Frage an Alexander Hoffmann von Christian W. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
ich wende mich an Sie, da Sie Mitglied im Ausschuss "Recht und Verbraucherschutz" sind.
Ich beschäftige mich zur Zeit mit dem Thema Altersvorsorge. Hier gibt es bekanntlich verschiedene Möglichkeiten, welche zum Teil von staatlicher Seite gefördert (Riesterrente), bzw. steuerlich begünstigt (private Rentenversicherung, Betriebsrente) sind.
Diese Vorsorgemöglichkeiten haben allerdings alle eines gemeinsam. Sie zwingen den Versicherten zum Abschluss bei einem Versicherungs- oder Bankinstitut (Ausnahmen sind hier z.B. betriebliche Pensionsfonds, welche allerdings nur von wenigen, sehr großen Arbeitgebern angeboten werden).
Damit verbunden sind die üblichen Abschluss- und Verwaltungskosten für den Versicherten.
In die von den Versicherern gewählten Anlageformen (z.B.Staatspapiere, Fonds, Sparkonten) könnte ich als Verbraucher auch direkt investieren und meine Ersparnisse dort bis zur Rente ansparen. Eine steuerliche Förderung gibt es hier nicht, die Abgeltungssteuer wäre nach aktueller Rechtslage auf alle Erträge zu zahlen.
Darum meine Frage:
Warum werden nur Vorsorgemaßnahmen gefördert, die zu Umsätzen für die Finanzindustrie führen? Warum gibt es für eine eigenständig aufgebaute Altersvorsorge keine Förderung, die der Förderung von Rentenversicherungsprodukten entspricht (z.B. wie bei der privaten Rentenversicherung: ab einer Anlagedauer von mind. 12 Jahren und lebensalterabhängigem Gewinnanteil)?
mit freundlichen Grüßen
Christian Waag
Sehr geehrter Herr Waag,
danke für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte.
Die Förderbestimmungen für die Altersvorsorge wurden 2001 im Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz, kurz AltZertG) geregelt. Die in diesem Gesetz benannten Voraussetzungen für förderungsfähige Altersvorsorgeverträge auf privater Basis müssen von den jeweiligen Anbietern - für die ebenfalls hohe Standards angesetzt wurden - erfüllt werden, damit deren Angebote mit der von Ihnen angesprochenen Förderung versehen werden können. Auf Betreiben der Union wurden hierzu in den vergangenen 14 Jahren an den notwendigen Stellen mittlerweile auch Anpassungen vorgenommen.
Der Gesetzgeber hat beim AltZertG bewusst hohe Anforderungen gewählt, um die Altersabsicherung der Vorsorgenden zu gewährleisten. Nicht alle potentiellen Anbieter erfüllen die Anforderungen, die eine Garantie der im Alter auszubezahlenden Beträge gewährleisten müssen. Somit handelt es sich also keineswegs um ein paar wenig auserwählte, denen ein wachsender Markt zugänglich gemacht werden soll. Im Gegenteil, es handelt sich um die Anbieter, die im Sinne des Gesetzgebers die Anforderungen erfüllen und die Altersvorsorge garantieren können. Die Grundlage der Förderung ist es schließlich, einen Anreiz zu schaffen, zusätzlich privat eine Absicherung zu schaffen.
All die geforderten Auflagen können in einer privaten Vorsorge außerhalb der Zertifizierungssystems nicht garantiert werden. Im AltZertG heißt es beispielsweise zu den bisher vorgebrachten Erläuterungen:
"(1) Ein Altersvorsorgevertrag im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zwischen dem Anbieter und einer natürlichen Person (Vertragspartner) eine Vereinbarung in deutscher Sprache geschlossen wird,
2. die für den Vertragspartner eine lebenslange und unabhängig vom Geschlecht berechnete Altersversorgung vorsieht, die nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder einer vor Vollendung des 62. Lebensjahres beginnenden Leistung aus einem gesetzlichen Alterssicherungssystem des Vertragspartners (Beginn der Auszahlungsphase) gezahlt werden darf; [...]
3. in welcher der Anbieter zusagt, dass zu Beginn der Auszahlungsphase zumindest die eingezahlten Altersvorsorgebeiträge für die Auszahlungsphase zur Verfügung stehen und für die Leistungserbringung genutzt werden; [...]
4. die monatliche Leistungen für den Vertragspartner in Form einer
1a) lebenslangen Leibrente oder Ratenzahlungen im Rahmen eines Auszahlungsplans mit einer anschließenden Teilkapitalverrentung ab spätestens dem 85. Lebensjahr vorsieht; die Leistungen müssen während der gesamten Auszahlungsphase gleich bleiben oder steigen; [...]
1b) lebenslangen Verminderung des monatlichen Nutzungsentgelts für eine vom Vertragspartner selbst genutzte Genossenschaftswohnung vorsieht oder eine zeitlich befristete Verminderung mit einer anschließenden Teilkapitalverrentung ab spätestens dem 85. Lebensjahr vorsieht; die Leistungen müssen während der gesamten Auszahlungsphase gleich bleiben oder steigen; [...]"
Sie haben sicher Verständnis dafür, dass ich die Anforderungen und Regelungen hier nicht zur Gänze darstellen kann, jedoch kann man in den aufgeführten Passagen sehr gut das Ansinnen der Begrenzung der staatlichen Förderung ausschließlich für zertifizierte Angebote nachvollziehen.
Um es abschließend noch einmal festzustellen: Es geht dem Gesetzgeber weder um die Unterstützung der Anbieter solcher Vorsorgeverträge, noch um die Benachteiligung derer, die sich auf eine andere Art und Weise für ihr Alter absichern wollen. Im Gegenteil. Durch die eng gesteckten Voraussetzungen für eine Förderung soll eine sichere Altersvorsorge garantiert werden können. Die getroffenen Maßnahmen zur Förderung der Altersvorsorge erlauben dem Gesetzgeber ein gewisses Maß an Kontrolle über Altersvorsorgeprodukte, um mögliche Unwägbarkeiten wie beispielsweise bei anderen privaten Vorsorgemaßnahmen, die außerhalb des Rahmens, der im AltZertG festgelegt wurde, getroffen werden, stets berücksichtigt werden müssen. So kann beispielsweise bei spekulativen Investitionen eine komplette Altersvorsorge wegbrechen.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten und vor allem verdeutlichen, dass es das Anliegen des Gesetzgebers ist, Anreize für eine verlässliche Altersvorsorge zu schaffen und dafür die geeigneten Rahmenbedingungen bereit zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Alexander Hoffmann, MdB