Frage an Alexander Radwan von Ekkehart S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Radwan,
Ich entnehme der Tagespresse dass geplant ist, die Fernstraßen in Deutschland an eine staatliche Fernstraßenagentur zu übertragen, die sich aus Mautgebühren finanziert und ihre Investitionen über den Kapitalmarkt, insbesondere über Lebensversicherungen finanziert.
Eine solche Finanzierung über private Investoren (die ja vernünftigerweise an der Kreditvergabe verdienen möchten) wäre wesentlich teurer als eine Finanzierung über Staatsschulden, denn der Staat kann gegenwärtig Kredite zu 0,5% Zinsen aufnehmen, während die Kredite von Finanzunternehmungen ein Vielfaches kosten würden. Das wäre übrigens auch bei einem höheren Zinsniveau der Fall, denn der Staat kann sich immer billiger verschulden als andere Kreditnehmer.
Letztlich handelt es sich bei der Kreditaufnahme für staatliche Infrastrukturinvestitionen immer um Staatsschulden, egal ob der Staat sie direkt macht oder ob er ein staatliche Unternehmen zwischenschaltet. Wäre es nicht besser, den Straßenbau wie bisher durch staatliche Kreditaufnahme zu finanzieren statt die Schuldenbremse auf diese fragwürdige und, vor allem, teure Art zu umgehen? Ich würde Sie deshalb bitten, sich dafür einzusetzen, dass die Schuldenbremse im Grundgesetz durch die alte Regelung ersetzt wird, wie es früher in Artikel 115 Absatz 1 Satz 2 festgelegt war:
"Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts."
und das alle Staatsschulden korrekt und transparent ausgewiesen werden.
Ich wäre Ihnen dankbar wenn Sie Ihre Haltung zu dieser Problematik kurz erläutern und begründen könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Ekkehart Schlicht
Sehr geehrter Herr Prof. Schlicht,
Ihre Frage bei abgeordnetenwatch.de vom 20.02.2015 zum Thema „Verkehr und Infrastruktur“ habe ich dankend erhalten. Vorausschicken darf ich, dass ich ganz grundsätzlich die Meinung des Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt MdB teile, dass zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben zum Erhalt und zur Verbesserung der Infrastruktur in Deutschland künftig (noch mehr) auf die Beteiligung der Privatwirtschaft gesetzt werden muss. Nur unter Einbeziehung Privater (in sog. Öffentlich-Private Partnerschaften) kann der gewaltige Investitionsstau im Bereich der Verkehrsinfrastruktur aufgelöst werden. Die der öffentlichen Hand zur Verfügung stehenden Mittel reichen bei Weitem nicht aus, diesen Investitionsstau allein zu lösen. Deshalb wollen wir als CSU neben der konventionellen Beschaffungsvariante grundsätzlich die Nutzerfinanzierung stärken und mehr private Investitionen mobilisieren.
Dies vorausgeschickt ist zuzugeben, dass nicht auszuschließen ist, dass die reinen Finanzierungskosten bei Öffentlich-Privaten Partnerschaften höher liegen, als bei einer konventionellen Beschaffung, insbesondere vor dem Hintergrund des von Ihnen zurecht angesprochenen niedrigen Zinsniveaus. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei Öffentlich-Privaten Partnerschaften eine Risikoübertragung auf den privaten Investor stattfindet. Gleichsam zeichnen sich Projekte unter Einbeziehung privater Investitionen erfahrungsgemäß durch hohe Terminsicherheit und damit schnelle (mitunter sogar vorzeitige) Verfügbarkeit der Verkehrsinfrastruktur aus. Auch zu Kostensteigerungen – wie leider bei vielen Projekten bei konventioneller Beschaffung beobachtbar – kommt es in der Regel nicht.
Zur Schuldenbremse: Ich teile Ihre Auffassung, dass die Verbindlichkeiten aller staatlichen Institutionen und Ebenen vollständig und transparent erfasst und dargestellt werden müssen. Dies stellt aber meines Erachtens keinen Widerspruch zu Modellen wie der Öffentlich-Privaten Partnerschaften dar, vorausgesetzt, die wechselseitigen Verpflichtungen der Vertragspartner (und somit auch des Staates) werden hierbei eben gleichsam vollständig und transparent erfasst.
Mit freundlichem Gruß
Alexander Radwan, MdB