Wieso werden Menschen in einem Land mit vielen Bundesländern je nach Bundesland unterschiedlich finanziell aufgestellt?
Jeder Mensch bekommt den gleichen Betrag Bürgergeld in Deutschland? Wieso sind einige Menschen besser gestellt, die in gewissen Bundesländern/Stadtstaaten wohnen in denen es z. B. Sozialbustickets gibt, andere die im "falschen schlechten Bundesland" wohnen (müssen, da Wohnraum zum Umziehen nicht vorhanden) haben viel weniger Geld übrig da es dort z. B. Sozialbustickets nicht gibt seit Jahren. Wie können Sie diese Ungleichheit der Behandlung der Menschen ausgleichen? Wir leben doch im Zeitalter der "alles soll gleich sein alle sollen gleich behandelt werden" Mentalität. Gewisse Stadtstaaten/Bundesländer planen sogar ein 29 Euro Ticket für finanziell arme Menschen bzw. haben das bereits! Welche Ungleichheit welche Ungerechtigkeit! Man wohnt ja nicht freiwillig wo man wohnt sondern gezwungenermaßen, da Wohnraumnot! Deshalb musste man ja auch den Job kündigen weil es keine mangelfreie bezahlbare Wohnung gab!
Sehr geehrte Frau M.
vielen Dank für Ihre Anfrage zur unterschiedlichen finanziellen Ausgestaltung von Sozialleistungen in Bund, Ländern und Kommunen und die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“.
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein föderal organisiertes Land. In einer föderalen Finanzbeziehung übernehmen Bund, Länder und Gemeinden unterschiedliche Aufgaben.
Neben den bundesweit einheitlichen Sozialleistungen des Bundes (wie zum Beispiel das Bürgergeld) fallen viele weitere Leistungen (Kitabeiträge, Wohngeld, etc.) in die Zuständigkeit der Länder und der Kommunen. So ist die Frage der Finanzierung von Sozialleistungen auch eine Frage der Finanzkraft eines Landes und der politischen Schwerpunktsetzung. In einigen Bundesländern ist beispielsweise der Besuch der Kita beitragsfrei, in anderen Ländern wie Schleswig-Holstein richtet sich der Beitrag nach dem Einkommen der Eltern, ist also sozial gestaffelt und nach oben gedeckelt.
Was sich ein Bundesland „leisten“ kann, hängt von der Finanzkraft eines Landes ab, die sich auf den Landeshaushalt niederschlägt. Der Umfang eines Landeshaushaltes wiederum ist abhängig vom Steueraufkommen im Land. Wirtschaftlich starke Bundesländer verfügen in der Regel über mehr Geld als andere.
Grundgesetzlich ist jedoch auch festgehalten, dass die „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“ im gesamten Bundesgebiet gegeben sein muss (Art. 72 GG). Der Länderfinanzausgleich beispielsweise ist eines der zentralen Instrumente, diese Gleichwertigkeit zu garantieren. Auch dieser ist grundgesetzlich verankert. Sein Ziel ist es, „die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen“ auszugleichen (Art. 107 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz). Finanzstarke Länder („Geberländer“) überweisen finanzschwächeren Ländern („Nehmerländer“) Gelder, die damit in die Lage versetzt werden, ihren staatlich festgelegten Aufgaben (besser) nachzukommen.
Bei der politischen Diskussion um "gleichwertige Lebensverhältnisse" geht es also um die Frage, wie der Staat die grundlegenden Voraussetzungen schaffen kann, damit die Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land oder armen und reichen Regionen nicht zu weit auseinanderklaffen.
Wie Sie in Ihrer Anfrage richtig beschreiben, gibt es aber immer wieder spürbare Unterschiede in der Wirkung von sozialen Leistungen in unterschiedlichen Regionen unseres Landes. Diese orientieren sich an den Möglichkeiten des jeweiligen Landes und der Gemeinden.
Darum hat die Bundesregierung bereits in der vergangenen Wahlperiode eine „Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse“ eingesetzt, die neben den klassischen Instrumenten, die ich oben beschrieben habe, verschiedene Bereiche gesellschaftlichen Lebens beleuchtet und untersucht hat. Herausgekommen ist eine Reihe von Maßnahmen, die nun in den unterschiedlichen Bereichen und Ebenen (Bund, Länder, Kreise und Kommunen) umgesetzt werden müssen. Mehr dazu finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/engagement-und-gesellschaft/deutsche-stiftung-fuer-engagement-und-ehrenamt/gleichwertige-lebensverhaeltnisse
Es bleibt aber insbesondere auf Länderebene immer auch eine politische Entscheidung innerhalb gewisser gesetzlicher Rahmen, wie Sozialleistungen ausgestaltet werden. Darunter fällt zum Beispiel die Entscheidung, ob Kitas beitragsfrei gestellt werden oder nicht. Genauso verhält es sich mit der Ausgestaltung des 49-Euro-Tickets. Hier gibt es landesweit Ermäßigungen im Rahmen des Jobtickets und der Semestertickets für Studierende. Im Bereich des Schülertransports wurden kommunale bzw. regionale Lösungen vereinbart. Eine darüber hinaus gehende Sozialstaffel ist in Schleswig-Holstein nicht vorgesehen. Gleichzeitig werden jedoch diverse Infrastrukturmaßnahmen und der Ausbau des ÖPNV vorangetrieben, die ebenfalls finanziert werden müssen, wovon am Ende alle profitieren.
Sehr geehrte Frau Meier, die Frage nach der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse betrifft nicht nur soziale Leistungen, sie betrifft auch den Zugang zu und die Erreichbarkeit von medizinischer Versorgung, Mobilität, Bildung und Schule, Kultur oder den sozialen Wohnungsbau. An diesen Themen arbeitet das Land Schleswig-Holstein tagtäglich mit Hochdruck.
Mit freundlichen Grüßen
Anette Röttger MdL