Frage an Andreas Schwab von Matthias W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Schwab,
halten Sie es für richtig bzw. vertretbar, daß gentechnisch veränderte Bestandteile im Pollen, bzw. der damit kontaminierte Honig, NICHT gekennzeichnet werden muß?
www.foodwatch.org/de/informieren/gentechnik/e-mail-aktion-gen-honig-kennzeichnen
Kann ich als erwachsener mündiger Bürger dazu gezwungen werden, Genhonig zu fr)essen? Womöglich auch bei ökologisch erzeugtem Biohonig, da ja der Pollenflug vor Grenzen nicht Halt macht? Was ist mit der Wahlfreiheit, bitteschön? Ich bin zutiefst empört, schließlich bin ich ja kein Versuchskaninchen der Agrogenkonzerne!!! Honig mit (durch Regierungsbeschluß!) geduldeten Genpollen ist ein eklatanter Verstoß gegen das Grundgsetz (freie Entfaltung/gesundheitliche Unversehrtheit) und somit kriminell! Den Schaden hatte Greenpeace bereits aufgrund einer Studie eines Fütterungsversuchs (an Ratten und Mäusen mit GVO) öffentlich gemacht. Die Ergebnisse der entstandenen Leber- und Nierenschäden sind jedoch erst nach EINKLAGEN der Veröffentlichung ans Tageslicht gekommen!
www.greenpeace.de/search/f%C3%BCtterungsversuch
Was soll an Genpollen besser sein als an Genmais? Knapp 80% der Bundesbürger/innen wollen keine Agrogentechnik. Weshalb wird dies von den Volksvertretern immer noch nicht erkannt? Was tun Sie, um dieses in eklatant grundgesetzwidriger Weise entstandene Problem mit sofortiger Wirkung abzustellen? Schließlich gehe ich davon aus, daß auch Sie einen Eid geleistet haben, Schaden vom Volk abzuwenden, wie er zweifellos entstehen wird, wenn hier nicht sofort ohne Zeitverzug gehandelt wird! Die Diätenerhöhung haben Sie ja sicher auch angenommen. Schließlich sind aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit bereits bestäubende Instekten unterwegs. Mit der dringenden Bitte, um Stellungnahme binnen 14 Tagen oder besser noch, mutiges Einschreiten, da meine Angehörigen und ich gerne weiterhin unkontaminierten Honig essen möchten!
Mit (agro)gentechnikfeindlichen Grüßen
M. Wagner
Sehr geehrter Herr Wagner,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Ich habe Ihre Befürchtungen aufmerksam zur Kenntnis genommen und darf Ihnen gerne auf Ihre Fragen antworten.
Die Diskussion um die Zulassung von genetisch veränderter Organismen (GVO) in Europa ist sehr umstritten und die Kompetenzen der zuständigen Entscheidungsträger auf nationaler sowie europäischer Ebene nicht auf den ersten Blick klar erkennbar. Gegenstand der Revision der sogenannten Honigrichtlinie, die das Europäische Parlament am 15. Januar 2014 befürwortet hat, ist die lebensmittelrechtliche Klarstellung, dass Pollen ein natürlicher Bestandteil von Honig sind. Diese war notwendig geworden, da der Europäische Gerichtshof (EuGH) Pollen lediglich als eine Zutat eingeordnet hatte.
Diese Klarstellung ist keine neue Gentechnikgesetzgebung und hat nicht zum Ziel, mit GVO kontaminierten Honig zu verheimlichen. In der EU müssen alle Lebensmittel, die einen GVO-Gehalt von mehr 0,9% aufweisen, besonders gekennzeichnet werden. Diese Regelung wurde zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt. Wie das Parlament jedoch klargestellt hat, handelt es sich bei Honig um ein Naturprodukt, welches bei der Analyse des GVO-Gehalts als Gesamtprodukt untersucht und bewertet werden muss. Da der Pollengehalt von Honig sehr niedrig ist, wird der Schwellenwert von 0,9% hierbei ohnehin nicht erreicht, sodass eine GVO-Kennzeichnung nicht erforderlich ist. Aus diesem Grunde jetzt aber eine neue Bemessungsgrundlage speziell für Honig als GVO-Produkt einzuführen, wäre nicht zielführend, da der Grenzwert für eine solche Kennzeichnung dann um 3.300 Mal niedriger liegen würde als bei anderen Lebensmitteln. Dies würde bedeuten, dass der Verbraucher durch diese Sonderbehandlung des Honigs bei der Kennzeichnung in die Irre geführt würde, da er keinen Vergleichsmaßstab zu anderen Lebensmitteln mehr hätte.
Nach wie vor müssen GVO-Lebensmittel in Europa nach der EU-Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG zugelassen sein. Das heißt, dass ein Honig, der Pollen von gentechnisch veränderten und nicht in der EU zugelassenen Pflanzen erhält, gar nicht erst in die EU eingeführt werden darf. In Deutschland gibt es aktuell keinen kommerziellen Anbau von GVO, sodass davon auszugehen ist, dass deutscher Honig in so gut wie allen Fällen als gentechnikfrei eingestuft werden kann.
Die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel und die Richtlinie 2001/18/EG über die absichtliche Freisetzung von genetisch veränderter Organismen in die Umwelt legen das Verfahren zur Bewertung und Zulassung von GVO fest. Grundlage für die Entscheidung, ob GV-Lebensmittel in der EU zugelassen werden, bietet eine strenge wissenschaftliche Sicherheitsbewertung. Diese erfolgt durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Ziel dieser unabhängigen Bewertung ist es, mögliche – von GVO ausgehende – Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt zu erfassen. Mehr zur Sicherheitsbewertung und der Rolle der EFSA im Zulassungsverfahren finden Sie hier: www.efsa.europa.eu .
Die Entscheidung, ob in Europa gentechnisch veränderte Pflanzen zugelassen und angebaut werden dürfen oder nicht, liegt jedoch weder bei der EFSA, noch beim Europäischen Parlament, sondern bei den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission. Das Europäische Parlament hat kein rechtlich verbindliches Mitspracherecht bei dieser Entscheidung. Die EU-Landwirtschaftsminister stimmen über die Zulassung einer GVO-Pflanze ab. Es bedarf einer qualifizierten Mehrheit um eine Zulassung zu verhindern. Qualifizierte Mehrheit bedeutet, dass jeder EU-Mitgliedstaat zwar eine Stimme hat, diese aber – je nach Bevölkerungsgröße – anders gewichtet wird. Sollten die EU-Landwirtschaftsminister für eine EU-weite Zulassung stimmen, hat die Kommission das letzte Wort. Die Kommission ihrerseits hat sogar vorgeschlagen, die Zulassungsentscheidung komplett den Mitgliedstaaten zu überlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Andreas Schwab