Inwieweit können Sie auf die Länder einwirken zu entkriminalisieren, da nun klar ist, dass dies bis zur Legalisierung auf Bundesebene nicht geschehen wird?
Sehr geehrter Herr Gürpinar,
vielen Dank für Ihren Gesetzesentwurf zur unmittelbaren Entkriminalisierung auf Bundesebene. Leider hat die Ampel eine andere Meinung.
Der Legalisierungsprozess ist in vollem Gange, es leuchtet einfach nicht mehr ein, warum der kleine Cannabiskonsument weiterhin kriminalisiert wird.
Welche Möglichkeiten nehmen Sie und Ihre Partei wahr den Justizministern der Ländern diese Aufgabe zu übertragen, in dem z.B. die Obergrenzen für den Besitz angehoben werden, um eine Strafverfolgung weitestgehend zu vermeiden?
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit im Bundestag. Sie haben natürlich vollkommen Recht: Die anhaltende Kriminalisierung für eine Substanz, die bald legal erhältlich sein soll, ist eine Absurdität, genauso wie die Weigerung der Ampel-Parteien, eine schnelle Entkriminalisierung mitzutragen. Umso müssen wir den Druck weiter aufbauen und den Gesetzgebungsprozess der Legalisierung konstruktiv und kritisch begleiten – so ist es aus meiner Sicht sehr wichtig, der Kommerzialisierung der Cannabis-Abgabe Grenzen zu setzen, damit der neu entstehende Markt nicht zur Goldgrube für Unternehmen wird, die Profite über aufgeklärten Konsum und gesundheitspolitische Erwägungen stellen. Dafür braucht es gute parlamentarische Arbeit und insbesondere den Druck aus der Community auf die Regierung.
Die von Ihnen angesprochenen länderspezifischen „geringen Mengen“ Cannabis, deren Besitz in der Regel nicht strafverfolgt wird, wären ein Ansatz, eine Entkriminalisierung noch vor der Legalisierung faktisch zu erreichen. Unser Gesetzentwurf im Bundestag hatte darauf gezielt, diese „geringen Mengen“ hinfällig zu machen, indem eine bundesweit einheitliche Menge definiert würde, deren Besitz nicht strafverfolgt werden kann. Aller Voraussicht nach werden die anderen Fraktionen gegen diesen Gesetzentwurf stimmen.
Leider sehe ich aber auch bei der Erhöhung der „geringen Mengen“ in den Ländern gegenwärtig keine große Chance auf substanzielle Verbesserungen für die Konsument:innen, wenn wir nicht gemeinsam Druck aufbauen: Denn in den drei Bundesländern, in denen wir seit längerem mitregieren - Bremen, Berlin und Thüringen - liegen wir bereits über dem Bundesdurchschnitt, was die geringen Mengen angeht. In 12 Ländern regieren Ampel-Parteien und/oder die CDU – Erstere werden sich nicht von sich aus gegen die Position ihrer Parteikolleg:innen auf Bundesebene stellen, letztere lehnen eine Entkriminalisierung und Legalisierung ohnehin ab. Wir können also nur mit Druck erreichen, dass sich was ändert. Ich hoffe auf Ihre Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen,
Ates Gürpinar