

Wie stehen Sie zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz der Ampelkoalition und der damit verbundenen massiven Einschränkung von Frauenrechten?

Der Entwurf des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes der Ampelkoalition sieht für Frauen folgendes vor:

- kein Recht mehr auf Intimität und Schutzräume (Toiletten, Krankenhaus, Gefängnis, Frauenhäuser...)
- keinen fairen Wettbewerb im Sport mehr
- keine Parität in Politik und Wirtschaft (durch Besetzung von Quotenplätzen durch biologische Männer)

wenn sich jeder Mann ohne weitere Kontrolle per Sprechakt zur Frau erklären kann.

http://fairplayfuerfrauen.org/gesetzentwuerfe-fdp-und-gruene/

Wie stehen Sie dazu?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau M.,

vielen Dank für Ihre Frage. Die Ampel-Koalition hat sich vorgenommen, das Transsexuellengesetz abzuschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen. Ich begrüße diese geplante Gesetzesänderung ausdrücklich. Aus meiner Sicht ist sie notwendig und lange überfällig. Gerne möchte ich Ihnen meine Haltung  ausführlich erläutern.

Durch das Selbstbestimmungsgesetz soll künftig für eine rechtliche Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags im Personenstand die Selbstauskunft der Person beim Standesamt ausreichen. Damit wird das Recht auf Selbstbestimmung von Trans*Personen gestärkt. Bis heute müssen sich Trans*Personen, wenn sie eine Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags beantragen, von zwei Sachverständigen, üblicherweise Medizinerinnen und Medizinern oder Therapeutinnen und Therapeuten, begutachten und bescheinigen lassen, transgeschlechtlich zu sein. Damit wird Transgeschlechtlichkeit weiterhin in den Bereich der Krankheit oder psychischen Störung gerückt und so pathologisiert. In einem langwierigen Verfahren vor dem Amtsgericht wird dann auf Grundlage dieser beiden Gutachten entschieden, ob der Vorname und der Geschlechtseintrag geändert werden darf. Dieses Verfahren ist nicht nur langwierig und wird von den Betroffenen als entwürdigend und diskriminierend empfunden, sondern ist auch mit Kosten von durchschnittlich 2.000 Euro verbunden, die Betroffene in der Regel selbst tragen müssen. Daher gehört das Transsexuellengesetz abgeschafft.

Die Anerkennung der Geschlechtsidentität gehört zu den Grundrechten. Denn das Geschlecht und vor allem die geschlechtliche Identität sind ein entscheidender Teil der eigenen Persönlichkeit. Längst haben wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Medizin, der Biologie und den Sozialwissenschaften gezeigt, dass Geschlecht vielfältig ist und sich nicht ausschließlich über biologische Merkmale bestimmen lässt. Dieser Erkenntnis folgt auch das Bundesverfassungsgericht. Doch bislang werden nicht alle Personen in ihrer geschlechtlichen Identität respektiert. Auch bei uns in Deutschland werden Trans*Personen noch immer tagtäglich diskriminiert, beleidigt oder körperlich angegriffen - und das nur, weil sie sich nicht mit dem ihnen nach Geburt zugeschriebenen Geschlecht identifizieren. Dadurch stehen sie unter einem hohen Druck, ihre Geschlechtsidentität zu beweisen und zu erklären. Die Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes leistet damit auch einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag für die Anerkennung der geschlechtlichen Vielfalt und der Freiheit, diese zu leben.

Zudem halte ich es für besonders wichtig, das Bewusstsein für die Betroffenen in der Gesellschaft zu stärken. Denn selbst nach erfolgter Transition werden Trans*Personen oft weiterhin angezweifelt und gelten als „unecht“. Es freut mich daher sehr, dass die Bundesregierung es sich zum Ziel gesetzt hat, einen ressortübergreifenden Nationalen Aktionsplan für Akzeptanz und zum Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt ins Leben zu rufen und finanziell zu unterstützen. Mit diesen Mitteln sollen etwa die Länder bei der Aufklärung an Schulen und in der Jugendarbeit unterstützt und das Diversity Management in der Arbeitswelt gefördert werden.

Was Ihre Behauptung anbelangt, Frauen würden durch das Selbstbestimmungsgesetz ihre Schutzräume verlieren oder dadurch im Sport, in der Politik oder in der Wirtschaft benachteiligt werden, so möchte ich gerne Ihre Sorgen entkräften.

Ganz klar ist und bleibt es auch: Keine Frau, unabhängig davon, ob sie lesbisch, bisexuell, heterosexuell, trans*, inter* oder cis ist, sollte Gewalt erfahren oder befürchten müssen. Alle Formen von Gewalt gegen Frauen müssen konsequent verhindert und strafrechtlich verfolgt werden. Das Selbstbestimmungsgesetz hat aber keinerlei Auswirkung auf das Strafrecht. Das bedeutet: Alles, was vorher als Gewaltausübung strafbar war, wird strafbar bleiben. Ein geänderter Geschlechtseintrag schützt nicht vor Strafverfolgung. Wer sich übergriffig und gewalttätig verhält, egal wo, begeht eine Straftat, unabhängig davon, ob der Geschlechtseintrag weiblich, männlich, divers oder offen ist. Dass eine Person ihren Geschlechtseintrag ändert, nur um eine Toilette oder Umkleide zu betreten, halte ich nicht für realistisch.

Die jährlich veröffentlichten Statistiken des Bundeskriminalamtes belegen deutlich, dass cis Frauen, also Frauen deren Geschlechtsidentität mit ihrem im Geburtenregister eingetragenen Geschlecht übereinstimmt, vor allem Gewalt durch cis männliche (Ex-)Partner erfahren. Für Frauen, die Gewalt erfahren haben und zu Hause nicht mehr sicher sind, ist es umso wichtiger Schutz in Frauenhäusern zu finden. Über die Aufnahme und den Zugang zu den Frauenhäusern entscheiden aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schutzräume vor Ort. Auch cis Frauen erhalten nach Gewalterfahrung nicht automatisch Zugang zu Frauenhäusern. Pauschal wird oftmals unterstellt, dass die Gewalt, die von cis Männern ausgehen kann, gleichermaßen von Trans*Frauen ausgehen könnte und dadurch cis Frauen in Schutzräumen von Trans*Frauen bedroht sein könnten. Dafür gibt es aus Ländern mit Selbstbestimmungsgesetz keine Berichte, die dies belegen würden. Zudem wird dabei verkannt, dass Trans*Frauen ebenfalls ein hohes Risiko haben, Gewalt zu erfahren. Diese Unterstellung führt aber leider dazu, dass Unterstützungsstrukturen sich scheuen, sich für Trans* Frauen mit Gewalterfahrung zu öffnen und diese bis heute abweisen.

Was die Teilnahme an Sportveranstaltungen betrifft, so entscheiden darüber allein die Sportverbände. Die Politik kann durch das Selbstbestimmungsgesetz darauf keinen Einfluss ausüben. Die Behauptung, dass cis Männer sich im Sport, in der Politik oder in der Wirtschaft durch die Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags zu Lasten von cis Frauen bevorteilen könnten, halte ich in der Praxis für nicht realistisch. Solch ein Schritt wäre zu offensichtlich als das er erfolgreich sein könnte. Zumal Trans*Personen nach einem Coming-Out in vielen Lebensbereichen Nachteile entstehen. Insbesondere Trans*Frauen sind von massiver Diskriminierung am Arbeitsmarkt betroffen. Das belegen aktuelle Studien im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) oder des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Das spricht nicht dafür, so eine bedeutende und weitreichende Entscheidung wie eine Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags leichtfertig oder missbräuchlich getroffen wird. Zumal weder in der Politik noch in der Wirtschaft Posten ausschließlich nach dem Geschlechtseintrag einer Person vergeben werden.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de

Mit freundlichen Grüßen

Bärbel Bas

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