Frage an Angelica Maria Kappel von Hans W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Kappel,
Sie sagen: "Umwelt und Arbeit sind keine Gegensätze, sondern gehören zusammen. Der Arbeitsplatzboom in der Umweltwirtschaft beweist, dass hier ein Wachstumsmarkt besteht." Ersterem ist unbedingt zuzustimmen, aber die zweite These ist grundfalsch. Der "Arbeitsplatzboom in der Umweltwirtschaft" lebt nur von Subventionen, bzw. Zwangsabgaben, mit denen Niedrigverdiener, Rentner, Studenten den Verdienst weniger bezahlen müssen. So sagt Hans Werner Sinn, Präsident des Ifo Instituts: "Im letzten Jahr mussten die Verbraucher 12 Milliarden an Zusatzkosten für den grünen Strom zahlen. Das ist viel zu viel." Und was sagen Sie zu seiner These: "Die Grünen hören einfach nicht gerne, dass die Energiewende in Deutschland alleine nichts bringt. Die Messungen zeigen, dass der CO2-Ausstoß in den letzten Jahren in Europa stark zurückgegangen ist. Allerdings weist die Kurve, die den CO2-Ausstoß der gesamten Welt beschreibt, noch nicht mal einen Knick auf. Es hat sich hier nichts durch unsere Umweltpolitik verändert". Oder einfach gesagt, nach Kyoto: was die Deutschen einsparen, verbrauchen die anderen mehr.
Viele Grüße,
Hans Wöstefeld
Sehr geehrter Herr Wöstefeld,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema „Umwelttechnologien und Arbeitsplätze“.
Ihre Kritik teile ich nicht, denn Umwelttechnologien gehören zu den wichtigsten Wachstumsmotoren in Deutschland. Sie sorgen für Klimaschutz, Investitionen, Arbeitsplätze und eine zunehmende Unabhängigkeit von Rohstoffimporten. Dies wird besonders im Energiesektor ersichtlich. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Beschäftigung in der Erneuerbare-Energien-Branche um 8 Prozent gestiegen. Allein 2011 waren über 382.000 Menschen im Bereich der Erneuerbaren Energien beschäftigt. Dazu gehört der Handwerker aus ihrer Nachbarschaft, der etwa Solar-Anlagen wartet, genauso dazu wie etwa große Windanlagenhersteller. Dieser Anstieg ist vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bemerkenswert, denn insgesamt verzeichnete Deutschland in 2009 etwa einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 5 Prozent.
Insbesondere die exportorientierten Wirtschaftssektoren waren in erheblichem Ausmaß betroffen. Demgegenüber hat sich die Branche der Erneuerbaren Energien in der Krise als stabilisierender Faktor erwiesen. Auch die Nettobeschäftigung ist langfristig positiv, wie eine Studie der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung zeigt.
Natürlich werden Umwelttechnologien staatlich gefördert. Dies ist in meinen Augen wichtig und richtig. Denn nur so können sie in den Markt integriert werden und zum Markenzeichen weltweit mit dem Label „Made in Germany“ werden. Diese Anschubfinanzierungen sind jedoch jeweils degressiv (das bedeutet, dass sie immer geringer werden) gestaltet. Zudem: Der dt. Steinkohlebergbau wird in Deutschland mit mehreren Milliarden Euro subventioniert. Dies ist nicht nur für den Klimaschutz enorm schädlich, sondern stellt auch die Innovationskraft der Umwelttechnologien in Frage. Denn anstatt Milliarden in schwarzen Kohlelöchern zu versenken, brauchen wir das Geld viel dringender für die zukunftsfähige und innovative Umwelttechnologie-Branche.
Die massiven Mehrbelastungen für die Stromkunden beruhen vor allem auf die großzügigen Ausnahmetatbestände für einen Großteil der Industriekonzerne. So erhalten sie etwa Ausnahmen bei der Stromsteuer oder bei den Abgaben im Rahmen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG). Leidtragende sind kleinere Unternehmen und die Verbraucherinnen und Verbraucher wie sie und ich. Die Bundesregierung aus Union und FDP rechtfertigt diese Ausnahmeregelungen mit dem Argument, dass diese Unternehmen im internationalen Wettbewerb stehen. Doch dies ist nur die halbe Wahrheit. Allein die deutsche Braunkohleindustrie wird jährlich um 45 Mio. Euro allein aus der EEG-Umlage entlastet. Da Braunkohle jedoch einen hohen Wasseranteil hat und es schlicht unwirtschaftlich wäre sie über große Distanzen zu transportieren, steht sie keinesfalls im internationalen Wettbewerb. Es erweckt sich hier schlichtweg der Eindruck, dass CDU/CSU und FDP dem Lobbydruck gewichen sind.
Bündnis 90/Die Grünen nehmen den Klimaschutz und die Verbindung von Ökologie und Ökonomie sehr ernst. dazu haben wir den ‚Green New Deal‘ entwickelt, der zeigt, dass Klimaschutz und Erhaltung des Industriestandorts Deutschlands kein Kontrast sind, sondern ideale Partner sind. Doch dies gelingt uns nur, wenn wir beides Ernst nehmen und mit unserer Vorreiterrolle auch andere Nationen überzeugen können.
Damit können wir als Deutsche auch dazu beitragen, dass in anderen Nationen die CO2-Emissionen reduziert werden.
Doch dazu bedarf es am 13. Mai Ihrer Stimme für eine ökologische und ökonomische Zeitenwende.
Mit herzlichen Grüßen
Angelica Maria Kappel