Frage an Alexandra Scherer von Dr.Stefan S. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Scherer,
ich habe gehört, die Familienpartei will künftig mit der ödp zusammengehen. Stimmt das ? Besteht da eine Kongruenz der familienpolitischen Ansichten ? Welche zusätzlichen Impulse für die Familienpolitik wird der Zusammenschluß geben ? Wie stehen Sie zu der Forderung, daß Kindergarten, Schule, Ausbildung und Studium für alle Bürger frei sein sollen ?
Was würden Sie als Bundestagsabgeordnete tun, damit Deutschland kinderfreundlicher wird und junge Familien sich gern und ohne große finanzielle Opfer Kinder anschaffen können ?
Was halten Sie in ethischeer Hinsicht von Bestrebungen, mit Hilfe der Gentechnik "Wunschbabys" zu "züchten" ?
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Spaarmann
Lieber Herr Spaarmann,
vielen Dank für Ihre Fragen! Ich freue mich immer, wenn sich für Familienpolitik interessieren.
Nun zu Ihren Fragen:
Es stimmt, daß die ödp nicht zu den Bundestagswahlen antritt stattdessen eine Wahlempfehlung für die Familienpartei Deutschlands ausgesprochen hat. Allerdings ist eine gemeinsame Zukunft noch nicht beschlossen.
Die Familienpolitik der ödp ist relativ nahe an den Ansichten der Familienpartei, weshalb die ödp die Wahlempfehlung auch ohne Bedenken aussprechen konnte.
Meiner Meinung nach sind gut ausgebildete Menschen das Fundament unserer Gesellschaft. Um die Chancengleichheit für alle Kinder zu gewährleisten, sollte die Ausbildung nicht vom Gehalt der Eltern abhängen. Stattdessen sollte die Ausbildung von der Allgemeinheit finanziert werden. Dies kann wiederrum über zwei Wege erfolgen: die entsprechende finanzielle Unterstützung der Eltern oder das kostenlose Ausbildungsangebot. Welches der jeweilige sinnvollere Weg ist, muß für den Einzelfall (Kindergarten, Schule etc.) geklärt werden, allerdings sollte klar sein: Wir dürfen nicht nur die Eltern mit den teuren Kosten einer Ausbildung (Büchergeld, Kindergartengebühren etc.) belasten, auch Bürger, die keine Kinder haben, müssen ihren Beitrag leisten.
Familienpolitik auf Bundesebene zu vertreten ist ein sehr schweres Unterfangen. Da ein Großteil der Bildungspolitik auf Länderebene entschieden wird, ist es derzeit ein eher weniger einflußreiches Ministerium. Renate Schmidt ist eine von mir sehr hoch geschätzte Politikerin, die sehr viel für die Frauen in Deutschland getan hat. Allerdings fehlen dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Kompetenzen für schwerwiegende Entscheidungen. Es ist eher ein "Alibi"-Ministerium für alle, die Schutz bedürfen.
Wir fordern eine eigenes Familienministerium, dem sämtliche Verantwortlichkeiten bezüglich Erziehung, Bildung und Ausbildung zugesprochen werden.
Auch muß die finanzielle Gleichstellung von Familien mit Bürgern, die keine Kinder haben, oberste Priorität im Staatshaushalt haben. Finanzielle Gleichstellung bedeutet, daß Kinderlose den gleichen Beitrag für die Zukunft unserer Kinder leisten müssen wie Eltern. Dementsprechend sollten sämtliche Lohnnebenkosten angepaßt werden, daß Bürger, die Kinder erziehen, entlastet werden, während Bürger, die keine Kinder haben, belastet werden. Natürlich steht jedem weiterhin frei zu entscheiden, ob er Kinder möchte oder nicht.
Neben des neuen finanziellen Anreizes muß sich natürlich auch die Gesellschaft etwas auf die Familien zu bewegen.
Wir brauchen die Mithilfe aller Bürger. Nicht die Politik kann die Bürger ändern, aber die Bürger können die Politik ändern.
Ein Vorzeigebeispiel in Sachen Bürger-Engagement ist wohl das schwäbische Nürtingen.
Wir brauchen JEDEN! Was sind denn Politiker ohne Bürger? - Wertlos. Es geht doch nicht um Parteien und Macht, sondern um gesellschaftliche Ziele. Es geht um die Sicherung einer Zukunft für uns und unsere Kinder.
Selbst wenn die Union an die Regierung kommt, wird es keine familienfreundlichere Politik geben.
Die kinderlose Kanzlerkandidatin Frau Angela Merkel hat erst letzten Monat das Bestreben ihrer eigenen Parteikolleginnen abgeschmettert, ein kostenloses Kindergartenjahr einzuführen mit dem Kommentar es sei "sicher sinnvoll, wenn wir mehr Geld zur Verfügung hätten". Das ist eben eine eindeutige Fehlordnung der Prioritäten.
Was ich persönlich tun würde, wenn ich als Direktkandidatin gewählt werden würde? Die Ausgliederung des Familienministeriums aus dem Ministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend sowie die Zusammenlegung mit der Bildungssparte des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, wäre sicher für mich als (wahrscheinlich) fraktionsloses Mitglied der Familienpartei ein sehr schweres Unterfangen. Als "neutrales" Mitglied des Bundestages kann ich allerdings vermittelnd tätig werden zwischen den etablierten Parteien, ihnen die notwendigen Maßnahmen vorschlagen und an das familiäre Gewissen der andern Mitglieder appellieren. Ich denke nicht, daß irgendjemand heutzutage die Auge vor dem demographischen Problem verschließen kann und seine Bedeutung für eine Zukunft in Deutschland für uns und unsere Kinder verkennt. Wie Herr Köhler in seiner Rede so schön gemeint hat: "Wir haben zu wenig Kinder....Demokratie heißt,
die Wahl zu haben zwischen politischen Alternativen. Machen Sie von Ihrem Wahlrecht sorgsam Gebrauch.".
Am 18.9.05 haben Sie die Wahl!
Nach all meinen Ausschweifungen zu Ihrer letzten Frage, Herr Spaarmann:
Ich bin gegen jegliche Art der "Züchtung" von Menschen. Gerade Sie als Naturwissenschaftler wissen sicherlich, wozu die Gentechnik schon heute fähig wäre. Das sollten wir auf jeden Fall verhindern.
Auch denke ich, daß das genetische Material nicht standardmäßig gespeichert werden darf. Schwerverbrecher mögen hier notwendige Ausnahmen bilden, aber von jeder weiteren Speicherung von persönlicher Erbgutinformation ist strikt abzusehen.
Viele Grüße aus München
Alexandra Scherer