Frage an Andrea Lindholz von Angela B. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Lindholz,
ich betreue in Sulzbach syrische-anerkannte- Flüchtlinge. Diese möchten ihre Familien nachkommen lassen. Hierzu benötigen sie einen Termin zur Visabeantragung bei der deutschen Botschaft in Beirut. Als frühester Termin wurde November 2015 genannt.
Ich bitte Sie,auf die Terminvergabepraxis Einfluss zu nehmen.
Auch dies wäre eine Massnahme, Menschen nicht zu Schleusern zu zwingen. Familien können oft nicht zuwarten bis eine legale Einreise möglich ist, zumal nicht abzuschätzen ist, was und wann,z. B. im Wohnviertel in Damaskus "meiner" Familien
der Terror zuschlägt. So wurde z.B. vorgestern ein Familienmitglied mit den fürchterlichen Symptomen eines Giftgasanschlags in eine Klinik eingeliefert.
Ich bitte Sie innig, sich dafür einzusetzen oder das Problem an das auswärtige Amt weierzuleieten, evtl. mehr Personal bei der Botschaft einzustellen oder die Terminvergabe irgendwie sonst zu beschleunigen.
Ich danke Ihnen sehr,
mit freundlichen Grüßen
Angela Beier
Sehr geehrte Frau Beier,
haben Sie vielen Dank für Ihre Mail. Ihre Sorgen und v.a. die Sorgen der von Ihnen betreuten syrischen Familie kann ich nur allzu gut nachvollziehen.
Die Probleme mit der Terminfindung in den deutschen Botschaften rund um Syrien sind uns im Innenausschuss und im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages seit langem bekannt. Die Bundesregierung hat bereits reagiert und das Personal vor Ort erheblich aufgestockt. Die Mitarbeiter in den Botschaften arbeiten unter Hochdruck und oft ohne einen freien Tag in der Woche. Aufgrund dieser extrem hohen Arbeitsbelastung ist es notwendig das Personal regelmäßig auszutauschen, was wiederum zusätzlichen Personalbedarf schafft. Trotz der massiven Personalaufstockungen lässt sich das Problem, gerade in Beirut, aber wohl nicht mit noch mehr Personal lösen.
Allein im Libanon befinden sich weit über eine Million syrische Flüchtlinge. Täglich werden tausende neue registriert. Deutschland ist weltweit das einzige Land außerhalb der Krisenregion, das überhaupt in substanziellem Rahmen syrische Flüchtlinge aufnimmt. Bund und Länder haben sich auf drei Sonderprogramme verständigt, mit denen über 30.000 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge nach Deutschland ausgeflogen werden. Das ist ein vielfaches mehr als alle Kontingente die die anderen EU-Staaten zusammen bisher bereitgestellt haben. Insgesamt hat Deutschland seit Ausbruch des Krieges über 100.000 Syrern Flüchtlingsschutz gewährt. Seit Jahren schon wird kein syrischer Flüchtling mehr zurückgewiesen oder abgeschoben. Zudem ermöglicht Deutschland anerkannten Flüchtlingen als eines von ganz wenigen Ländern weltweit den Familiennachzug. Dieses massive Engagement Deutschlands in der Flüchtlingsaufnahme resultiert aber in einem unglaublichen Andrang auf die deutschen Botschaften z.B. in Beirut. Kaum eine andere Botschaft dürfte aufgrund des herausragenden deutschen Engagements derzeit unter einem so massiven Druck stehen. Weitere Personalaufstockungen werden zwar diskutiert, würden aber aller Voraussicht nach das Problem angesichts des unglaublichen Andrangs kaum beheben können.
CDU und CSU sind bereit, im Einzelfall besonders schutzbedürftigen Personen, die vom UNHCR ausgewählt wurden, im Rahmen der deutschen Sonderkontingente in Deutschland Asyl zu ermöglichen. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass inzwischen mehr als die Hälfte der syrischen Bevölkerung auf der Flucht ist. Über 12 Millionen Syrer sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Diese gewaltige Katastrophe kann man nicht mit Aufnahmeprogrammen in Deutschland lösen. Eine nachhaltige Lösung wird es nur geben, wenn wir die Fluchtursachen vor Ort beheben. Deswegen hat die Bundesregierung den Fokus ihrer Hilfe von Beginn an auf die Hilfe vor Ort gelegt. Seit 2012 hat Deutschland rund 1,5 Milliarden Euro für die syrische Flüchtlingshilfe bereitgestellt, wovon bisher rund eine Milliarde Euro ausgezahlt wurde. Damit gehört Deutschland neben seiner weltweit einzigartigen Flüchtlingsaufnahme auch zu den größten Geberländern in der Region. Der UN-Flüchtlingskommissar lobte das deutsche Engagement als vorbildhaft. Deutschland setze Maßstäbe in der Flüchtlingspolitik, an denen sich andere Staaten orientieren sollten.
Doch auch die deutschen Kapazitäten sind begrenzt. Deswegen müssen wir genau überlegen wofür wir unsere Mittel einsetzen. Mit einer Spende über 99 Euro kann das Rote Kreuz eine fünfköpfige Familie drei Monate lang mit Nahrung versorgen. Jeder zusätzliche Mitarbeiter in der Botschafter kostet uns pro Monat ein vielfaches davon. Auch deshalb sollten wir uns sehr genau überlegen, wie wir unsere begrenzten Mittel am effektivsten einsetzen und wie wir den meisten Menschen helfen können.
Was nun Ihre Frage hinsichtlich einer Anfrage an das Auswärtige Amt angeht, so möchte ich Sie bitten, sich direkt an den für Sie zuständigen Bundestagsabgeordneten, meinen Kollegen Alexander Hoffmann MdB zu wenden. Ich habe sein Büro bereits über Ihre Anfrage informiert. Sie erreichen ihn unter: alexander.hoffmann@bundestag.de
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Lindholz, MdB