Frage an Anna Rasputina von Manuel F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Rasputina,
zunächst größten Dank, dass Sie sie sich bei dieser Aktion so vielen Fragen stellen.
Da ich erstmals bei einer Bundestagswahl noch unentschlossen bin, wen ich wählen werde, möchte ich gerne den meisten Kandidaten 6 einfache Fragen stellen. Auf verschiedenen Ebenen sehe ich unsere gesellschaftliche Entwicklung nämlich momentan gefährdet. Ich fürchte, dass meine Wahlentscheidung durch ein strategisches Vorgehen zur Vermeidung des schlimmsten Übels abgenommen wird und folglich im Erhalt der etablierten Strukturen endet.
1) Wie stehen Sie zu Verteuerung von fossilen Brennstoffen als Anreiz eines beschleunigten Umstiegst auf alternative Energieträger; insbesondere vor dem Hintergrund der begrenzten Zugänglichkeit zu diesen neuen Technologien für wirtschaftlich schwächer aufgestellte Bürger und Unternehmen?
2) Wie stehen sie zur Teilung bei der Krankenversicherung in öffentlich und privat und bei der Altersvorsorge in noch diversere Konstrukte? Was möchten Sie hier tun?
3) Wieviel sollte 1 kg Schweinehack kosten? Was sagen Sie zur derzeitigen Praxis der Fleischproduktion in Deutschland?
4) Was halten Sie vom Rundfunkbeitrag? Finden Sie dessen Höhe angemessen?
5) Wie glauben Sie, die zunehmende Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus zu lösen.
6) Sind wir in unseren internationalen Beziehungen richtig positioniert? Wo sollten wir stärker Position beziehen, wem sollten wir uns stärker annähern?
Vielen Dank für Ihre Antworten und beste Grüße,
Manuel Fischer
Sehr geehrter Herr Fischer,
zunächst vielen lieben Dank für ihre Fragen.
Ich werde mein Möglichstes tun, diese in der gestellten Reihenfolge zu
beantworten. Sollten Sie zu einem oder mehreren Punkten Nachfragen haben,
gerade da viele der Themen sehr grundsätzlich und tiefgehend sind, lade ich
Sie gerne ein, mir diese über die sozialen Medien oder über die
Kontaktinformationen auf der Homepage unseres Freiburger Volt-City-Teams zu
stellen. 1) Wie stehen Sie zu Verteuerung von fossilen Brennstoffen als
Anreiz eines beschleunigten Umstieg auf alternative Energieträger;
insbesondere vor dem Hintergrund der begrenzten Zugänglichkeit zu diesen
neuen Technologien für wirtschaftlich schwächer aufgestellte Bürger und
Unternehmen?
Wir werden eine höhere CO2-Bepreisung benötigen, um den Wandel auf
alternative Energieträger zu finanzieren und zu beschleunigen. Dies
unterstützen wir europaweit ,um das Einhalten der Pariser
Klimarahmenkonventionen zu ermöglichen.
Mit den durch die CO2-Bepreisung (in Form limitierender Zertifikate)
eingenommenen Geldern kann die Transformation begleitet werden:
Beispielsweise Unterstützung der Erforschung neuer Technologien und
Subventionen um diese auch wirtschaftlich schwächer aufgestellten
Bürger*innen und Unternehmen zugänglich zu machen.
Für Bereiche, die nach wie vor auf fossile Kraftstoffe angewiesen sind
(z.B. die vielen auch 2030 noch genutzten PKW) - bei denen also keine volle
Elektrifizierung möglich ist - möchten wir den Einsatz sogenannter eFuels
prüfen und fördern. Dies sind mittels Strom gewonnene, synthetische
Kraftstoffe, die den Weiterbetrieb von Verbrennern möglichst CO2-schonend
ermöglichen.
Durch die Kombination aus Subventionen und eFuels möchten wir diesen
notwendigen Wandel so sozialverträglich wie möglich machen.
2) Wie stehen sie zur Teilung bei der Krankenversicherung in öffentlich und
privat und bei der Altersvorsorge in noch diverse Konstrukte? Was möchten
Sie hier tun?
Wir streben eine europaweite Gesundheitspolitik an, bei der jede*r
EU-Bürger*in Zugang zu derselben Gesundheitsversorgung erhält, um
langfristig gleiche Lebensstandards in allen EU-Staaten zu schaffen und die
Medikamentenversorgung sicherzustellen.
Die Versorgung soll weiterhin hausarztzentriert sein, d.h. Mit dem/der
eigenen Hausarzt/Hausärztin als Erstbehandelnden und durch eine lückenlose
Versorgung von Vor-Ort-Apotheken und Fachärzt*innen ergänzt werden.
Altersvorsorge und zugehöriger Vermögensaufbau soll langfristig gefördert
und vereinfacht werden: Indem wir Bürger*innen bereits möglichst frühzeitig
(z.B. in der weiterführenden Schule) notwendige Kenntnisse weitergeben und
Möglichkeiten eröffnen. Die drei tragenden Säulen des aktuellen
Rentensystems, die öffentlichen Pflichtsysteme, die private Vorsorge sowie
die betriebliche Vorsorge tragen jeweils eigene Probleme mit sich. Hier
sind aus unserer Sicht folgende Stellhebel zu betrachten:
-
Das öffentliche Pflichtsystem muss durch den demografischen Wandel eine
immer größere Last tragen, wodurch Rentenbeiträge kontinuierlich sinken
(werden). Wir müssen evaluieren, ob und inwieweit diese Säule hinsichtlich
der absehbaren Probleme umgebaut werden kann. Ein Blick auf andere
europäische Länder, welche ihr Rentensystem auf dem Aktienmarkt aufbauen,
wäre ein mögliches Beispiel für ein Best-Practice und könnte gleichzeitig
die Notwendigkeit von privater Vorsorge für derzeitige Beitragszahler*innen
verringern.
-
Die private Vorsorge muss dadurch gestärkt werden, dass
Vertragskonditionen gleichermaßen den Verbraucher schützen, aber dem
Versicherer auch Möglichkeiten bieten, attraktive Konditionen anzubieten
und selbst Geld zu erwirtschaften. Fondsgebundenes Riestern wird
beispielsweise derzeit kaum noch angeboten, da es für Anbieter aufgrund der
gesetzlichen Lage kaum attraktiv ist.
-
Betriebsrenten unterliegen zwei Problemen: Sie sind durch die doppelten
Krankenversicherungsbeiträge verhältnismäßig unattraktiv geworden.
Gleichermaßen tendiert unser Arbeitsmarkt dazu, dass Arbeitnehmer*innen
häufiger den Arbeitgeber wechseln, als noch vor wenigen Jahren. Die
Betriebsrenten sind aus unserer Sicht daher die Säule mit der geringsten,
zukünftigen Bedeutung.
3) Wieviel sollte 1 kg Schweinehack kosten? Was sagen Sie zur derzeitigen
Praxis der Fleischproduktion in Deutschland?
Der Fleischkonsum sollte grundsätzlich überdacht, bzw reduziert werden. Ein
Ziel der POlitik sollte es sein, dass im Mittel das Maß eines durch die
Wissenschaft empfohlenen wöchentlichen Verzehrs von aktuell 500 Gramm nicht
überschritten wird. Dafür möchten wir in Schulküchen, Kantinen und Co.
bewusst auf gesunde, ausgewogene Ernährung setzen und den Fleischkonsum
dort reduzieren.
Landwirtschaft muss ökologisch ausgerichtet sein, d.h. Dass besonders
futterintensive Tierhaltung mehr in den Fokus gerückt werden sollte - hin
zu weniger Tieren, weniger Futtermittelimporten und gleichzeitig qualitativ
höherem Biofleisch.
Auch der ökologische Fußabdruck der Herstellung, Verarbeitung und Transport
von Fleischprodukten muss monetär oder biologisch kompensiert werden.
Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, Fleisch aus Bioherstellung zu
subventionieren beziehungsweise die Billigproduktion möglichst
unwirtschaftlich zu machen.
4) Was halten Sie vom Rundfunkbeitrag? Finden Sie dessen Höhe angemessen?
Wir bei Volt halten eine unabhängige Berichterstattung für sehr wertvoll -
dies ist nur möglich, wenn die zugehörigen Medien auf einer strukturierten
Finanzierung aufbauen. Die Höhe des Beitrags muss jedoch erneut evaluiert
werden, nicht nur hinsichtlich der vom Rundfunk angebotenen Inhalte (und
deren Bedeutung für den gesetzlichen Informationsauftrag), sondern vielmehr
ob es nicht bessere, innovative Finanzierungskonzepte gibt.
5) Wie glauben Sie, die zunehmende Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und
Antisemitismus zu lösen.
Ein Lösungsansatz ist die Bekämpfung von strukturellem Rassismus, d.h. Dass
wir beispielsweise den Begriff “Rasse” aus allen Gesetzestexten streichen
möchten und uns insbesondere auch im Bildungsbereich stärker mit der
Kolonialgeschichte auseinandersetzen und diese aufarbeiten möchten.
Institutionell müssen wir eine rassismus- und diskriminierungsfreie Haltung
in allen Sicherheitsbehörden vorantreiben und deren Einhaltung aktiv
überwachen. Polizei, Justiz und soziale Arbeit sollen eng miteinander
kooperieren. Beides dient u.a. Dazu, Racial Profiling vorzubeugen. Ergänzt
werden sollten diese Maßnahmen durch weitere unterstützende Vorhaben, wie
Personalrotation, geregelte Beschwerdestellen, den verstärkten Austausch
zwischen Polizei und migrantischen Communities und den Einsatz von Bodycams
bei der Polizeiarbeit, um Einsatzsituationen zu deeskalieren oder im
Nachhinein zu untersuchen.
Alle Arten von Antisemitismus sind zu bekämpfen, dafür orientieren wir uns
an der “Working Definition of Antisemitism”. Wir fordern eine bessere
Aufarbeitung und Bekämpfung aller Vorfälle und möchten in der schulischen
Bildung und in der Stärkung jüdischen Lebens in der Gesellschaft mehr Bezug
herstellen.
6) Sind wir in unseren internationalen Beziehungen richtig positioniert? Wo
sollten wir stärker Position beziehen, wem sollten wir uns stärker annähern?
Gegenüber anderen staatlichen Akteuren wie den USA, China oder Russland
müssen wir uns dahingehend abgrenzen, dass neben wirtschaftlichen und
politischen Interessen auch Menschenrechte gewährleistet sind. Dies
bedeutet nicht, dass wir uns aus Entwicklungsprojekten raushalten möchten,
an denen beispielsweise China beteiligt ist. Es bedeutet jedoch, dass wir
in diesen Entwicklungsprojekten einen stärkeren Fokus auf unsere
europäischen Werte legen müssen.
China selbst soll notfalls auch mit wirtschaftlichen Druck durch die EU
dazu gedrängt werden, innerstaatliche Reformen aufzunehmen und
internationale Menschenrechtsabkommen zu ratifizieren und zu wahren.
Annähern möchten wir uns in besonderem Maße den anderen europäischen
Staaten. Bei Volt fordern wir aktiv die Reformierung der Europäischen
Union, um beispielsweise gemeinsame Vorteile im Bereich Forschung zu
generieren (die USA und China sind hier deutlich besser aufgestellt als die
EU). Auch fordern wir eine europäische Armee, welche durch standardisierte
Ausrüstung und Verfahren deutlich effizienter und qualitativer agieren
kann. Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
Anna Rasputina