Frage an Alexander Dobrindt von Holger S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Dobrindt,
am Wochenende ist leider wieder eine Motorradfahrerin schuldlos verunglückt. Eine 78 (!)-jährige Autofahrerin hat sie beim Abbiegen übersehen (Bericht des Hessischen Rundfunks von Heute). Ich könnte Ihnen noch zig andere Unfälle dieser oder ählicher Art benennen, worauf ich auf Rücksicht auf Ihre kostbare Zeit verzichte.
Ohne der Fahrerein zu nahe treten zu wollen gehe ich davon aus, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Alter und Fahrtüchtigkeit gibt. In anderen Ländern Europas wird z.B. ab dem Alter von 55 Jahren in regelmäßigen Abständen die Sehkraft geprüft.
Es kannn doch nich sein, dass jemand, der 1919 seinen Führerschein gemacht hat und nie aufgefallen ist, Auto fahren darf bis er tot umfällt ?
Meine Frage:
Was gedenken Sie zur Steigerung der Verkehrssicherheit aller in diesem Zusammenhang zu unternehmen ?
Ihrer Antwort mit großem Interesse entgegensehend verbleibe ich
Mit freundlichen Grüßen
Holger Schlesinger
Sehr geehrte Herr Schlesinger,
ich danke Ihnen für Ihre Frage nach der Steigerung der Verkehrssicherheit im Zusammenhang mit älteren Autofahrern.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur verfolgt die Unfallentwicklung älterer Kraftfahrer seit langem mit großer Aufmerksamkeit. Die Zahlen der Unfallstatistik lassen derzeit nicht den Schluss zu, dass von älteren Kraftfahrern ein erhöhtes Unfallrisiko ausgeht. Die Unfallbeteiligung älterer Kraftfahrer ist deutlich niedriger als die jüngerer Altersgruppen, auch proportional zu ihrem Anteil an der Bevölkerung.
Die relativ geringe Unfallbeteiligung älterer Kraftfahrer ist vor allem darauf zurückzuführen, dass ältere Kraftfahrer ihre mit dem Alter einhergehenden Leistungsbeeinträchtigungen oft kompensieren können. So vermeiden sie etwa Fahrten in der Dämmerung und Dunkelheit und fahren oft nur ihnen vertraute Strecken. Dennoch bedarf dieses Thema einer besonderen Aufmerksamkeit, da der demografische Wandel sich auch auf Deutschlands Straßen widerspiegelt.
Durch die erhöhte Mobilität von Senioren zeigt sich deutlich eine erhöhte Teilnahme am Straßenverkehr. Aus wissenschaftlicher wie auch ökonomischer Sicht würde die Einführung einer altersabhängigen Überprüfung aller Verkehrsteilnehmer (generalpräventiver Ansatz) weder einen Zugewinn an Verkehrssicherheit bewirken noch würde dies den Mobilitätsbedürfnissen älterer Menschen gerecht werden. Der hohe Aufwand, der für die Durchführung regelmäßiger Tests in Deutschland erbracht werden müsste, ließe sich andernorts effektiver für eine Zunahme der Verkehrssicherheit verwenden.
Wichtige Ansprechpartner für die Senioren sind jedoch die Hausärzte, deren Beratungskompetenz zur Fahreignung unterstützt werden sollte. Meiner Meinung nach kommt den Hausärzten eine besondere Bedeutung zu, da ältere Menschen den Rat ihrer Ärzte eher annehmen als etwa die Ratschläge der eigenen Familie. Ärzte, insbesondere Hausärzte, haben eine besondere Verantwortung bei der Beratung der Senioren in Bezug auf die Fahrtüchtigkeit.
Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), eine dem Bundesministerium nachgeordnete Behörde, hat einen Bericht „Handbuch zur Verkehrssicherheitsberatung älterer Verkehrsteilnehmer durch Arzte“ erstellt. Weiterhin hat die BASt die Grundlagen für ein praxistaugliches „Screeningverfahren“ entwickelt, mit dem Hausärzte einschätzen können, ob bei dem Patienten verkehrssicherheitsrelevante Einschränkungen vorliegen könnten. Darüber hinaus wurde eine Weiterbildungsmaßnahme für Hausärzte zur Stärkung der Beratungskompetenz konzipiert und evaluiert, die in den letzten Jahren genutzt und auch bereits zertifiziert wurde. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung bzw. Fertigstellung der o. g. „Instrumente“ ist ein prioritäres Ziel der BASt.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Dobrindt, MdB