Unter der Lupe - Folge 4: Lobbyismus vs. Korruption – was sind die Unterschiede?

In der vierten Folge von „Unter der Lupe – Der Politik-Podcast von abgeordnetenwatch.de“ besucht Investigativ-Redakteurin Josephine Andreoli die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, in ihrem Büro im Bundestag. Sie sitzt im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, kümmert sich also um die inneren Angelegenheiten des Parlamentes – und davon gab es 2020 und 2021 eine ganze Menge. 

Die beiden sprechen darüber, wie sehr die Glaubwürdigkeit von Politiker:innen unter Skandalen wie den Maskengeschäften der Abgeordneten im Frühjahr 2021 leidet und was genau die Unterschiede zwischen Lobbyismus und Korruption sind. Und: Was passiert eigentlich, wenn Abgeordnete nicht mehr im Auftrag ihrer Wähler:innen handeln, sondern die Interessen einzelner Unternehmen in den Vordergrund rücken? 

 

Über unseren Gast

Britta Haßelmann (*1961) sitzt seit 2005 für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag und vertritt die Region Bielefeld (Nordrhein-Westfalen). Sie ist Sprecherin ihrer Bundestagsfraktion für Demografie und Altenpolitik, für Kommunalpolitik und seit 2013 Erste Parlamentarische Geschäftsführerin.

Obfrau des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, gehört Haßelmann zudem als ordentliches Mitglied dem Vermittlungsausschuss, dem Wahlausschuss sowie dem Ältestenrat an. Als stellvertretendes Mitglied gehört sie dem Ausschuss für Inneres und Heimat und dem Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen an.

Quellen und weiterführende Links

 

Glossar

Untersuchungsausschuss

Im Bundestag können mindestens 25 Prozent der Abgeordneten erzwingen, dass ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird. Untersuchungsausschüsse tagen in der Regel öffentlich, alle Fraktionen des Parlaments sind entsprechend ihrer Fraktionsgröße vertreten. Sie sind ein Kontrollinstrument des Parlaments, das Missstände im öffentlichen Leben oder Fehlverhalten von Personen, zum Beispiel Abgeordneten, Regierungsmitgliedern oder Beamten, aufklären soll. In der 19. Wahlperiode gibt es vier sogenannte U-Ausschüsse:

  • Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 (seit 2018)
  • Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss gem. Artikel 45a Absatz 2 GG zur sogenannten Berateraffäre (seit 2019)
  • Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut (seit 2019)
  • Untersuchungsausschuss zum sogenannten Wirecard-Skandal (seit 2020)

Rechtsstaat

Ein Rechtsstaat ist ein Staat, in dem Regierung und Verwaltung nur im Rahmen der bestehenden Gesetze handeln dürfen. Die Grundrechte der Bürger:innen müssen garantiert sein, staatliche Entscheidungen müssen von unabhängigen Gerichten überprüft werden können. Das Rechtsstaatsgebot gehört zu den grundlegenden Prinzipien der Bundesrepublik Deutschland.

Europarat

Der Europarat ist eine internationale Organisation mit Sitz in Straßburg (Frankreich). Er wurde 1949 als erste große europäische Nachkriegsorganisation gegründet und setzt sich hauptsächlich für den Schutz der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit ein. 47 Staaten gehören zu den Mitgliedern des Europarats. Von Grönland bis Russland sind alle europäischen Flächenstaaten außer Belarus und Kosovo vertreten. Deutschland ist seit 1950 Mitglied.

GRECO

Die GRECO (aus dem französischen “Groupe d'États contre la Corruption”)  ist eine Staatengruppe des Europarats. Sie wurde 1999 von 17 Mitgliedern des Europarates gegründet, um die Korruption europaweit zu bekämpfen. Die Organisation hat 50 Mitglieder (Stand 2020), davon 48 europäische Staaten und die Vereinigten Staaten (USA). 

Die GRECO überprüft in fortlaufenden Evaluierungsrunden, ob die Korruptionsbekämpfung in ihren Mitgliedstaaten den einschlägigen internationalen Vorgaben entspricht. Die Evaluierung erfolgt als sog. „peer review“, d.h. die Mitgliedstaaten überprüfen sich gegenseitig und beschließen im GRECO-Plenum über die Evaluierungsberichte und die darin enthaltenen Empfehlungen.

Karenzzeit 

Unter Karenzzeit (auch Abkühlphase; englisch 'cooling off period') versteht man eine Sperrfrist, die nach dem Ausscheiden aus einem Amt bei einem Wechsel in bestimmte neue Positionen einzuhalten ist, um die Auswirkungen von Interessenskonflikten zwischen neuer und alter Stelle zu begrenzen. Karenzzeiten in der Politik unterbinden den unmittelbaren Wechsel von Politiker:innen oder Spitzenbeamt:innen in Lobbytätigkeiten und regulieren so das Problem der Seitenwechsel (auch ‚Drehtür-Effekt‘).

Abgeordnetendiäten und Kostenpauschale 

Die Abgeordneten erhalten für ihr Mandat eine finanzielle Entschädigung. Die sogenannten Diäten sollen Verdienstausfälle ausgleichen, die den Abgeordneten durch die Ausübung ihres Mandats entstehen, und ihre Unabhängigkeit laut Grundgesetz garantieren.

Ihre Höhe wird auf Grundlage einer Empfehlung des Bundestagspräsidenten vom Bundestag beschlossen. Sie orientiert sich unter anderem an der Höhe der Bezüge der einfachen Richter:innen bei einem Obersten Gerichtshof des Bundes. Die Abgeordnetenentschädigung beträgt seit dem 1. Juli 2021 monatlich 10.012,89 Euro.

Neben der Diäten erhalten die MdB auch eine steuerfreie Kostenpauschale: Sie soll die durch die Ausübung des Mandats entstehenden Aufwendungen abdecken. Hierzu zählen Ausgaben für die Einrichtung und Unterhaltung eines oder mehrerer Wahlkreisbüros, für Fahrten im Wahlkreis und für die Wahlkreisbetreuung. Aus der Kostenpauschale bestreiten die Abgeordneten auch die Ausgaben für die Zweitwohnung am Sitz des Parlaments. Die Pauschale wird jährlich zum 1. Januar an die Lebenshaltungskosten angepasst und liegt derzeit bei 4.560,59 Euro monatlich (Stand: Januar 2021).

Mitarbeit

Konzept und Redaktion: Josephine Andreoli und Léa Briand

Produktion: Pool Artists

Musik: Joscha Grunewald

Grafik: Andreas Dobrzewski