Frage an Alexander Krauß von Cedrick K. bezüglich Gesundheit
Hallo Herr Krauß,
sie wurden von Dieter Vogt gefragt, warum Sie sich beim Erfolg der Cannabisprohibition nicht vorranging am aktuellen, einheitlichen wissenschaftlichen Kenntnisstand orientieren.
Ihre Antwort: "es gibt eben kein einheitliches Ergebnis aller wissenschaftlichen Publikationen zu diesem Thema. Dies habe ich Ihnen in der vorherigen Antwort dargelegt, indem ich Literatur aufgeführt habe, welche Ihrer Meinung widerspricht."
Ich habe mir die Werke angesehen und keinen einzigen wissenschaftlich relevanten Beleg für den Erfolg der Cannabisprohibition darin gefunden.
Könnten Sie bitte auf die genauen Stellen verweisen und erklären, wie hier wissenschaftlich belegt werden soll, dass in Ländern mit repressiver Cannabispolitik im Durchschnitt weniger konsumiert wird, als in Ländern mit liberaler Cannabispolitik?
Und was mir noch viel wichtiger wäre (das wurden Sie schon mehrere Male hier gefragt und haben nie ein einziges Wort dazu verloren): bitte erklären Sie mir ausführlich, warum Sie sich lieber an diesen Belegen orientieren, anstatt an den genannten Studien der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle usw., denen zufolge kein Zusammenhang zwischen Cannabisprohibition und Prävalenzraten des Konsums besteht. Erklären Sie hierzu z.B., was an den Untersuchungsmethoden, die zu den Ergebnissen Ihrer Belege geführt haben, besser sein soll, als an den Untersuchungsmethoden der Studien der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle.
Oder haben Sie erneut versucht, etwas als Beleg anzuführen, das überhaupt nichts von dem belegt, worum es ging (siehe Anfragen von Kevin Pan)?
Der Schildower Kreis schreibt jedenfalls, dass alle wissenschaftlich relevanten Untersuchungen belegen, dass die Cannabisprohibition gescheitert ist (www.schildower-kreis.de/manifest). Das haben hunderte deutsche Strafrechtsprofessoren und viele weitere Experten unterschrieben.
Wer lügt also? Sie bzw. die CDU oder der Schildower Kreis? Ich bin gespannt auf Ihre Antwort.
C. K.
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die CDU und CSU halten konsequent am Ziel eines suchtfreien Lebens fest. Forderungen nach Drogenfreigabe sind daher keine verantwortliche Alternative zur Suchthilfe. Wir sind gegen Verharmlosung, Liberalisierung und Legalisierung illegaler Drogen, weil der erleichterte Zugang zu Drogen erst recht zum Konsum verleitet. Einen regulierten Markt für Cannabisprodukte lehnen wir ab. Wir haben aber die gesetzliche Grundlage für Cannabis als Medizin und für die Kostenübernahme durch die Krankenkassen geschaffen. Dies hilft den Betroffenen unmittelbar.
In der Tat liegt bezüglich der von Ihnen angesprochenen Thematik kein einheitlicher wissenschaftlicher Kenntnisstand vor. Es handelt sich vielmehr um ein im hohen Maße kontroverses Thema. Die Tatsache, dass die Debatte mitunter sehr emotional geführt wird, verstärkt dies zusätzlich.
Zur Ergänzung der von mir bereits aufgeführten Quellen möchte ich anbei noch einige weitere aufführen, welche bezüglich verschiedener Aspekte der besprochenen Problematik relevant sind:
Gründe für die Cannabisprohibition sind:
Statistisch:
Eine Freigabe von Cannabis kann den privaten Konsum erhöhen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie. Französische Forscher legten eine Untersuchung vor, in der sie die Folgen einer Cannabis-Legalisierung in den US-Bundesstaaten Colorado und Washington sowie im südamerikanischen Uruguay untersuchen.
In Colorado und Washingon ist Marihuana seit 2012 zum privaten Konsum legal erhältlich. Uruguay verabschiedete 2013 ein ähnliches Gesetz, seit Juli können Konsumenten dort Cannabis rezeptfrei in der Apotheke kaufen.
Während in den US-Bundesstaaten der Konsum der Droge nur bei Erwachsenen zunahm, galt dies in Uruguay auch für sehr junge Konsumenten. In Colorado und Washington seien deutlich mehr Menschen wegen einer Überdosis in Krankenhäuser eingeliefert worden, schreiben die Experten der französischen Drogenbeobachtungsstelle OFDT und des Instituts für Sicherheits- und Justizstudien Inhesj. Dies hänge mit dem gesunkenen Risikobewusstsein zusammen.
Die Studie:
https://en.ofdt.fr/BDD/publications/docs/eisaiox3.pdf
Gesundheitlich:
Laut der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler: „In der öffentlichen Debatte werden die Folgen des Konsums zu Rauschzwecken von Cannabis häufig verharmlost. Die Möglichkeiten des medizinischen Einsatzes sind bisher auf bestimmte Indikationen begrenzt. In beiden Bereichen ist mir an einer klaren und realistischen Sicht der Dinge gelegen: Regelmäßiges Kiffen ist gerade für Kinder und Jugendliche wirklich gefährlich. Die Entwicklung einer Cannabisabhängigkeit ist keine Seltenheit, das Risiko für psychische Störungen, wie etwa Depressionen, Angsterkrankungen und Psychosen erhöht sich. Das gilt zumindest bis zum Abschluss der Gehirnentwicklung mit Anfang 20. Ein anderes Thema ist Cannabisarznei: Medizinalhanf kann die Übelkeit oder Appetitlosigkeit von Krebs- oder HIV- Patienten lindern. Auch bei chronischen Schmerzpatienten kann es zu einer leichten Schmerzreduzierung kommen. Bei verschiedenen anderen Krankheiten, die im Moment diskutiert werden, sind solche Wirkungen nicht nachgewiesen. Wir müssen auf jeden Fall intensiver über die Gefahren des Cannabiskonsums aufklären und die medizinische Versorgung cannabisabhängiger Menschen verbessern.“ „Wir sehen eine erstaunlich rasante Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Wirkung von Cannabinoiden, den Inhaltsstoffen der Hanfpflanze Cannabis sativa“, meint Privat-Dozentin Dr. Eva Hoch. Die Leiterin der Meta-Studie hat gemeinsam mit ihrer Forschergruppe und 30 nationalen und internationalen Experten über 2000 wissenschaftliche Studien ausgewertet.
„In den letzten 10 Jahren ist vor allem ein deutlicher Anstieg der wissenschaftlichen Literatur zu vermerken, die sich mit den Risiken des Cannabiskonsums zu Rauschzwecken befasst“, berichtet Dr. Eva Hoch. In der Studie wird ein detailreiches Bild unterschiedlich ausgeprägter Risiken für akuten und chronischen Konsum aufgezeigt. So finden sich z.B. eindeutige Einschränkungen in der Gedächtnisleistung, der Aufmerksamkeit und der Psychomotorik. Organisch kann sich Cannabis negativ auf die Atemfunktion und das Herz-Kreislaufsystem auswirken (z.B. Herzinfarkt und Bluthochdruck). Cannabiskonsum steht auch im Zusammenhang mit Einbußen im Bildungserfolg und kann abhängig machen. Besondere Risiken liegen im frühen Konsumbeginn in der Adoleszenz, intensiven Gebrauchsmustern sowie dem Co-Konsum von Tabak.
Pressemitteilung:
www.drogenbeauftragte.de/fileadmin/dateien-dba/Drogenbeauftragte/4_Presse/1_Pressemitteilungen/2017/2017_IV_Quartal/2017-11-28_PM_Capris.pdf
Zudem kommt eine WHO-Studie zu folgenden Ergebnissen:
Kurzzeitfolgen:
- Cannabis kann zu Panikattacken, kurzweiliger Euphorie, Halluzinationen und Brechreiz führen
- Bewusstseins-, Verhaltens- und Wahrnehmungsstörungen, verzögerte Reaktionszeiten können auftreten
- In der letzten Studie der WHO aus dem Jahr 1997 konnte noch nicht eindeutig der Zusammenhang zwischen einem erhöhten Unfallrisiko und Cannabis verifiziert werden, wohingegen aktuelle epidemiologische Studien belegen, dass Autofahrer, die unter Cannabiseinfluss stehen, ihr Unfallrisiko verdoppeln
Langzeitfolgen:
- Cannabis kann eine Abhängigkeit verursachen. Bei Personen, die erstmalig Cannabis konsumieren, liegt das Abhängigkeitsrisiko bei 1:10, bei einem tägl. Konsum bei 1:3
- Eine belegbare Folge ist der Rückzug aus dem alltäglichen Leben, Depressionen, Psychosen / Wahnvorstellungen, allg. Anspannung, erhöhte Selbstmordgefährdung und Krebsrisiken sowie chronisch-obstruktive Bronchitits / Lungenerkrankungen
- Besonders bei Jugendlichen (14-16 Jahre) sind die negativen Folgen eines regelmäßigen Cannabiskonsums und die daraus resultierende Suchtgefährdung weitaus stärker ausgeprägt als bei Erwachsenen
- Auch das Erinnerungsvermögen sowie der IQ leiden unwiderruflich bei dauerhaften Konsum, wie eine Neuseeländische Studie dokumentiert. Darüber hinaus konnten durch MRT Untersuchungen Veränderungen der Hirnstruktur belegt werden.
- Es gibt Studien, welche den Zusammenhang zwischen einem gesteigerten Infarkt- und Schlaganfallrisiko bereits in jungen Jahren und dauerhaften Cannabiskonsum belegen
- Auch die Todesrate bei Langzeitkonsumenten ist um ein Vierfaches höher als das von abstinenten Personen
Ich komme also zu der Überzeugung, dass eine Liberalisierung von Cannabis vor allem zu einem gesteigerten Umlauf der Droge führen würde, welcher dann ebenso steigenden Konsum und ein vermindertes Risikobewusstsein mit den dementsprechenden Auswirkungen nach sich zöge. Dies kombiniert sich freilich noch mit den gesundheitlichen Risiken. Ich hoffe dies beantwortet schlussendlich Ihre Frage danach, warum ich mich gegen eine Liberalisierung von Cannabis ausgesprochen habe.
Wie und warum ich zu dieser Meinung komme (Auswertung wissenschaftlicher Untersuchungen und Bezug zur Praxis), habe ich hier und an anderer Stelle bereits hinreichend erklärt.
Mit einem herzlichen Glückauf grüßt Sie
Alexander Krauß MdB