Frage zum Tierschutzgesetz
1. Sollten Langstrecken-Tiertransporte in Länder außerhalb der EU verboten werden?
2. Sollten Amputationen, die dazu dienen, Tiere an landwirtschaftliche Haltungssysteme anzupassen, verboten werden?
3. Sollten jegliche Formen der Anbindehaltung, darunter auch die saisonale Anbindehaltung von Rindern und die Anbindehaltung von Greifvögeln, verboten werden?
4. Sollten exotische Wildtiere wie Affen, Tiger und Reptilien als „Haustiere“ in Privathaltung verboten werden?
5. Sollte jede Form der Wildtierhaltung im Zirkus verboten werden, und dies ohne Ausnahmen?
6. Sollte der Verkauf von Welpen und anderen Tieren über Online-Plattformen verboten werden, da die Tierheime bereits voll sind?
7. Sollte die Qualzucht in der Landwirtschaft und im Heimtierbereich verboten werden?
Sehr geehrte Frau B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Zu Ihren umfangreichen Fragen habe ich mich bei meinen zuständigen Fachkolleginnen und -kollegen erkundigt und beantworte diese gern. Sollten dennoch Fragen bleiben, empfehle ich Ihnen, direkt auf diese zuzugehen, etwa auf Matthias Miersch, den für die Themen Umwelt, Klimaschutz, Energie, Landwirtschaft, Verbraucherschutz zuständigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden oder Susanne Mittag, die Sprecherin der Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft. Eine passende Ansprechpartnerin ist zudem auch die Tierschutzbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Anke Hennig.
Wir alle tragen Verantwortung für Tiere. Diesem Anspruch wollen wir gerecht werden. Auch unsere Verfassung nimmt uns in die Pflicht: Der Tierschutz ist im Grundgesetz als Staatsziel verankert. Die Koalitionsparteien der Ampelregierung haben daher konkrete Maßnahmen vereinbart, um den Tierschutz zu verbessern und Tiere in Deutschland besser zu schützen. Wir setzen diese Punkte jetzt um.
Was die Tiertransporte betrifft, setzen wir uns als SPD-Bundestagsfraktion intensiv dafür ein, diese Praxis zu beenden. Es gibt jedoch erhebliche rechtliche und politische Herausforderungen, um diese Transporte zu unterbinden. Unser Ziel ist es, bei den anstehenden parlamentarischen Verhandlungen zur umfangreichen Änderung des Tierschutzgesetzes ein Verbot dieser Transporte rechtssicher zu verankern.
Mit den geplanten Neuregelungen im Tierschutzgesetz will das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Tiere zudem konsequent vor Schmerzen, Leiden und Schäden schützen. Für Tiere in der Landwirtschaft bedeuten die vorgesehenen Änderungen insbesondere, dass bestimmte Eingriffe, die Schmerzen, Leiden oder Schäden nach sich ziehen, gar nicht mehr, nur noch mit entsprechender Betäubung oder nur in Einzelfällen sowie unter bestimmten Voraussetzungen, etwa beim Schwänzekupieren bei Schweinen, vorgenommen werden dürfen. Dazu werden die Vorschriften im Tierschutzgesetz, die die Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot des Schwänzekupierens beim Schwein umsetzen und den Vollzug regeln, angepasst und konkretisiert. Zudem stehen den kontrollierenden Behörden künftig zusätzliche Instrumente zum Vollzug des Tierschutzrechts zur Verfügung. Auch das wird den Tierschutz weiter stärken. Die verpflichtende Videoüberwachung in Schlachthöfen soll den Behörden zudem dabei helfen, systemische Mängel im Schlachtprozess, z.B. mangelhafte Betäubungsgeräte, zu finden.
Amputationen sind letztlich eine Auswirkung der Haltungsform. Demzufolge ist die Haltung bisher zu wenig am Tier orientiert – die Tiere werden vielmehr an die Haltung angepasst, etwa durch das Kupieren. Daher soll die Änderung des Tierschutzgesetzes auch bei der Frage der Tierhaltung zu Verbesserungen führen. Zudem laufen bereits Förderprogramme zum Stallneu-/ bzw. -umbau (mehr dazu finden Sie unter: https://www.ble.de/DE/Projektfoerderung/Foerderungen-Auftraege/Bundesprogramm_Umbau_Tierhaltung/BUT_node.html) und für laufende Mehrkosten (s. https://www.ble.de/DE/Projektfoerderung/Foerderungen-Auftraege/Bundesprogramm_Umbau_Tierhaltung/Foerderung_Mehrkosten/Mehrkosten_node.html#:~:text=F%C3%BCr%20einen%20Antrag%20auf%20F%C3%B6rderung,an%20einem%20anerkannten%20Kontrollsystem%20teilnehmen. Damit wollen wir zusätzlich zu den gesetzlichen Anpassungen auch Anreize schaffen, auf Haltungsformen umzustellen, die nachweislich zu weniger Schwanzbeißen führen.
Die Anbindehaltung von Tieren – ob Esel, Ziege, Rind, etc. – soll durch die geplante Gesetzesänderung grundsätzlich verboten werden. Ausnahmen soll es einzig für Bergbäuerinnen und -bauern und deren Almen aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für die wertvollen und artenreichen Kulturlandschaften mit ihren Wiesen und Weiden geben. Für die Anbindehaltung von Rindern soll daher gelten, dass die ganzjährige Anbindehaltung in zehn Jahren verboten wird und die „Kombihaltung“, in der die Tiere viel Zeit auf der Weide verbringen, unter weiterentwickelten Voraussetzungen für in landwirtschaftlichen Betrieben mit höchstens 50 über sechs Monate alten Rindern erlaubt bleibt. Dadurch haben auch kleine Höfe, die Rinder zurzeit ganzjährig angebunden halten, die Möglichkeit, innerhalb von zehn Jahren umzubauen oder auf eine weiterentwickelte „Kombihaltung“ umzustellen.
Was Wildtiere betrifft: Tiere müssen artgerecht gehalten werden. In reisenden Zirkussen können nicht alle Tiere art- und verhaltensgerecht gehalten werden – insbesondere aufgrund der Haltung und Zurschaustellung an wechselnden Orten sowie aufgrund der regelmäßigen und häufigen Transporte. Das betrifft Giraffen, Elefanten, Nashörner, Flusspferde, Affen, Großbären, Großkatzen sowie Robben.Bei diesen Tierarten will das BMEL das Halten und/oder Zurschaustellen an wechselnden Orten daher grundsätzlich beenden. Tiere der genannten Tierarten sollen künftig nur noch in Ausnahmefällen gehalten werden dürfen. Denn das Risiko ist hoch, dass diese Tiere erhebliche Schmerzen, Leiden und/oder Schäden erleiden. Im Einzelfall können die für den Vollzug des Tierschutzrechts zuständigen Behörden über den weiteren Verbleib eines Tieres der genannten Arten entscheiden.
Mit den geplanten Änderungen des Tierschutzgesetzes soll zudem auch der illegale Handel mit Welpen und anderen Tieren auf Onlineplattformen bekämpft werden.
Das BMEL will im Rahmen der Novelle des Tierschutzgesetzes außerdem die seit langem bestehenden Regeln zur Qualzucht, die bereits 1986 eingeführt und 2013 konkretisiert wurden, um eine nicht abschließende Liste mit möglichen Symptomen der Qualzucht ergänzen. Die Symptomliste soll insbesondere Züchterinnen und Züchtern helfen, zu erkennen, ob eine geplante Zucht gegen das Qualzuchtverbot verstößt. Das Ziel: Keine Zucht mit Tieren mit erblich bedingten Merkmalen, die zu Schmerzen und Leiden führen. Damit stärkt das BMEL zudem den Vollzug des Qualzuchtverbots durch die Bundesländer. Außerdem soll die Nachfrage nach Tieren mit Qualzuchtmerkmalen durch ein Ausstellungs- und Werbeverbot sinken.
Die Novelle des Tierschutzgesetzes soll Ende September erstmals im Bundestag beraten werden. Erst dann beginnt der parlamentarische Gesetzgebungsprozess. Als SPD-Bundestagsfraktion ist uns der Tierschutz sehr wichtig. Wir werden uns in den anstehenden Gesetzesverhandlungen mit unseren Partnern für weitere Verbesserungen, die uns und Ihnen wichtig sind, einsetzen. Sie können sicher sein, dass meine zuständigen Fachkolleginnen und -kollegen hierbei die von Ihnen genannten Punkte der Kampagne von PETA ernst nehmen und hierzu auch in Gesprächen mit Tierschutzverbänden und -organisationen sind.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de. Ein passender erster Ansprechpartner für Ihre Anliegen ist auch stets Ihre Bundestagsabgeordnete bzw. Ihr Bundestagsabgeordneter vor Ort. Diese bzw. diesen finden Sie über https://www.bundestag.de/abgeordnete/wahlkreise.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas