Frage an Anja König von Robert G. bezüglich Finanzen
Was halten Sie von Riester-Bausparen?
Ziel von Bausparen ist ja (Zumindest so der Gedanke), daß Wohneigentum geschaffen wird.
Riester hingegen soll ja eine dauerhafte, gleichmäßige Zahlung bis ans Lebensende sicherstellen.
Die Ziele sind also nur bedingt deckungsgleich.
Egal wie man zu dem ganzen Thema steht, ist aber im Moment seit Jahren Fakt, daß nach "erfoglreichen Bausparen" der Rieser-Bausparkredit erst ausgezahlt werden kann, wenn die Deutsche Rentenversicherung den Sachverhalt geprüft hat. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, daß die Prüfung 2015 ca. 6 Monate in Anspruch genommen hat, 2017 muß man schon mit Wartezeiten von ca. 1 Jahr rechen. Während dieser Zeit müssen oftmals andere teure Kredite bedient werden, welche durch das Rieser-Bauspardarlehn (und das ebenfalls blockierte angesparte Rieser-Bausparguthaben) abgelöst werden sollen.
Dies kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Was werden Sie beim Einzug in den Bundestag in dieser Beziehung unternehmen?
Sehr geehrter Herr G.,
gerne darf ich Ihnen meine Position zur Riesterföderung erläutern und mich für Ihr Interesse bedanken.
Mit der Rentenreform 2001 hat der Gesetzgeber auf die sich absehbar verändernde Bevölkerungsstruktur reagiert. Das Absicherungsniveau der gesetzlichen Renten wurde bzw. wird noch schrittweise abgesenkt, damit der Beitragssatz zur Rentenversicherung im Jahr 2030 nicht über 22 Prozent ansteigt. Als Ausgleich für das abgesenkte Rentenniveau wurde mit der sog. "Riesterrente" die steuerliche Förderung von privater Altersvorsorge eingeführt, die später mit dem Eigenheimrentengesetz von 2008 auch auf die Einbeziehung selbstgenutzter Wohnimmobilien in die Riester-Förderung ausgeweitet wurde.
Die Zielsetzung der damaligen Reformbemühungen bestand darin, das sinkende gesetzliche Rentenniveau durch vielfältige Formen von steuerlich geförderten Riesterprodukten zu kompensieren. Die damaligen Modellberechnungen basierten dabei auf der Annahme, dass die grosse Mehrheit der Förderberechtigten einen Riestervertrag abschliessen würde und stets einen Betrag von 4 Prozent des Bruttoeinkommens zusätzlich für einen Riestervertrag einsetzen würde. Zudem wurde seinerseits im Zuge der damals vorherrschenden Finanzmarkteuphorie unterstellt, dass die Rendite über einen sehr langen Zeitraum jahresdurchschnittlich 4 Prozent betragen würde.
Diese Annahmen haben sich jedoch aus mehreren Gründen als unrealistisch erwiesen. Erstens haben auch 15 Jahre nach Einführung der Riesterförderung nur ca. 40 Prozent der Förderberechtigten einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen. Zweitens setzt nur eine Minderheit wirklich einen Betrag von 4 Prozent des Bruttoeinkommens für Riesterprodukte ein (ca. 2 Millionen der etwa 16 Millionen Verträge werden gar nicht mehr bespart) und schlussendlich haben sich die Renditen schon als Folge der weltweiten Banken- und Finanzkrise weit weniger gut entwickelt als ursprünglich unterstellt.
Mit anderen Worten: die aus der Riesterförderung entstehenden zusätzlichen Rentenansprüche können das spürbar sinkende gesetzliche Rentenniveau nicht annähernd ausgleichen. Trotz verschiedener Bemühungen, mehr Transparenz bei den Produkten herzustellen und trotz Anhebung der Grundzulage (wie vor kurzem von der Bundesregierung beschlossen), ist heute schon absehbar, dass die ursprüngliche gesetzgeberische Zielsetzung eines Ausgleichs des sinkenden Rentenniveaus nicht mehr erreicht werden kann. Insbesondere dann nicht, wenn die Niedrigzinsphase noch einige Jahre andauert.
Deshalb muss der Gesetzgeber jetzt tätig werden und das gesetzliche Rentenniveau mindestens bei dem heutigen Stand von 48 Prozent stabil halten und eine entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg bringen (nach gegenwärtigem Recht würde das Rentenniveau bis 2030 auf ca 44 Prozent fallen). Damit der Beitragssatz dennoch nicht über die gesetzlich fixierten 22 Prozent im Jahr 2030 ansteigt, sollte der Steueranteil an den Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung ansteigen (etwa durch die vollständige Steuerfinanzierung der nicht beitragsgedeckten sog. "versicherungsfremden Leistungen" wie etwa der "Mütterrente").
Für die heute bestehenden Riesterverträge wird es selbstverständlich in allen bestehenden Vertragsformen einen vollständigen Bestands- und Vertrauensschutz geben. Eine Förderung von Neuverträgen sollte m. E. jedoch nicht mehr erfolgen, damit Steuergelder frei werden für die Stabilisierung des gesetzlichen Rentenniveaus.
Die Vorsorgeform des Riester-Bausparens beinhaltet zahlreiche komplexe Regelungen. Riester-Bausparverträge unterscheiden sich von den üblichen Bausparverträgen durch die spezielle Zertifizierung. Daher fällt diese Vorsorgeform auch in den Aufgaben- und Prüfbereich der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen in Brandenburg (Havel). Wartezeiten von bis zu einem Jahr sind dabei selbstverständlich nicht akzeptabel. Hier wird wohl eine bessere Personalausstattung Abhilfe schaffen können, die wir für viele Bereiche des öffentlichen Dienstes anstreben, angefangen bei den Schulen und Kitas über die Polizei bis zu den Sozialversicherungsträgern und Betriebsprüfern.
Soweit Sie sich bezüglich des Riester-Bausparens spezieller informieren wollen, können Sie dies etwa auf der Webseite der Deutschen Rentenversicherung, die dort einen umfänglichen Fragen- und Antwortkatalog zur steuerlichen Förderung von selbst genutzten Wohnimmobilien eingestellt hat. Auf den diesbezüglichen Link darf ich Sie hinweisen:
Im Zweifel können Sie freilich auch einen Beratungstermin bei einer der Auskunfts- und Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung wahrnehmen.
Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Anja König
SPD-Bundestagskandidatin