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Bärbel Bas
SPD
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Frage von Maike F. •

Der Gesamt-Fragenkatalog Einbürgerung enthält KEINE EINZIGE FRAGE zu „Gleichberechtigung“, „Neutralitätsverpflichtung bzgl. religiöser Differenzen in Herkunftsgebieten“, „Homosexualität“. Warum???

Gerade angesichts der Tatsache, dass anders Gläubige in vielen Herkunftsländern verfolgt oder sogar hingerichtet werden, dass weibliche Emanzipationsbestrebungen wie auch die sexuelle Orientierung oft sogar mit Gefängnis bestraft wird, bin ich entsetzt über die Schwerpunktsetzung dieses Fragenkatalogs.
Sie ist in keiner Weise geeignet dafür zu sorgen, dass jemand der deutsch werden will, auch verstanden hat, was diese Gesellschaft von ihm erwartet bzw. welche möglicherweise entscheidenen Unterschiede im Vergleich zum Herkunftsland er hierzulande beachten muss, wenn er dazu gehören, wählen und leben will.
Sie ist ebenso nicht geeignet, ausländische Schutzsuchende gerade vor der Diskriminierung/Verfolgung zu schützen, von der sie im Herkunftsland bedroht waren.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau F.,

 

vielen Dank für Ihre Frage.

Zunächst beinhaltet der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit mehrere Voraussetzungen. Bisher gehören dazu in der Regel acht Jahre Aufenthaltszeit, ein Sprachtest, das Bekenntnis zu unseren demokratischen Grundwerten und ein ausreichendes Einkommen. Im Jahr 2022 gab es ca. 168.500 Einbürgerungsanträge, d.h. nur 3,1 Prozent der ausländischen Bevölkerung in Deutschland, die seit mindestens zehn Jahren hier lebt, wollten die Einbürgerung nach diesem Zeitraum. Derzeit arbeiten wir daran, das entsprechende Staatsangehörigkeitsgesetz zu modernisieren.

 

Was Ihre Frage zum Fragebogen betrifft: Wie Sie schon richtigerweise geschrieben haben, wird mit Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit die volle gleichberechtigte Teilhabe am politischen Leben ermöglicht, dazu gehört auch das aktive und passive Wahlrecht. Daher ist es wichtig, über das deutsche demokratische System Bescheid zu wissen. Der Einbürgerungstest fragt das Wissen darüber ab, wie unser Rechtssystem aufgebaut ist, welche Lebensverhältnisse hier gegeben sind und wie unsere Gesellschaft funktioniert. Dafür müssen die Bewerberinnen und Bewerber auch ein Gespür für Recht und Gerechtigkeit in Deutschland haben.

 

Sie haben in der Hinsicht Recht, dass im Fragebogen keine Einzelfragen zur persönlichen Meinung der Bewerberinnen und Bewerber hinsichtlich der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, der Neutralitätsverpflichtung bzgl. religiöser Differenzen in Herkunftsgebieten oder Homosexualität gestellt werden. Der Test prüft aber die Kenntnisse darüber, dass wir in unserem Staat Gleichberechtigung anstreben, die Religionsfreiheit im Grundgesetz verankert ist und Homosexualität ausgelebt werden kann. Viele Fragen zielen konkret auf das Grundgesetz ab und die Werte und Freiheiten, die daraus abzuleiten sind, z.B. zur Menschenwürde, zur Glaubens-, Meinungs-, Versammlungsfreiheit und zum Wahlrecht. Der Fragenkatalog enthält auch Fragen zu unserem Rechtsstaat. Bewerberinnen und Bewerber müssen also auch wissen, dass unsere Rechte und Gesetze für sie wie für jeden anderen Menschen in Deutschland gelten. Daher sehe ich die Fragen durchaus als geeignet an, mögliche Unterschiede zwischen Deutschland und dem jeweiligen Herkunftsland zu erkennen.

 

Ich nehme Ihre Worte ernst, wenn Sie sich Gedanken um diejenigen machen, die in ihrem Herkunftsland verfolgt und diskriminiert wurden und gegebenenfalls auch in Deutschland Diskriminierung bzw. Verfolgung erfahren könnten. Um dem entgegenzutreten, müssen die Bewerberinnen und Bewerber auch eine Erklärung darüber abgeben, dass sie die freiheitliche demokratische Grundordnung anerkennen. Was die freiheitliche demokratische Grundordnung umfasst, haben wir in unserem aktuellen Gesetzesentwurf konkretisiert. Im modernisierten Gesetz soll stehen, dass antisemitisch, rassistisch oder gegen das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung gerichtete oder sonstige menschenverachtende Handlungen mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland unvereinbar sind. Dies müssen Bewerberinnen und Bewerber anerkennen.

 

Mit unserem Gesetzesentwurf, der kommende Woche erstmals im Bundestag beraten werden soll, sollen die Staatsangehörigkeitsbehörden darüber informiert werden, wenn Bewerberinnen und Bewerber strafrechtlich verurteilt wurden und die Taten im Zusammenhang mit antisemitischen, rassistischen oder sonstigen menschenverachtenden Beweggründen stehen. Auch ein Verhalten, welches die Missachtung der Gleichberechtigung ausdrückt, soll die Einbürgerung ausschließen. Aber auch bereits jetzt haben Personen bei einer Verurteilung wegen einer Straftat keinen Anspruch auf eine Einbürgerung.

 

Daher gebe ich Ihnen zwar Recht, dass der Einbürgerungstest allein nicht vollständig dazu geeignet ist, ausländische Schutzsuchende vor einer eventuellen Diskriminierung oder Verfolgung hier in Deutschland zu schützen. Aber das Einbürgerungsverfahren an sich verfolgt auch das Ziel, nur diejenigen einzubürgern, die sich zu unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen. Grundsätzlich schützt unser bestehender Rechtsstaat alle Menschen vor Diskriminierung oder Verfolgung in unserem Land durch unsere Gesetze und durch unsere Behörden. Ich möchte zudem betonen, dass Diskriminierung auch von deutschen Staatsbürgerinnen und -bürgern ausgehen kann und nicht einer Gruppe von Menschen vorbehalten ist.

 

Bei weiteren Fragen zum Staatsangehörigkeitsgesetz ist der passende Ansprechpartner aus der SPD-Bundestagsfraktion mein Kollege Hakan Demir, bei Fragen zur Integration ist meine Kollegin Gülistan Yüksel die richtige Ansprechpartnerin. Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Bärbel Bas

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