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Adrian Gabriel
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Frage von Dieter L. •

Frage an Adrian Gabriel von Dieter L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Kandidierende,

eine Standartantwort auf viele Probleme unserer Zeit lautet: mit mehr Wachstum schaffen wir das. Wie soll aber ein endloses Wachstum in einer endlichen Welt funktionieren? Diese Jahr haben wir bereits im August mehr Ressourcen verbraucht, als unserer Erde im ganzen Jahr bereitstellen kann.
Wie ist Ihre Haltung hierzu?

MfG, D. L..

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr L.,

vielen Dank für Ihre Wachstums-kritische Frage, die ich für die "Umwelt-Debatte" eine der wichtigsten überhaupt finde. Sie knüpft an bei den Thesen des "Club of Rome" (1968) über die "Grenzen des Wachstums". Der Grundgedanke ist so simpel wie einleuchtend: Immer mehr Menschen (bis zu 10-12 Milliarden bis 2050) und immer höherer durchschnittlicher Verbrauch (v.a. Wasser, Fleisch, Energie, Fläche, Co2…) überschreiten erkennbar und bei weitem die Grenzen des ökologisch verträglichen. Wenn schon jetzt alle lebenden Menschen (7 Milliarden) einen durchschnittlichen (!) Lebensstandard wie Deutschland hätten, dann bräuchten wir für die Versorgung 2,5 Erden, beim (durchschnittlichen!) US-Lebensstandart wären es 5 Erden. Wir haben aber nur eine Erde und das ist ein Problem. Denn wenn unsere Erde nicht vollständig geplündert (90% Artensterben, 2-5 Grad Temperaturerhöhung…), oder wir dauerhaft mit krasser Ungleichheit (extremer Überfluss bei den einen und extremer Mangel bei den Anderen) leben sollen, dann müssten wir endlich globale Wachstumsgrenzen, Umweltschutz, Re-Naturierung und Umverteilung in den Mittelpunkt internationaler Politik rücken. Das passiert aber nicht, im Gegenteil. Deutschland selbst hat seine Klimaziele schon wieder komplett verfehlt. Der weltberühmte Wissenschaftlicher und Philosoph Stephen Hawkings hat jüngst festgestellt, dass wir erkennbar und absehbar unseren Planeten in eine für uns unbewohnbare Wüste verwandeln.

Die gute Nachricht ist, dass es z.B. durch die zuletzt aufkommende Degrowth-Debatte (Reduktion des Wachstums aus sozialen, ökologischen, ökonomischen und politischen Gründen) sowie auf UN und wissenschaftlicher Ebene längst Lösungen gäbe, nach denen eine nachhaltige und gerechte Versorgung von bis zu 12 Milliarden Menschen UND der Erhalt von Klima und Arten möglich wären. Die schlechte Nachricht ist, dass z.B. mit der Wahl Donald Trumps und dem unverrückbaren festhalten an der Wachstumsdoktrin (Wachstum = Wohlstand) bei CDU, FDP, SPD (und ganz extrem bei AfD!) das Gegenteil gepredigt und getan wird. Selbst die Grünen, die sich einst als Ökopartei gründeten und zu deren Grundgedanke die Thesen des Clubs of Rome gehörten, haben sich inzwischen dem Wachstum verschrieben (siehe Hessen-Grüne-Flughafen bzw. Green New Deal).

In der LINKEN ist die Diskussion fortschrittlich, aber auch (zurecht) nicht einfach, weil Wachstum z.B. aus gewerkschaftlicher Sicht (Wachstum für Arbeit/Lohnentwicklung) oder zur Armutsbekämpfung (Wachstum als Lebensgrundlage) als teil-notwendig erachtet wird. Tatsächlich muss dringend die Gerechtigkeits- und Verteilungsfrage gestellt werden, weil es ja extremen Überfluss/Ressourcenverbrauch einerseits und extremen Mangel/Armut andererseits zeitgleich gibt. Wie will man der ärmeren (Welt-)Bevölkerung Wachstumsbegrenzung vermitteln und wie die Wertschöpfung national und global gerecht verteilen? Welches Wachstum ist unabdingbar und welches ist ausdrücklich gut? DIE LINKE will nachhaltiges, soziales und ressourcenschones Wachstum und die entstehende Wertschöpfung insgesamt gerechter verteilen. Unser Wahlprogramm enthält dazu zahlreiche Vorschläge Forderungen z.B. nach Verteuerung von Fleisch und der Massentierhaltung, nach einer schnellen Verkehrs- und Energiewende und für ein Ende umweltfeindlicher Subventionen (Diesel: 8 Milliarden im Jahr!). Das geht zumindest vielfach in die richtige Richtung. In der Summe stellt DIE LINKE den heutigen Wachstumsbegriff in Frage und präsentiert mögliche Einzelmaßnahmen und Perspektiven.

Entscheidend wird aus meiner Sicht sein, überhaupt ein gesellschaftliches Bewusstsein für die enormen globalen Krisen zu schaffen (Umweltzerstörung, Krieg, Armut) und einen globalen Handlungsrahmen zur Lösung dieser Krisen zu etablieren. Die EU, die G20 und die UN sind dazu in ihrer jetzigen Form offenkundig nicht willens oder in der Lage. Angela Merkel hat als selbsternannte Klima-Vorreiterin alle ihre Ziele verfehlt, CDU-SPD haben die Energiewende ausgebremst, CDU-SPD-FDP-AfD halten am Wachstumsdogma und dem Recht auf (subventionierte) Umweltzerstörung unverrückbar fest... Es bräuchte also wirklich weitgehende Veränderung. Dafür trete ich ein.

Mit freundlichen Grüßen

Adrian Gabriel - DIE LINKE. Wiesbaden