Frage an Andrea Gerlach von Thomas S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Guten Tag Frau Gerlach
immer mehr Lehrkräfte werden in Hessen nur noch mit befristeten Verträgen eingestellt.
"Mehr als 5000 Lehrerinnen und Lehrer in Hessen sitzen lediglich auf einer befristeten Stelle – und damit fast jede zehnte Lehrkraft. (...) Die Zahl sei von rund 4900 auf etwa 5300 gestiegen.
Die Opposition wertete die Zunahme als Beleg dafür, dass die Arbeitsbedingungen der Pädagogen schlecht seien. Minister Lorz widersprach. Es gebe mehr Befristungen, weil es insgesamt so viele Lehrerinnen und Lehrer wie nie gebe. Daher müssten auch mehr Lehrkräfte vertreten werden, etwa wegen Erziehungszeiten oder eines Sabbatjahrs."
Finden Siel es gerecht, dass befristet beschäftigte Lehrer/innen mit 6 Wochen unbezahltem Sommerferien konfrontiert werden, während fest eingestellte Lehrer/innen bezahlten Sommerurlaub genießen?
Ist es fair, dass bei gleicher Arbeitsleistung unbefristet eingestellte Lehrer/innen 12 , befristet eingestellte Lehrer/innen nur 10,5 Monatsgehälter erhalten?
Was kann diese Ungleichbehandlung für das Arbeitsklima an hessischen Schulen bedeuten?
"Die GEW kritisiert die Praxis, Lehrpersonal „auf Kosten der Sozialkassen“ während der Sommerferien in die Arbeitslosigkeit zu schicken. Für die betroffenen Lehrer bedeute dieses Sparmodell andauernde Unsicherheit und unbezahlte Arbeit, die Schulen könnten den Unterricht für das kommende Schuljahr nicht adäquat planen."
Wie werten Sie diese Kritik?
Ist Ihnen vorstellbar, was die benannte Unsicherheit für die betroffenen Lehrer/innen bezogen auf deren Existenz und Familienplanung bedeuten kann?
Werden Sie sich für generell unbefristete Arbeitsverträge für Lehrer an hessischen. Schulen einsetzen?
Viele Grüße, T. S.
Sehr geehrter Herr S.,
ich danke Ihnen, für die Fragen, die Sie an mich richten.
Am 23.05. habe ich an der GEW Aktion: Übergabe der Resolution zu den
Überlastungsanzeigen der Lehrkräfte in Offenbach teilgenommen. Dies nicht
ohne Grund, sondern weil ich um das Problem weiß.
Ich sehe Defizite in der Lehrer*innenausbildung. Seit über zehn Jahren
wurde die Lehrer*innenausbildung kaum noch Beachtung geschenkt. Es wurden
weniger Lehrer*innen ausgebildet, sogar Tarif-stellen abgebaut. Die
Schulentwicklungspläne werden im Kreis auf zehn Jahre fortgeschrieben...ich
sehe das alles und es lässt mich den Kopf schütteln.
Jede Lehrkraft muss verbeamtet werden. Es darf nicht sein, dass sich
Menschen sechs Wochen arbeitslos melden müssen. Was Minister Lorz sagt, ist
für mich gelinde gesagt, Hohn und Spott. Die damit einhergehende Besoldung
und die aktuelle Praxis ebenfalls!
Dies ist mir deutlich bewusst und ich unterschreibe jeden einzelnen Antrag
der SPD Fraktion (federführend Christoph Degen) der letzten
Legislaturperiode. Insofern die SPD nach gewonnener Wahl gestalten kann,
werde ich - sowie die gesamte Fraktion - einen Aktionsplan zur Einstellung
von mehr Lehrer*innen auf den Weg bringen und natürlich nachdrücklich nicht
prekär beschäftigt.
Zu Ihrer Frage:
"Ist Ihnen vorstellbar, was die benannte Unsicherheit für die betroffenen
Lehrer/innen bezogen auf deren Existenz und Familienplanung bedeuten kann?"
Ja, Herr S., es ist mir durchaus klar! Ich besuche zahlreiche Schulen
im Wahlkreis und spreche mit den Lehrkräften!
Die Situation an den hessischen Schulen ist mir also bekannt. Die
technische Ausstattung, die (mangelnden) räumlichen Kapazitäten, die
fehlenden Ruhephasen der Lehrkräfte, die Ungerechtigkeit der Besoldungen
(auch der einzelnen Schulzweige), die fehlenden Schulsozialarbeiter*innen,
die zahlreichen Container Lösungen,...all das ist mir bewusst. Ich finde es
unsäglich und werde mich natürlich nachdrücklich dafür einsetzen, dass wir
mehr Ganztagsschulen Profil 3 bekommen, dass die Lehrer*innen anständig
bezahlt werden und die Arbeitsbedingungen in Gänze erträglich für alle
werden, die im Bildungsbereich arbeiten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen Eindruck vermitteln, wo ich in dieser
Sache stehe.
Beste Grüße
Andrea Gerlach