Frage an Agnieszka Brugger von Lennart Z. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr Geehrte Frau Brugger,
ich würde Sie gerne nach ihrer Meinung zu einer gemeinsamen EU Armee fragen und wie Sie sich die Zukunft der NATO, evt. mit Hinblick auf die EU-Russland Beziehungen vorstellen.
LG
Z.
Sehr geehrter Herr Z.,
vielen Dank für Ihre Frage. In einer Welt, in der Krisen und Ungleichheit zunehmen und die internationale Ordnung immer stärker in Frage gestellt wird, braucht es eine handlungsfähige Europäische Union mit einer gemeinsamen und glaubwürdigen Stimme für Frieden, Diplomatie und Sicherheit. Die EU muss international stärker als Friedensmacht auftreten. Dafür braucht es vor allem eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik mit Schwerpunkt auf Diplomatie und zivile Krisenprävention.
Es ist aber auch eine wichtige Kernaufgabe der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, für die eigene Sicherheit zu sorgen und zugleich die Vereinten Nationen in ihrer Handlungsfähigkeit, sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich, zu stärken. Dazu gehört auch eine stärkere militärische Zusammenarbeit unter den richtigen Bedingungen. Anstatt konkret darüber zu sprechen, wie besser in Europa zusammengearbeitet werden kann, kommt leider immer wieder eine Debatte über den Begriff einer Europäischen Armee auf. Hier wird versucht, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. Bevor über eine gemeinsame Armee diskutiert werden kann, braucht es einen politischen Überbau und eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Es müssten erst einmal große Fragen wie die Rolle von Nuklearwaffen und die Parlamentsbeteiligung geklärt werden. Ich kann mir derzeit nicht vorstellen, wie eine gemeinsame Europäische Armee mit starkem Parlamentsvorbehalt zustande kommen soll.
Gemeinsam mit meinen grünen Kolleginnen und Kollegen habe ich im Mai einen Antrag im Bundestag vorgelegt, der unsere Konzepte für eine europäische Außen- und Sicherheitspolitik konkretisiert und deutlich macht, was die Bundesregierung und die anderen europäischen Mitgliedsstaaten schon hier und heute tun können und müssen. Alle Informationen dazu finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/internationale-politik/friedensmacht-europa.html.
Die NATO befindet sich derzeit in einer existentiellen Krise. Überbordende Forderungen nach Aufrüstung sorgen für Verstimmungen im Bündnis und tragen aus unserer Sicht nicht zu mehr Sicherheit bei. Wir Grünen stellen uns gegen das unsinnige Zwei-Prozent-Ziel und eine damit verbundene massive Aufrüstung. Gleichzeitig bleibt die NATO aber der zentrale Akteur, der die gemeinsame Sicherheit Europas garantieren kann und eine Renationalisierung von Verteidigung verhindert.
Wir Grüne haben anlässlich von 70 Jahren NATO in einem Antrag unsere Position zum Nordatlantikpakt noch einmal deutlich gemacht: https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/089/1908979.pdf. Die NATO darf nicht tatenlos zusehen, wenn eines ihrer Mitglieder wie die Türkei völkerrechtswidrige Kriege führt. Sie muss mehr als früher für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte einstehen, gegenüber ihren Mitgliedern und nach außen.
Mit Blick auf Russland und die wiederkehrenden Völkerrechtsbrüche von Wladimir Putin braucht es eine gemeinsame europäische Antwort. Es war eine kluge Strategie der Europäischen Union, auf die völkerrechtswidrige Annektion der Krim nicht mit militärischer Eskalation, sondern diplomatischem, wirtschaftlichem und politischem Druck zu antworten. Ein guter Dialog mit Russland ist wichtig, um die globalen Herausforderungen, zum Beispiel in Syrien und echte Fortschritte bei Abrüstung und Nichtverbreitung von Atomwaffen anzugehen. Wir Grüne werden Menschenrechtsverletzungen in Russland immer sehr klar und deutlich zur Sprache bringen.
Freundliche Grüße
Agnieszka Brugger