Andreas Schmitz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christian H. •

Frage an Andreas Schmitz von Christian H. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Schmitz!

Meine Fragen an Sie richten sich auf den Bereich, der mich als Familienvater mit fünf Kindern am meisten umtreibt: auf die Familienpolitik.
Laut GG Art. 6 stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. Das müsste doch wohl bedeuten, dass Familien nicht nur nicht benachteiligt oder diskriminiert, sondern sogar besonders gefördert werden. Die mannigfaltigen Vorteile echter Familienförderung für jedes Gemeinwesen sind hinlänglich bekannt.
Was wollen Sie im Falle eines Wahlsieges dafür tun? Mich interessieren besonders folgende Problembereiche:

1) In Deutschland ist nicht einmal das steuerliche Existenzminimum pro Kind wirklich steuerlich freigestellt, weil die indirekten Steuern, die Familien seit Jahren extrem belasten, einfach ignoriert werden. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass auch bei den indirekten Steuern ein Kinderfreibetrag eingeführt wird bzw. Verbrauchssteuern für Familien durch eine Pauschale zurückerstattet werden? Der gegenwärtige Zustand stinkt zum Himmel.

2) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Eltern entsprechend der Anzahl ihrer Kinder bei der Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung und Pflegeversicherung mehr entlastet werden?

3) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Erziehungsleistungen von Eltern – für jede Gesellschaft konstitutiv – bei der Rente endlich angemessen berücksichtigt werden?

Das Bundesverfassungsgericht hat sich zu diesen Themen schon vor Jahren deutlich geäußert. Die Politik hat aber herzlich wenig getan und die Familien in ihrer finanziellen Dauer-Bedrängnis alleine gelassen. Während in Familien der Bedarf ständig steigt, steigen in vielen Bereichen die finanziellen Belastungen --- Folge: Die Kaufkraft sinkt seit Jahren. So kommen wir in Deutschland nicht weiter.

Deshalb meine Fragen an Sie. Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen und alles Gute für ihre politische Arbeit

Ihr
Christian Haubold, Morsbach

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Haubold,

zunächst vielen Dank für Ihre Fragen und die Bitte um Verständnis, dass ich erst jetzt antworte. Es gibt für mich als Kandidaten gerade jetzt sehr viel zu tun! Ich antworte aber sehr gerne!

Wir Grünen haben in Regierungsverantwortung m.E. einiges verbessert. Das steuerliche Existenzminimum ist über die Jahre weiter angehoben worden. Das Kindergeld ist erhöht worden. Sicherlich haben Sie recht, wenn man sieht, dass gerade Familien durch ihre notwendigerweise hohen Konsumausgaben durch die Mehrwertsteuer besonders belastet werden. Eine Art Freibetrag, wie Sie es angeregt haben scheint mir nicht der richtige Weg zu sein. Das führt zu mehr Bürokratie und ich fürchte, dass dadurch weniger Gerechtigkeit erreicht wird.

Wir Grünen vertreten schon seit einigen Jahren die Auffassung, dass die Erziehungs- und Bildungsarbeit in den Familien mit einem regelrechten Einkommen zu vergüten ist. Es ist für uns nicht einsehbar, warum diese ARBEIT nicht mindestens so gut bezahlt wird, wie die meisten erwerbsmäßigen Arbeiten. Die Wertschöpfung, die dort für unsere Gesellschaft und Volkswirtschaft erreicht wird, ist oft wesentlich höher als z.B. die Produktion irgendeines Konsumgutes. Ist die Einkommenssituation der Familien besser, sind die indirekten Steuern auch nicht mehr so belastend. Die Frage wird sein, wie man dieses organisieren kann. Wir Grünen vertreten die Auffassung, dass wir einen wesentlich stärker steuerfinanzierten Sozialstaat benötigen. Das hat ja in Ansätzen sogar die CDU bereits mittlerweile realisiert. Ihr Trugschluss, dass man diese Steuern bei Rentnern, Arbeitslosen, Kranken und Familien in Form einer höheren Mehrwertsteuer eintreiben sollte ist ein sowohl konjunkturell als auch gesellschaftspolitisch falscher Weg!!

Wir Grünen favorisieren eine Umorientierung hin zu einem Sozialstaat skandinavischer Prägung: Einkunftsarten, wie z.B. Zinseinkünfte, Aktiengewinne, Mieteinnahmen etc. und eine wieder zum Leben zu erweckende Vermögenssteuer sind verantwortbarer als unser altes auf das Arbeitseinkommen konzentriertes abgabenfinanziertes Sozialversicherungssystem. Langfristig wird wohl auch im Rahmen einer Harmonisierung der Mehrwertsteuer in ganz Europa wahrscheinlich eine Erhöhung in Deutschland in Frage kommen. Dies allerdings erst, wenn die Konjunktur in Deutschland und Europa wieder besser verläuft!

Bei einer weiteren Reformierung des Rentensystems MUSS die Erziehungsleistung honoriert werden. Allerdings auch dort favorisieren wir Grüne eine sogenannte soziale Grundsicherung, die wiederum steuerfinanziert ist. Hierbei könnte man eine besondere Ausgestaltung für Familien vorsehen. Also ähnlich wie bei dem heutigen Arbeitslosengeld II bekommt jedes Familienmitglied diese Grundsicherung. Wir Grünen sind darüber hinaus, dass auch ein Teil privater Vorsorge betriegen werden muss. Für Familien bzw. Kinder können wir uns einen staatlichen Beitrag vorstellen!

Ich hoffe, dass diese Informationen für Sie befriedigend sind. Das von Ihnen geschilderte Problem, dass Familien nicht zu den "Gewinnern" zählen ist Folge strukturkonservativer roter und schwarzer Untätigkeit über Jahrzehnte. Als kleiner Koalitionspartner setzt man sich nicht immer durch"

Eine schönen Herbst !

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Schmitz