Frage an Anna Cavazzini von Jens W. bezüglich Humanitäre Hilfe
Sehr geehrte Frau Cavazzini,
ich nehme mit Entsetzen zur Kenntnis, dass an der türkisch-griechischen Grenze Kinder, Frauen und Männer mit Waffengewalt daran gehindert werden, die EU zu betreten und unter katastrophalen Verhältnissen und ohne Zukunftsperspektive im frühen März auf offenem Feld und unter freiem Himmel bleiben müssen. Ich wende mich daher an Sie als meine gewählte Abgeordnete mit der Frage, wie Sie die Situation einschätzen und ob und wie Sie sich dafür einsetzen, dass diese unchristliche und inhumane Vorgehensweise der EU sofort beendet wird und dass die Menschen vor Ort die notwendige Versorgung erhalten sowie die Möglichkeit, ihr Recht auf Asyl wahrzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen,
Jens Wehrmann
Sehr geehrter Herr W.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Wie auch Sie sind wir als Grüne über die Zustände an der Griechisch-Türkischen Grenze mehr als besorgt. Wir setzen alles daran, dass Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit an Europas Außengrenzen wieder geschützt werden. Es ist beschämend, wenn Flüchtlinge an den europäischen Grenzen mit Tränengas und Schlagstöcken weggeprügelt werden. Die europäische Antwort auf Erdogans unsägliche Instrumentalisierung von Flüchtlingen darf nicht Gewalt gegen Flüchtlinge sein, sondern sie muss rechtstaatlichen und menschenrechtlichen Ansprüchen genügen.
Darum fordern sofortige humanitäre Hilfe an den Außengrenzen und die Wiedereinsetzung rechtsstaatlicher Standards. Griechenland darf EU-Recht nicht weiter aushebeln und den Zugang zum europäischen Asylsystem abriegeln. Die EU-Regierungen müssen sich auf Kontingente für Schutzsuchende festlegen und mit geordneten Verfahren Wege aus der Krise ermöglichen. Das fordern wir auch in unserer Petition. Wir würden uns sehr freuen, wenn sie diese unterstützen! https://www.change.org/p/eil-petition-humanit%C3%A4re-krise-in-griechenland-deutschland-europa-m%C3%BCssen-fl%C3%BCchtlingen-schutz-bieten
Zudem ist es ein wichtiger erster Schritt, dass sich EU-Mitgliedstaaten zu einer Koalition der Willigen zusammenschließen wollen, um unbegleitete und kranke Kinder schnellstens von den griechischen Inseln zu evakuieren. Aber wenn wir die unwürdigen Zustände beenden wollen, brauchen wir eine weitreichendere Lösung. Das geht nur mit substanziellen Kontingenten und geordneten Verfahren für die Aufnahme von Geflüchteten durch die Mitgliedstaaten.
Die Zustände auf Lesbos sind beschämend und katastrophal – Sie schrieben es. Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen, Geflüchtete und Journalisten werden von rechten Banden bedroht und angegriffen, ohne dass die Polizei diesem Treiben Einhalt gebietet. Die Europäische Union darf vor den Rechtsextremisten nicht kapitulieren. Wir Grüne setzen uns dafür ein, dass es eine Untersuchung der Angriffe auf Helfer, Geflüchtete und Journalist*innen gibt, aber auch der schrecklichen Vorfälle an der Grenze, bei denen Geflüchtete ums Leben gekommen sind. Geflüchtete müssen auch aus Sicherheitsgründen von den griechischen Inseln evakuiert werden.
Am Wochenende stand das Gemeinschaftszentrum “One Happy Family“ in Flammen. Dort wurden eine Klinik und eine Schule für Geflüchtete betrieben. Hier können Sie Spenden, damit das Projekt so schnell wie möglich wieder aufgebaut wird: https://ohf-lesvos.org/de/spenden/
Wenn Sie sich in Ihrer Gemeinde oder Stadt dafür einsetzen wollt, dass sie Geflüchtete aus Griechenland aufnimmt, hilft Ihnen vielleicht dieses Gutachten. Es zeigt, dass die Bundesregierung die Aufnahme von geflüchteten Kindern durch die Bundesländer nicht ablehnen darf: https://erik-marquardt.eu/2020/03/09/gutachten-belegt-bundeslaender-duerfen-eigenstaendig-gefluechtete-aufnehmen/.
Wir als Grüne werden alles dafür tun, dass Europa europäische Grundrechte und rechtsstaatliche Standards durchsetzt und Geflüchtete schützt. Ich freue mich, wenn Sie uns darin unterstützen!
Mit freundlichen Grüßen
Anna Cavazzini