Frage an Andreas Schwab von Klaus H. bezüglich Wirtschaft
Betr.: Freihandelsabkommen mit den USA
Sehr geehrter Herr Dr. Schwab,
die TV-Sendung „Markt“ vom 8.1.2014 informiert darüber, dass dieses Abkommen geheim verhandelt wird und keine Unterlagen den Bürgern zugänglich gemacht werden dürfen. Ist Ihnen das bekannt? Warum ist das so, und wer hat die EU dazu bevollmächtigt? Bei Streitfragen soll nicht einmal ein ordentliches Gericht urteilen, sondern Anwälte unter sich. Dabei können diese dann von einzelnen Staaten (d.h. von deren Steuerzahlern) Schadenersatz in unbekannten Höhen verlangen (wie in Kanada bereits geschehen!). Was hat so ein Abkommen mit „Freihandel“ zu tun? Wie ist Ihre Position in dieser Frage, und was gedenken Sie in dieser Angelegenheit zu unternehmen?
Mit freundlichem Gruß
Sehr geehrter Herr Heckel,
haben Sie vielen Dank für Ihr Interesse an den Verhandlungen über das Transatlantische Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Ihre Bedenken habe ich aufmerksam zu Kenntnis genommen.
Ich verfolge die Verhandlungen intensiv und aufmerksam und werde versuchen, die Grundregeln, die für den EU-Binnenmarkt entwickelt werden, möglichst weit auf den transatlantischen Markt zu übertragen. Grundsätzlich sind wir von der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament von den positiven Effekten einer transatlantischen Handelspartnerschaft überzeugt, natürlich aber nicht zu jedem Preis. Die Kommission, die derzeit die Verhandlungen führt, ist verpflichtet, das Parlament in allen Verhandlungsphasen (vor und nach den Verhandlungsrunden) unverzüglich und umfassend zu unterrichten. Und nur wir, also das Parlament, können am Ende das TTIP-Abkommen in Kraft setzen, was jedoch nicht vor 2016 zu erwarten ist.
Vor diesem Hintergrund und aufgrund des noch frühen Stadiums der Verhandlungen, ist es mir noch nicht möglich, abschließend zu sämtlichen Punkten Stellung zu nehmen, darf aber wie folgt auf die von Ihnen angeführten Punkte eingehen:
1. Transparenz der Verhandlungen
Die Mitgliedsstaaten, also auch Deutschland, haben der Europäischen Union die Kompetenz übertragen, in internationalen Handelsfragen für die Mitgliedsstaaten aktiv zu werden. Die EU hat dadurch die Kompetenz, Freihandelsabkommen mit Drittstaaten – auch das Transatlantische Freihandelsabkommen - abzuschließen. Diese Abkommen werden von der Kommission für die EU im Rahmen eines konkreten Verhandlungsmandates verhandelt, welches durch den Ministerrat – die Mitgliedsstaaten – und nicht durch das Europäische Parlament vorher erteilt wird. Das Parlament und seine Abgeordneten sind an den Verhandlungen nicht direkt beteiligt, jedoch finden regelmäßige Treffen mit der Europäischen Kommission statt: Jeweils vor und nach einer weiteren Verhandlungsrunde mit den USA werden die Fragen des Europäischen Parlaments an die Kommission erörtert. Zudem werden auf den Seiten der Kommission für jeden zugänglich das Ergebnis der Verhandlungsrunden veröffentlicht ( http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/ ) und Parlament und Rat ständig informiert.
Außerdem werde ich selbst als Mitglied des so genannten ´Transatlantic Policy Networks´ regelmäßig über den aktuellen Verhandlungsstand informiert.
2. Rechtssicherheit
Ihre Bedenken, dass durch ein Investitionsschutzabkommen mit den USA, eine Klagewelle amerikanischer Unternehmen gegen europäische Gesetze und Maßnahmen folgen wird, nehmen wir sehr ernst. Fakt ist, dass es Investitionsschutzmechanismen bereits seit den 50er Jahren gibt. Ziel dieser Abkommen ist es, Investitionen im Ausland gegen z.B. entschädigungslose Enteignungen durch den Staat zu schützen. Deutschland hat ca. 140 solcher bilateraler Abkommen abgeschlossen. Diese wurden vor allem mit Staaten abgeschlossen, deren Rechtssystem keine oder nur geringe Rechtssicherheit für deutsche Investoren bot. Auch neun EU-Staaten haben bereits Investitionsschutzabkommen mit den USA geschlossen. Es geht vor allem um die Vereinheitlichung eines grundsätzlich sinnvollen Systems des Investitionsschutzes im Ausland.
Die USA und Europa besitzen jeder für sich sehr weit entwickelte, wenn auch unterschiedliche, Rechtssysteme. Die Regeln eines gemeinsamen Investitionsschutzabkommens müssen daher so formuliert werden, dass multinationale Unternehmen nur in Ausnahmefällen, wenn der nationale Rechtsweg keine ausreichenden Schutz bietet, den Weg über eine Schiedsgerichtsbarkeit gehen können. Es sollte nicht dazu führen, dass Unternehmen jederzeit den ordentlichen Rechtsweg umgehen. Nur so wird die Regelung des Investitionsschutzes im TTIP einen klaren Mehrwert haben und zwei große Volkswirtschaften enger zusammen bringen.
Für die EU und die USA ist das transatlantische Freihandelsabkommen eine Chance, in Zeiten des technischen Fortschritts und dem Zusammenwachsen globaler Märkte eng zusammenarbeiten zu können. Gleichzeitig fordern wir, das von jeder Seite als angemessen erachtete und etablierte Schutzniveau an Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz in Europa zu erhalten. Unsere europäischen Standards, sei es im Bereich des Datenschutzes oder im Bereich der Lebensmittelsicherheit, dürfen nicht durch die "Hintertür" des TTIP umgangen werden. Hierfür setzen wir uns ein und nur dann wird das Abkommen einen Impuls für Wachstum und Wohlstand in Europa setzen, von dem jeder profitieren kann.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Andreas Schwab