Frage an Angelika Niebler von Mathias F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Niebler,
die „Gleichstellung“ der Geschlechter führt in einigen Staaten dazu, dass die (ausschließlich männlichen) Wehrpflichtigen immer öfter von Frauen gemustert werden. Das sieht dann in etwa so aus:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,658394,00.html (Foto)
Das Problem ist dabei nicht einmal die EINE Ärztin, sondern das weibliche Publikum. Ich nenne das eine Nacktvorführung vor dem anderen Geschlecht. Da so etwas mit umgekehrten Geschlechterrollen, etwa bei Soldatinnen, in Deutschland und der EU undenkbar wäre, ist dies sexistische Diskriminierung. Allerdings ist das Foto ja auch aus der Ukraine und damit bestehen erhebliche Unterschiede zu Deutschland. Erstens haben die Damen in D andere (Kasernen) bzw. gar keine (KWEÄ) Uniformen an und zweitens ist die Wehrpflicht in der Ukraine mittlerweile abgeschafft. Der Wehrbeauftragte erwähnt erstmals in seinem Bericht 2009 Beschwerden über diese Untersuchungsmethoden, zieht das aber gleichzeitig ins Lächerliche. Herr Grübel (MdB,
Frage v. 28.12.09 ) ist der Meinung, junge Männer müssen sich erst beschweren um Anspruch auf ihre Persönlichkeitsrechte zu erhalten.
Herr Kossendey (MdB, Fragen v. 19.07.10 u. 09.08.10) ist gar der Meinung, da ÄrztInnen auf Grund ihrer jahrelangen Ausbildung gemeinhin als geschlechtsneutral gelten, trifft dies auch für deren AssistentInnen zu und somit bestünde kein Anspruch auf eine gleichgeschlechtige Assistenz bei geplanten, derart schamverletzenden Untersuchungen. Die eigentliche Frage, warum die BW bei Frauen selbstverständlich, wie überall im Zivilleben auch, größten Wert auf die Wahrung der Persönlichkeitsrechte vor dem jeweils anderen Geschlecht legt, während Männern dieses Recht nicht von vorneherein zugestanden wird, wurde mit keiner Silbe beantwortet.
Sollten die elementarsten Grundrechte nicht für jeden Menschen in Deutschland und der EU gelten, auch wenn es sich hierbei lediglich um junge Männer handelt?
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Frost
Sehr geehrter Herr Frost,
haben Sie besten Dank für Ihre Anfrage, in der Sie die Praxis der Musterung bei der Bundeswehr thematisieren. Bitte sehen Sie mir die verspätete Rückmeldung nach. Angesichts der laufenden Bundeswehrreform hielt ich es für sinnvoll, zunächst die aktuellen Entwicklungen abzuwarten, um Ihnen eine zuverlässige Antwort geben zu können.
Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, wird die allgemeine Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 ausgesetzt, wodurch die Bundeswehr zu einer Freiwilligen-Armee umfunktioniert wird. Nach wie vor müssen sich die freiwilligen Bewerber allerdings vor Dienstantritt auf ihre körperliche Eignung für die anspruchsvolle Wehrausbildung medizinisch untersuchen lassen. Da gegebenenfalls auch Auffälligkeiten oder Erkrankungen im Intimbereich die Belastbarkeit der Bewerber einschränken können, wird auch dieser von der Untersuchung nicht ausgenommen.
Ich kann vollkommen nachempfinden, dass sich viele Männer und Frauen während der Untersuchung der Geschlechtsorgane durch einen fremden Arzt unwohl fühlen. Die Bundeswehr geht allerdings im Falle der Musterung auf dieses Unbehagen ein und stellt auf Wunsch des Bewerbers einen gleichgeschlechtlichen Arzt zur Verfügung, solange dies unproblematisch möglich ist.
Bei der Genitaluntersuchung geht die Bundeswehr sogar noch einen Schritt weiter. So wird jedem Bewerber, der einen gleichgeschlechtlichen Arzt wünscht, dieser Wunsch auch erfüllt. Sollte kein gleichgeschlechtlicher Arzt zur Verfügung stehen, wird dem Bewerber eine Untersuchung des Intimbereichs in einer zivilen Arztpraxis angeboten.
Für die Tatsache, dass es Bewerberinnen erlaubt ist, einen Gynäkologen ihrer Wahl aufzusuchen, gibt es eine einfache Erklärung. Der Grund hierfür liegt an rein anatomischen Gegebenheiten. Während bei männlichen Wehrpflichtigen der Großteil der Geschlechtsorgane äußerlich zu untersuchen ist, liegen die weiblichen Geschlechtsorgane im Inneren des Körpers. Um daher eine gründliche Untersuchung der weiblichen Geschlechtsorgane zu gewährleisten, werden zusätzliches Instrumentarium und besondere Fachkenntnisse benötigt. Auch aufgrund einer möglichen Schwangerschaft kommt der gynäkologischen Untersuchung eine besondere Bedeutung zu.
Wie Sie sehen, bestehen also durchaus Alternativen zur Musterungsuntersuchung durch einen Arzt des anderen Geschlechts. Obwohl ich Ihr Unbehagen verstehen kann, hoffe ich, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen einige Ihrer Bedenken nehmen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angelika Niebler, MdEP