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Frage von Wolfgang Hendrik D. •

Frage an Ali Atalan von Wolfgang Hendrik D. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

ist es richtig, dass Sie der Glaubensgemeinschaft der Jeziden angehören, wie in den Medien berichtet wird?

Falls ja, wie bewerten Sie die Behauptung, dass die Verbindung einer Jezidin mit einem Nicht-Jeziden von der jedizischen Gemeinschaft u.a. mit einem sogenannten "Ehrenmord" sanktioniert werden kann oder darf.

Sind Ihnen solche Fälle von "Ehrenmord" mit jezidischem Hintergrund in Deutschland/Nordrhein-Westfalen bekannt geworden?

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang H. Deuling

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Deuling,

danke für Ihre Nachfrage. Ich selbst gehöre der yezidischen Glaubensgemeinschaft an, bin aber grundsätzlich eher ein religionskritischer Mensch. Trotzdem freue ich mich über die Gelegenheit, an dieser Stelle einen Beitrag dazu zu leisten, einige falsche Eindrücke zu korrigieren.

So genannte ‚Ehrenmorde‘ werden auch in der yezidischen Religion nicht als ‚ehrenhaft‘ angesehen oder von ihr entschuldigt; das ist im Yezidentum nicht anders als in anderen Glaubensrichtungen, Mord ist überall Mord. ‚Ehrenmorde‘ sind genau wie Blutfehden und ähnliches ein Überbleibsel vormoderner, patriachaler Gesellschaftsformen in den Köpfen einiger Individuen. ‚Ehrenmorde‘ sind grundsätzlich nicht bedingt durch Kultur oder Religion, es geht dabei hauptsächlich um alte Vorstellungen von männlicher Autorität und dem Status der Familie, nichts Anderes. Ich verurteile solche unmenschlichen Denkweisen und Handlungen aufs Schärfste, gleichgültig welche Begründungen angeführt werden. Für Mord, Gewalt und Unterdrückung gibt es keine Entschuldigung.

Zugleich wehre ich mich aber entschieden dagegen, dass jetzt gegen eine kulturelle Minderheit teilweise gehetzt wird, als wären alle ihre  Angehörigen potenzielle Ehrenmörder oder würden ihre Töchter unterdrücken. Es ist jedes Mal ein Alarmzeichen, wenn eine Gesellschaft den Angehörigen einer Religion oder Kultur unterstellt, furchtbare Geheimnisse zu haben. Das bedient die Sensationsgier und schafft Vorurteile und Gräben in der Gesellschaft.

Wer als Angehöriger einer Minderheit im Herkunftsland unterdrückt und verfolgt wurde, kann geradezu traumatisiert werden, wenn er oder sie jetzt mit pauschalen Vorurteilen zu kämpfen bekommt. Das hilft der großen Mehrheit der Yeziden bestimmt nicht, die modern denken, sich auch als Teil dieser Gesellschaft verstehen und auch ihren Beitrag dazu erbringen. Solche Vorurteile gegen eine ganze Community wären sicherlich auch nicht im Sinne des ermordeten Mädchens, die ja selbst Yezidin war. Es geht vielmehr darum, die yezidischen Frauen zu stärken.

Mit freundlichen Grüßen
Ali Atalan MdL