Frage an Alois Bauer von Veronika G. bezüglich Bildung und Erziehung
Die Situation an den Schulen in Bayern ist unbefriedigend. Bei Klassenstärken von 30 - 33 Schülern besonders an den weiterführenden Schulen können die Lehrer nicht mehr auf den einzelnen eingehen. An den Hauptschulen gibt es zu wenig individuelle Fördermöglichkeiten. Schüler, die von zu Hause wenig Unterstützung erfahren, bräuchten vielfältige Hilfestellungen. In der Presse wird die Hauptschule oftmals schlecht geredet. An den Grundschulen sorgt das derzeitige Übertrittsverfahren für großen Druck sowohl auf die Schüler als auch auf die Lehrer. Zudem stehen die Lehrkräfte von allen Seiten in der Kritik und werden für viele Versäumnisse der Gesellschaft verantwortlich gemacht.
Welche Vorschläge haben Sie und Ihre Partei, um die Situation der Schulen zu verbessern?
Sehr geehrte Frau Gumpp,
auch ich sehe als Vater von Zwillingen in der zweiten Klasse die Verhältnisse als problematisch an und keineswegs so erfolgreich, wie das das Kultusministerium gerne darstellt. Die hohe Zahl von Schulabgängern ohne Abschluss spricht hier eine klare Sprache.
Deshalb muss jedes Kind ein Anrecht auf individuelle Förderung bekommen. Unser Grundsatz lautet Fordern, Fördern und Ermutigen. In den Ländern mit guten Schulerfolgen stehen den Lehrern und Schülern mehrere zusätzliche Helfer (Studierende, Förderlehrer, nebenamtliche Helferlnnen, freiwillige Aktiv-Senioren etc.) an der Seite, um leistungsfähigen Schülern zusätzliche Anregungen zu vermitteln, oder hilfsbedürf- tigen Schülern den Stoff nahezubringen. Unabhängig vom Schulsystem wäre das auch in unseren bayerischen Schulen sinnvoll.
Unterschiedliche Vorbildung in den Elternhäusern und immer häufiger auftretende Lernstörungen und soziale Probleme machen andere Unterrichtsmethoden notwendig und verlangen intensivere erzieherische Bemühungen. Das geht nur in kleineren Klassen. Wir fordern Klassenstärken von 20 Kindern bzw. Jugendlichen. Bei mehr als 25 Schülerinnen/Schülern ist die Klasse zwingend zu teilen.
Die Vielzahl der neuen Erziehungsprobleme, aber auch die ganz normalen Pubertätsfragen belasten den täglichen Schulalltag und behindern oft den Lernfortschritt. Deshalb muss zumindest an allen Hauptschulen eine Sozialpädagogenstelle eingerichtet werden.
Viele Eltern, Lehrer und Kinder klagen zu Recht darüber, dass heute schon in der frühen Grund- schule alles unter dem Druck der "großen Entscheidung" nach der 4. Klasse steht. Das hemmt die Lernfreude durch unnötigen Stress. Wir wollen deshalb, dass zwar das gegliederte Schulsystem erhalten bleibt, aber die Entscheidung für diese oder jene Schulart entkrampft wird. Mit einer "doppelten Orientierungstufe" kann das gelingen:
Nach der vierten Grundschulklasse können sich die Kinder entweder für die "Orientierungstufe HS/RS" entscheiden und dann nach der 6. Klasse auf die Hauptschule (HS) oder die Realschule (RS) wechseln. Sie können bei entsprechender Neigung und Begabung nach Klasse 4 aber auch die "Orientierungsstufe RS/GyW´ wählen und nach der 6. Klasse entweder auf das Gymnasium oder die Realschule wechseln. In jedem Fall bleiben die Vorzüge des gegliederten Schulsystems erhalten, während sein Hauptmangel, die frühe Laufbahnentscheidung, vermieden wird.
Die Lehrpläne aller Schularten müssen auf die Relevanz der Inhalte für die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen hin überprüft und gekürzt werden. Dies gilt vor allem für das 8-stufige Gymnasium, aber auch für die Grund- und Hauptschulen, in denen das entdeckende und an Projekten orientierte Lernen Vorrang vor dem stupiden Abhaken von inhaltlichen Lernzielen hat.
In der Hoffnung auf baldige Besserung der Zustände verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Alois Bauer
aloisbauer@gmx.net