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Agnieszka Brugger
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Rainer S. •

Frage an Agnieszka Brugger von Rainer S. bezüglich Innere Sicherheit

Liebe Agnieszka,

laut german foreign policy vom 16.08.2018 handelt es sich in Mali um einen Konflikt zwischen zwei Volksgruppen : Einem Hirtenvolk im Norden und einem Bauernvolk im Süden . Es geht um Wasser und Weideland. Es geht um die staatliche Diskriminierung des Hirtenvolkes . Mitglieder des Hirtenvolkes greifen deshalb zu den Waffen und nennen das Jihad. Man kann solche Konflikte nicht militärisch lösen. Deshalb wird die Lage in Mali zunehmend schlimmer, weil alle Seiten (auch Deutschland ) auf militärische Mittel setzen. FRAGE : Warum hast du trotzdem für den Bundeswehr -Ausbildungseinsatz in Mali gestimmt ?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr S.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Seit 2013 bildet die Europäische Union im Rahmen einer Ausbildungsmission (EUTM Mali) die malischen Streitkräfte aus und die Vereinten Nationen begleiten mit der Friedensmission MINUSMA den politischen Prozess zur Umsetzung des Friedensabkommens. Die raschen Erfolge, die wir uns alle für die Sicherheit und die Zukunft der Menschen in Mali wünschen, sind bisher nicht im erhofften Maße eingetroffen.

Die Sicherheitslage bleibt sehr ernst und hat sich in einigen Regionen des Landes in den letzten Monaten sogar verschlechtert. Die Berichte über massive Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Massakern an Zivilist*innen durch die malische Armee sind schlimm und müssen extrem ernst genommen werden. Diese Vorwürfe müssen aufgeklärt und Konsequenzen gezogen werden. Die Bundesregierung darf nicht wegschauen und sich wegducken, wenn in Mali oder irgendwo anders schwerste Menschenrechtsverbrechen begangen werden. Für EUTM Mali muss das Menschenrechtstraining für die auszubildenden Streitkräfte überprüft und intensiviert wird.

Die Analyse und die Lehren vieler an ihren Zielen gescheiterter Militäreinsätze der letzten Jahre zeigen deutlich, dass ein rein militärisches Vorgehen nie Konflikte lösen kann. Das gilt natürlich auch für die sehr komplexe Situation in Mali. Deshalb nehme ich auch die jüngsten Berichte über die Zusammenarbeit deutscher MINUSMA-Truppen mit der französischen Anti-Terror-Operation „Barkhane“ sehr ernst und werde dazu weiter die Bundesregierung befragen (https://www.welt.de/politik/deutschland/plus181544818/Bundeswehr-in-Mali-Frankreichs-Krieg-und-Deutschlands-Beitrag.html). Das Militär kann - unter eng begrenzten Bedingungen – beispielsweise Waffenstillstände überwachen, Friedensprozesse absichern und einen gewissen Beitrag zur Stabilisierung, Sicherheit und Gewalteindämmung leisten. Ob ein Waffenstillstand hält oder ein Friedensprozess sich positiv für das Land und seine Menschen entwickelt, ist aber nicht nur eine politische Frage, sondern eine große Herausforderung, deren Erfolg im Vorfeld nie gewiss ist. Eine nachhaltige, gut konzipierte und engagierte Ausbildung kann ein, aber eben auch nur ein Baustein auf dem Weg zu einer Stabilisierung und selbsttragender Sicherheit sein.

Wer Friedenseinsätze zum Erfolg führen will, muss das Militärische einer politischen und zivilen Gesamtstrategie unterordnen. Es ist von zentraler Bedeutung, dass die hinter einem Konflikt stehenden Ursachen bearbeitet werden. Auch gut ausgebildete und ausgestattete Sicherheitskräfte werden nicht mehr Stabilität bringen können, wenn nicht alle Konfliktursachen in den Fokus genommen werden. Einige der schwierigen Herausforderungen für den Friedens- und des Versöhnungsprozesses haben Sie in Ihrer Frage bereits angesprochen. Es darf keine staatliche Diskriminierung von Bevölkerungsgruppen geben, zwischen den Landesteilen im Norden und Süden muss ein Ausgleich und ein friedlicher Umgang mit den Ressourcen Land und Wasser gefunden werden. Die Sicherheitskräfte müssen jede Bevölkerungsgruppe ungeachtet der ethnischen Zugehörigkeit schützen sowie plural und unter einer starken zivilen Kontrolle aufgestellt sein. Die Friedensmission MINUSMA und die internationale Gemeinschaft müssen die malische Regierung in die Pflicht nehmen, dass diese Konfliktursachen beseitigt werden. Nur ein inklusiver Prozess kann den Weg zu einem nachhaltigen Frieden bereiten.

Gemeinsam mit der Mehrheit meiner Fraktion habe ich den Mali-Einsätzen bisher zugestimmt, weil wir gegenwärtig noch zu dem Ergebnis kommen, dass ohne die Präsenz und Vermittlung der Europäischen Union und der Vereinten Nationen kein Frieden in Mali zu erreichen sein wird. Allerdings habe ich meine Zustimmung immer mit den oben bereits angerissenen Forderungen zu einer dringend notwendigen Verbesserung der Mandate verknüpft und auch deutliche Kritik geäußert (meine letzten Reden zur Verlängerung der Auslandseinsätze EUTM Mali und MINUSMA finden Sie unter https://www.gruene-bundestag.de/parlament/bundestagsreden/2018/april/agnieszka-brugger-fortsetzung-eutm-einsatz-in-mali.html und https://www.gruene-bundestag.de/parlament/bundestagsreden/2018/april/agnieszka-brugger-fortsetzung-minusma-einsatz-mali.html ).

Mehr Sicherheit durch die Ausbildung von Sicherheitskräften wird es nur mit einem umfassenden Ansatz geben, zu dem auch Justiz, Polizei und Korruptionsbekämpfung gehören. Anstatt bloßer Ertüchtigung braucht es eine echte Sicherheitssektorreform. Stattdessen hat die Bundesregierung jedoch das grundsätzlich richtige Mandat zu EUTM Mali um eine sehr problematische Komponente erweitert. Nun soll auch die gemeinsame Eingreiftruppe der Staaten Niger, Tschad, Burkina Faso, Mauretanien und Mali - das sind die sogenannten G-5-Sahel-Staaten – ohne eine belastbare politische Einbettung ertüchtigt werden. Das ist eine riskante und falsche Ausrichtung, mit der die Bundesregierung immer mehr auf Aufrüstung und Militär und zu wenig auf nachhaltige Sicherheit setzt.

Wir Grüne fordern, dass jeder Auslandseinsatz regelmäßig, kritisch, ehrlich und unabhängig evaluiert wird. Nur so kann man frühzeitig Fehler beseitigen und das Engagement zu mehr Wirksamkeit führen. Es ist fahrlässig, dass die Bundesregierung diesen Vorschlag bisher ablehnt. Nachdem der politische Prozess im Rahmen der diesjährigen Präsidentschaftswahl in Mali verschleppt wurde, muss die Bundesregierung gemeinsam mit den Partnern in Mali dafür sorgen, dass der Friedens- und Versöhnungsprozess endlich wieder Fahrt aufnimmt. Gemeinsam mit meiner Fraktion werde ich auch die für Mai 2019 anstehenden Mandatsverlängerungen für beide Missionen in Mali - wie alle Bundeswehrmandate - sehr kritisch prüfen.

Mit freundlichen Grüßen
Agnieszka Brugger

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