Frage an Annette von Pogrell von Ingo T. bezüglich Gesundheit
Guten Tag,
die Versorgung pflegebedürftiger Menschen in Krankenhäusern, Pflegeheimen und zu Hause ist momentan geprägt durch Personalkürzungen, Missmanagement durch berufsfremdes (und eigenes) Personal und z.T. durch unzureichender
gesetzlicher Regelungen.
Aus Studien wissen wir, dass der durchschnittliche Patientenkontakt für Gespräche auf unter 5 Min./Tag gesunken ist, Tendenz fallend. Die Ansprüche an das Pflegepersonal steigt im Bezug auf Wissen und Arbeitsdichte. Trotzdem reagieren Klinikbetreiber in Niedersachsen stets mit Personalabbau und Lohnkürzung (aktuell -3%). Damit hat das Pflegepersonal der Region in 2008 5,2% weniger Gehalt in den Taschen als
2007, bei steigender Arbeitsdichte. Die Auswirkungen von Burn Out auf Personalseite und ständiger Rückeinweisungen (Drehtüreffekt) bei Patienten sind nicht von der Hand zu weisen.
Kein Verband und keine Gewerkschaft kann hier eingreifen. Es gibt keine Institution, die zur Zeit für die Qualität der Pflege im Sinne von Ausbildung und Auswirkung, überwacht und regelt. Was fehlt ist eine Institution, die die Qualität der Pflegeausbildung und die Qualität der geleisteten Pflege überwacht und bei Missmanagement regulierend eingreifen kann, damit die Versorgung der Bevölkerung gesichert und garantiert ist, genauso wie die Gesundheit der Pflegenden Personen, ob professionelle oder Laienpflege. Zusätzlich ist gerade in der Stadt Celle und dem Landkreis die Versorgung von pflegebedürftigen psychisch Kranken unzureichend geregelt, da es kaum eine psychiatrische Versorgung in Celle gibt, die diesem Klientel ein Verbleib in der Häuslichen Umgebung gestattet.
Wie wollen Sie die Pflegebedürftigen vor unzureichender und unprofessioneller Pflege zu schützen?
Wäre für die SPD eine Pflegekammer in Niedersachsen denkbar?
Was für Modelle hat die SPD in Celle im Sinn für eine ausreichende ambulante psychiatrische Versorgung?
Sehr geehrter Herr Tschinke,
vielen Dank für ihre mail vom 31.12.07.
Die Mißstände, die Sie beschreiben, sind bedenklich und leider seit einiger Zeit gut bekannt. Aus dem aktuellen Bundespflegebericht ergibt sich, dass Niedersachsen bundesweit Schlußlicht in der Altenpflege ist. Die SPD in Niedersachsen sowie auf Bundesebene hat daher die Verbesserung der Pflege zu einem Schwerpunktbereich ihrer Arbeit gemacht. Auf Bundesebene hat sie daher federführend an Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der sozialen Pflegeversicherung mitgearbeitet. Das Gesetz sieht u.a. die Einführung sogenannter Pflegestützpunkte vor, wo für Pflegebedürftige und Angehörige Beratung, Unterstützung und Begleitung koordiniert und angeboten werden. Weitere Anliegen des Gesetz sind die Verbesserung der Pflegequalität und die Erhöhung der Tarnsparenz im Pflegebereich. Hierzu sind unter anderem die Entwicklung von Qualitätsstandards für die stationäre und ambulante Pflege, der Ausbau der Qualitätsprüfungen durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen und die Veröffentlichung der Prüfergebnisse in verständlicher und leicht zugänglicher Form vorgesehen. Außerdem soll es möglich werden, innerhalb einer Wohngemeinschaft oder mit anderen Pflegebedürftigen in der Nachbarschaft zu "poolen" ( so das z.B. die Anfahrt nur einmal anfällt ).
Dabei wird Zeit gewonnen, die den Pflegebedürftigen zusätzlich zu Gute kommen soll.
Auf Landesebene werden wir zur Sicherung qualifiezierten Pflegepersonals und zur Vermeidung eines Pflegenotstandes die Umlagefinanzierung in der Altenpflege wieder einführen. Dadurch stehen wieder mehr Gelder für die Ausbildung zur Verfügung. Ziel ist außerdem, die professionelle Hilfe besser zu vergüten und die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften attraktiver zu gestalten. Wir werden außerdem darauf hinwirken, dass bei der Ausbildung von medizinischem und pflegerischem Fachpersonal die Kenntnis über Demenzerkrankungen eine größeren Raum einnimmt und Forschung zum Thema Demenz an niedersächsischen Hochschulen intensiviert wird.
Der Denkprozess, wie sich unter den Herausforderungen des demografischen Wandels Pflege verbessern lässt, ist offen. Dadurch, dass in den nächsten Jahrzehnten weniger Menschen für mehr Bedürftige sorgen müssen, sind wir verpflichtet neue Modelle zu entwickeln und neue Antworten zu finden. Weiter so wie bisher, kann nicht die Lösung sein. Vielleicht wäre auch eine Pflegekammer in Niedersachsen vorstellbar, das ist eine Frage, die sicher die Fachleute in der Fraktion besser beantworten können.
Zu Plänen für die ambulante psychatrische Versorgung im Landkreis Celle kann ich keine Auskünfte geben, nehme das aber gerne zum Anlass mich darüber zu informieren.
Grundsätzlich lässt sich aber für den Landkreis Celle folgendes sagen: der Ausverkauf der öffentlichen Hand im Hinblick auf die Pflegeheime ist besorgniserregend. Die Übertragung der städtischen Heime von Celle auf eine private Gesellschaft hat prompt zu einem Schiffbruch geführt. Wie sich die Situation weiter entwickelt bleibt abzuwarten. Wo Gewinnerzielung im Vordergrund steht, bleiben leider allzu oft Pflegequalität und das Auskommen des Pflegepersonals auf der Strecke. Der Landkreis betreibt in Winsen ein eigenes Altenheim, das zeigt, wie gut Heime in öffentlicher Trägerschaft funktionieren können. Auch hier gibt es die Notwendigkeit sparsam zu wirtschaften, aber die ganz geringe Fluktation des Personals, die hohe Leistungsbereitschaft und die Zufriedenheit der Bewohner zeigen, das auf diese Weise alle profitieren.
Wenn Sie sich noch genauer über die Ziele der SPD informieren möchten, ist das unter www.spd-niedersachsen.de möglich.
Ihnen wünsche ich ein frohes Neues Jahr,
Annette von Pogrell