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Andreas Keith-Volkmer
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Frage von André H. •

Frage an Andreas Keith-Volkmer von André H. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Keith-Volkmer,

ich arbeite als Lehrer an einer Schule im Bergischen Land. Wir setzen seit März 2020 »Microsoft teams« sowohl zur kollegiumsinternen als auch schülerweiten Kommunikation ein. Außerdem werden Aufgaben darüber gestellt und Videokonferenzen durchgeführt.

Der Dienst ist von den Datenschutzbeauftragten der Länder als nicht datenschutzkonform angesehen worden. In Berlin wird es unter der »roten« Ampel gelistet. Mike Kuketz (Experte für IT-Sicherheit, kuketz-blog.de) übt deutliche Kritik, vor allem auch weil selbst die »versprochenen« Sicherheiten nicht umgesetzt werden. Auch meine eigenen Prüfungen zeigen, dass jeder Aufruf entgegen der uns versprochenen Leistung über 100 Verbindungen zu us-amerikanischen Servern aufbaut und Daten außerhalb der EU mindestens übertragen werden. Spätestens seit dem Fall des Privacy Shield Abkommens im Sommer letzten Jahres gibt es m.W.n. auch keine rechtliche Grundlage mehr für eine solche Nutzung eines nicht EU Unternehmens.

Dennoch wird der Dienst an unserer und vielen anderen Schule weiterhin eingesetzt.
- Wie stehen Sie zum Einsatz solcher Produkte, deren Anbieter nicht unter EU-Recht fallen, um schüler- und lehrerbezogene Daten zu verarbeiten?
- Sehen Sie Alternativen, die Schulen in NRW -möglichst sofort- umsetzen sollten?
- Welche Rechte haben Schüler*innen, aber auch Lehrer*innen, Ihrer Ansicht nach, wenn Sie einer solchen Verarbeitung ihrer Daten nicht zustimmen wollen oder können – müssen diese mit Benachteiligungen leben?

Mit freundlichen Grüßen
André Hilbig

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Sehr geehrter Herr H.,

für Ihre Frage möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Die Anwendung von Microsoft Teams sowohl im Kollegium als auch in der Lehrer-Schüler Kommunikation an Ihrer Schule ist angesichts der weiterhin offenen Fragen rund um den Datenschutz im Allgemeinen oder DSGVO im Besonderen im Augenblick nicht zu empfehlen. Im Falle einer möglichen ministeriell vorgeschriebenen Abkehr von Microsoft Teams wären zeitaufwändige Produktsuchen, erneute Abstimmungen und Eingewöhnungsphasen die Folgen.
Anders als z. B. Bayern und Hessen steht das Ministerium für Schule und Bildung NRW der Microsoft Teams Lösung im Schulbetrieb skeptisch gegenüber, jedoch möchte es, bevor es eine endgültige Empfehlung für oder gegen MS Office 365 und damit auch zu MS Teams abgibt, den Bericht der nationalen Unterarbeitsgruppe der Datenschutzkonferenz dazu abwarten. Sollte der finale Bericht dieser Unterarbeitsgruppe, wie zu erwarten gegen Microsoft Office 365 ausfallen, dann wäre davon auszugehen, dass das Ministerium für Schule und Bildung ein Verbot dieser Software in Schulen ausspricht.
Ich möchte mich allerdings nicht generell für oder gegen eine Anwendung festlegen. Die letzten Monate haben auch gezeigt, dass vormals als kritisch bewertete Anwendungen durch verschiedene Schärfungen ihres Datenschutzes wie z.B. Zoom (wie z.B. Ende-Zu-Ende-Verschlüsselungen) oder auch Microsoft (Double Key Lösung/Server in Deutschland/EU vor allem bei Microsoft 365 Enterprise Edition (E5) / Microsoft 365 Education Edition (A5)) wieder mit deutschen und europäischen Datenschutzstandards konform gehen können.
Generell spricht aber auch eine Lösung jenseits der etablierten Gruppenarbeits- und Videokonferenzprogramme für sich. Jedoch sollte neben den Datenschutzaspekten auch auf die Benutzerfreundlichkeit und Praktikabilität geachtet werden. Hier setzen bisher jedoch auch die unter Datenschutzaspekten diskussionswürdige Anwendungen wie MS Teams und Zoom, Maßstäbe. Für Ihre Schule kann ich nur empfehlen, sich rechtzeitig mit alternativen Anwendungen für Messenger, Videokonferenz- und Officesysteme auseinanderzusetzen. So zum Beispiel ist "BigBlueButton" ein Open-Source-Webkonferenzsystem das sowohl DSGVO-Konform und halbwegs benutzerfreundlich ist. Ebenso kann neben den Logineo-Anwendungen auch die Lernplattform Moodle und die Messenger Schul.Cloud, Threema oder Wire genutzt werden, alle drei funktionieren datenschutzkonform ohne Angabe der Telefonnummer. Nicht nur softwareseitig sollte der Datenschutz ernst genommen werden, sondern auch bei der täglichen digitalen Arbeit in der Schule. Es sollte datensparsam (möglichst wenig personalisierte Daten und Dokumente verwenden) gearbeitet werden. Für die Datensicherheit sollte unbedingt auf mehrfach redundante Backups und pseudonymisierte Daten gesetzt werden. Denn auch abseits der DSGVO-Problematik und der Privacy Shield Rechtsprechung können immer auch eigentlich DSGVO-konforme Tools und Netzwerke gehackt und deren Daten veröffentlicht werden. So auch die Schulcloud des Hasso-Plattner-Instituts in Niedersachsen (2020) und Brandenburg (2021) und auch in Paderborn.
Distanzunterricht hat auch ein generelles Problem: Die Schulpflicht beim Distanzunterricht und die notwendige Einwilligung in die Datenverarbeitung können in Konflikt geraten. In dem Fall ist es z.B. in anderen Schulen in NRW möglich, im Sinne der Gleichbehandlung aller Schüler von einwilligungsabhängigen Videokonferenzen abzusehen. Dieser Zustand ist für mich allerdings unbefriedigend. Die Schulpflicht sollte priorisierend im Sinne einer Rechtsgüterabwägung möglichst durchgesetzt werden.
Die schulische Bildung ist eine grundlegende, unbedingte Voraussetzung für eine freie und gesunde geistige, körperliche und seelische Entwicklung von Kindern. Aufgabe der Politik ist es, alles dafür zu tun, dass Lehrer und Schüler ungefährdet und ungehindert sich in der Schule begegnen können.
Der in der zurückliegenden Zeit durchgeführte Distanzunterricht ist nur ein schlechter Ersatz für den Präsenzunterricht und darf ihn nur in Notfällen und für eine kurze Zeit ersetzen. Für das Gelingen von Kommunikation, von Lernen und Verstehen benötigen gerade auch die Heranwachsenden das direkte körperlich und sinnlich erfahrbare kooperative Zusammenwirken mit der eigenen Lerngruppe. Geistige Prozesse sind immer eingebettet in ihr Zusammenwirken mit sinnlich-sensualen Abläufen.
Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.

Viele Grüße

Andreas Keith

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