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Angelika Niebler
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Frage von Florian G. •

Frage an Angelika Niebler von Florian G. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Niebler,

mit einigem Befremden habe ich den Medien entnehmen müssen dass Sie sich über die "Tierkot-Wette" öffentlich ablehnend geäussert haben.
Ich kann ihre Empörung nicht nachvollziehen. Das Wesen vieler Wetten bei Wetten Dass ist dass sie aus dem beruflichen Alltag der Wettkandidaten entstehen. Im Alltag von Tierpflegern spielen die Ausscheidungen ihrer Schützlinge nun einmal eine zentrale Rolle. Warum und wieso würde an dieser Stelle zu umfangreich werden, zumal ihnen das vermutlich ohnehin bekannt ist (falls nicht empfehle ich einen Besuch im Zoo). Wenn also nun Tierpfleger eine Wette dieser Art anbieten, so kann man durchaus darüber diskutieren ob nicht manche sie als unappetitlich empfinden. Letztlich ist es aber dennoch nur eine berufsorientierte Wette wie Andere auch. Sich hier derart ablehnend öffentlich zu äussern bedeutet dass das Ekelempfinden Einzelner von Ihnen offenbar höher bewertet wird als die damit verbundene bildende Information dass der Kot der Tiere täglicher und wichtiger Bestandteil des Tierpflegerberufs ist. Gerade von einem Mitglied des Fernsehrats sollte man doch erwarten können dass das ZDF einen solch bildungsorientierten Beitrag in einer ansonsten zu Recht als flach und anspruchslos gescholtenen Sendung entsprechend goutiert wird.
Meine Frage(n) an Sie:
1. Gäbe es nicht wichtigere Dinge die ihre Aufmerksamkeit erforderten als politische Konsequenzen für etwas zu fordern dass sich auch durch öffentlich Diskurs selbst regeln wird?
2. Haben Sie konkrete Anfragen von Bürgern bekommen diese Wette (als Mitglied des Fernehrats) zu einem politischen Thema zu machen, oder geschah das aus Eigeninitiative?

Mit freundlichen Grüßen,
Florian Gründel

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Sehr geehrter Herr Gründel,

gerne nehme ich zu Ihren Fragen hinsichtlich meiner öffentlichen Stellungnahme gegen die "Tierkot-Wette" Stellung.

Zweifellos ist das Engagement der beiden Tierpfleger für ihren Beruf anerkennenswert. Ich bin im Gegensatz zu Ihnen aber nicht der Meinung, dass es hinsichtlich dieses Tätigkeitsfeldes einen besonderen Aufklärungsbedarf gibt und darüber hinaus die vorgeführte Wette nicht zum vorrangigen Betätigungsfeld von Tierpflegern zählt. Sicher ist die Beseitigung von Tierexkrementen in einem Zoo ebenso selbstverständlich wie das Ausmisten von Ställen in der Landwirtschaft. Allerdings habe ich weder auf einem Bauernhof noch in einem Zoo erlebt, dass Tierkot wie in dieser Wette "serviert" würde, um dann jemanden auf geringsten Abstand daran schnüffeln zu lassen. Das ist nach meinem Dafürhalten ekelerregend und verletzt den guten Geschmack. Tiermist gehört auf den Misthaufen und nicht auf einen Silberteller und schon gar nicht in eine Samstagabend-Unterhaltungssendung! Ich mag mir nicht vorstellen, was uns künftig erwartet, wenn dieses Beispiel bei anderen Berufs- oder Interessengruppen Schule machte.

Es wird Ihnen sicher nicht entgangen sein, dass ich meine Kritik an dieser Wette in meiner Funktion als Fernsehrätin des ZDF geäußert habe. Der Fernsehrat ist für die kritische Programmbeobachtung zuständig. Dabei geht es um grundlegende inhaltliche Impulse und eben auch um die Fragen, wo die Grenzen des guten Geschmacks liegen, was dem ZDF und seinen Zuschauern gut tut.

Mich hat bei der Kot-Wette vor allem auch gestört, dass ein gezielter Bezug zum Dschungel-Camp hergestellt wurde. Es geht hier also auch um die Frage, wie sich die öffentlich-Rechtlichen mit ihrem Programm von den Privatsendern unterscheiden und erfolgreich sein können.

Mein Anlass zur Intervention war diese konkrete Wette, die nichts Amüsantes oder Positives hatte, sondern einfach nur ekelig wirkte. Spontan dachte ich: Jetzt reicht´s, jetzt ist die Grenze des guten Geschmacks überschritten.

Ich finde, Thomas Gottschalk macht mit dieser Samstagabendshow ansonsten einen glänzenden Job. Es ist eine Leistung, diese Quoten, die er jedes Mal aufs Neue bekommt, zu erzielen. Und gerade deshalb ist meine Überzeugung: Diese Wette gehörte nicht in die Sendung. Sie gehört nicht ins öffentlich-Rechtliche Fernsehen, das sich mit dem Ekel-TV, das an anderer Stelle gezeigt wird, nicht gemein machen sollte. Das hat das ZDF nicht nötig - und das hat Thomas Gottschalk nicht nötig. Er ist als Quotensieger aus diesem Samstag hervorgegangen - nach meiner Überzeugung trotz und nicht wegen der Wette.

Vor wenigen Wochen hat es eine heftige Diskussion über die Äußerungen von Marcel Reich-Ranicki gegeben: Dabei ging es um Qualität im Deutschen Fernsehen. Ich bin der Überzeugung, dass diese Diskussion noch nicht zu Ende ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Angelika Niebler

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