Zweieinhalb Jahre hat das Bundesfinanzministerium (BMF) die Herausgabe verweigert – jetzt hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden: Das Ministerium muss abgeordnetenwatch.de Zugang zu den sogenannten “Porschegate-SMS” zwischen dem damaligen Finanzminister Christian Lindner (FDP) und dem Vorstandsvorsitzenden der Porsche AG, Oliver Blume, aus dem Sommer 2022 gewähren (Urteil vom 27. März 2025 - VG 2 K 60/23).
Christian Lindner ist als Minister inzwischen Geschichte, aber das Urteil ist ein Meilenstein in Sachen Transparenz: Erstmals erfährt die Öffentlichkeit nun aus erster Hand, wie ein Minister mit einem Lobbyisten per SMS kommuniziert hat.
Gericht: Öffentlichkeit hat ein Recht auf Zugang zu Lindners Textnachrichten mit dem Porsche-Chef
In der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2025 versuchten die Vertreter:innen des Finanzministeriums vehement, die Herausgabe der Textnachrichten abzuwenden. Sie behaupteten, Lindner habe über sein Ministerhandy nicht als Bundesminister, sondern als FDP-Chef mit dem Porsche-Lobbyisten kommuniziert. Als Parteichef sei er nicht verpflichtet, die SMS herauszugeben. Außerdem würden durch eine Veröffentlichung die Interessen der Betroffenen “erheblich beeinträchtigt”.
Die Richter:innen überzeugte das nicht. Die Öffentlichkeit habe ein Recht zu erfahren, was sich Finanzminister Lindner und der Porsche-Chef im Juni und Juli 2022 geschrieben hätten, so das Gericht.
Während der mündlichen Verhandlung gab das Finanzministerium an, dass die Textnachrichten auf dem dienstlichen Mobiltelefon von Lindner gespeichert sind. Mit diesem hatte der Minister in einem "ungeschützten Bereich" mit dem Autolobbyisten kommuniziert. Die SMS seien im Zuge des Gerichtsverfahrens zudem ausgedruckt und so gesichert worden.
Worum geht es in den Porschegate-SMS?
Was sich der damalige Minister und der Porsche-Lobbyist damals schrieben, ist nur in Umrissen bekannt. Kurz vor einer Abstimmung im EU-Ministerrat über ein Verbot für die Neuzulassung von Verbrennerautos am 28. Juni 2022 tauschten die beiden vier Textnachrichten aus. In einer SMS, so berichtete es das Handelsblatt, wünschte sich Lindner von Blume "argumentative Unterstützung" beim Thema E-Fuels. Sowohl Lindner als auch Porsche wollten erreichen, dass Neuwagen mit Verbrennermotoren auch über 2035 hinaus erlaubt bleiben, wenn sie mit künstlich hergestellten Kraftstoffen (E-Fuels) betrieben werden.
Bei der Entscheidung im Ministerrat stimmte die Bundesregierung schließlich so ab, wie Lindner es sich gewünscht hatte: Statt eines kompletten Zulassungsverbots von Verbrennern ab 2035, wie es die grüne Umweltministerin Steffi Lemke verlangte, bleiben diese erlaubt, sofern sie mit E-Fuels betrieben werden. Das war ganz im Interesse von Porsche: Der Autobauer ist an einem E-Fuel-Unternehmen in Chile beteiligt.
Porsche hatte auf die Unterstützung der Regierung für die eigenen Geschäftsinteressen offenbar gezielt hingearbeitet. Wie das ZDF-Satiremagazin “Die Anstalt” wenige Wochen nach der EU-Abstimmung enthüllte, hatte sich Konzernchef Blume intern damit gebrüstet, dass Porsche einen "sehr großen Anteil” daran habe, dass E-Fuels in den Koalitionsvertrag der Ampel eingeflossen sind. Porsche sei einer der Haupttreiber gewesen, “mit ganz engem Kontakt mit den Koalitionsparteien". FDP-Chef Lindner habe ihn "fast stündlich auf dem Laufenden gehalten".
[Youtube-Video "Wie die FDP und der Porsche-Chef kuscheln" - Die Anstalt vom 19. Juli 2022. Um das Video angezeigt zu bekommen, müssen Sie ggfs. erst den Schieberegler bei "Externer Inhalt" aktivieren.]