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Alexander Radwan
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Frage von Stephan S. •

Frage an Alexander Radwan von Stephan S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Radwan,

ich hätte gerne eine Stellungnahme zum Passus 4 des zwischen der EU und der Türkei ausgehandelten Abkommens zur Bewältigung der Migrationskrise:
"Wenn die irregulären Überfahrten von der Türkei in die EU gestoppt oder zumindest substanziell und nachhaltig reduziert wurden, wird ein ,Freiwilliges Humanitäres Aufnahmesystem´ aktiviert. Dazu tragen die EU-Mitgliedstaaten freiwillig bei."
Ich - und keiner in meinem Umfeld - versteht nämlich wozu dann überhaupt ein (kostspieliger) "Deal" ausgehandelt wurde, wenn in dem Deal selbst steht, dass automatisch ein System gestartet wird, welche alle vorher illegalen Migranten dann als "legale" Migranten nach Europa ("freiwilliges Europa" = Deutschland) schicken wird? Kann mir ein politisch erfahrener Sachverstand bitte diesen Sinn erläutern - denn mir erschließt sich keiner.

Vielen Dank.
mfg
Stephan Schleitzer

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Schleitzer,

Ihre Frage zum EU-Türkei-Aktionsplan, der auf dem Gipfel am 18. März 2016 beschlossen wurde, habe ich dankend erhalten.

Das Abkommen zielt darauf ab, das Geschäftsmodell der Schleuser zu zerschlagen, irreguläre Migration aus der Türkei in die Europäische Union (EU) zu beenden und den wirklich schutzbedürftigen Flüchtlingen eine Alternative zu bieten, die nicht voraussetzt, dass sie bei der illegalen Einwanderung über das Mittelmeer ihr Leben aufs Spiel setzen.

Das Abkommen sieht vor, dass alle Migranten, die auf den griechischen Inseln ankommen und kein Asyl beantragen oder deren Antrag als unbegründet oder unzulässig abgelehnt wird, in die Türkei zurückgeführt werden (Passus 1). Lediglich für jeden rückgeführten Syrer wird ein anderer Syrer aus der Türkei in die EU umgesiedelt. Die Auswahl der Menschen, die aus der Türkei in die EU umgesiedelt werden, erfolgt nach Kriterien der Vereinten Nationen (Passus 2) und wird im Rahmen eines gemeinsamen Mechanismus unter Beteiligung des VN-Flüchtlingshilfswerkes UNHCR, der EU-Kommission und von Agenturen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten umgesetzt. Es kommen folglich nur syrische Flüchtlinge in die EU, deren besondere Schutzbedürftigkeit vor Einreise ausdrücklich nachgewiesen wurde.

Das 1:1-Umsiedlungsverfahren findet auf der Basis bestehender Aufnahmezusagen statt (derzeit noch ca. 72.000 unbelegte Plätze). Erst wenn dieses Kontingent aufgebraucht und die Zielsetzung des Abkommens, irreguläre Grenzüberquerungen zwischen der Türkei und der EU zu beenden und das Geschäftsmodell der Schleuser zu zerschlagen, erreicht sind, greift der von Ihnen angesprochene Passus 4. Über die Regelung zur freiwilligen Aufnahme über bestehende Kontingente hinaus wird dann gesondert verhandelt.

Für die CSU ist klar, dass ein Flüchtlingskontingent – egal ob es sich um das 72.000-Plätze umfassende bestehende Kontingent oder ein mögliches weiteres nach Passus 4 handelt – in ganz Europa verteilt werden muss, und nicht nur nach Deutschland. Mit dem Abkommen sind die europäischen Regierungschefs einer europäischen Lösung zwar näher gekommen, am Ende des Prozesses muss aber neben einer deutlichen Reduktion der Flüchtlingszahlen eine faire Lastenverteilung stehen. Das Abkommen darf für die Türkei kein Freifahrtschein sein: Die CSU stellt sich ausdrücklich gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU sowie gegen vollständige Visafreiheit.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnte.

Mit freundlichem Gruß

Alexander Radwan, MdB

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