Kurz vor der Europawahl schaltete das Bundesfinanzministerium zwei Anzeigen in der FAZ, in denen es um ein Kernanliegen der FDP ging: die Schuldenbremse. Nun ist durch Recherchen von abgeordnetenwatch.de eine Mail aufgetaucht, die für Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner zum Problem wird. Mehr dazu in diesem Newsletter.
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- Verdeckte FDP-Werbung? Interne Mail wird zum Problem für Christian Lindner
- Hinter den Kulissen der Recherche
- +++ Großspenden-Ticker: Hohe Zahlungen an CDU und WerteUnion +++
- Unser Kandidierenden-Check zur Wahl in Brandenburg hilft Ihnen bei der Entscheidung
- Fragen und Antworten des Monats
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Verdeckte FDP-Werbung? Interne Mail wird zum Problem für Christian Lindner
© | picture alliance / Flashpic | Jens Krick |
Eine 46.000 Euro teure Anzeigenkampagne hat dem Finanzministerium den Vorwurf eingebracht, mit Steuergeldern Wahlwerbung für die FDP zu betreiben. Recherchen von abgeordnetenwatch.de zeigen nun: Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner war persönlich involviert, anders als es sein Ministerium dargestellt hatte. Nach Einschätzung einer Verfassungsrechtlerin erhärtet sich der Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung.
Verdeckte FDP-Werbung? Interne Mail wird zum Problem für Christian Lindner
Hinter den Kulissen der Recherche
© | Screenshot: abgeordnetenwatch.de |
Wenige Tage vor der Europawahl im Juni berichteten mehrere Medien über umstrittene Anzeigen des Bundesfinanzministeriums zur Schuldenbremse in der FAZ (s. Foto). Der Vorwurf: Das Ministerium von Christian Lindner werbe mit Steuergeldern für ein Kernanliegen der FDP, möglicherweise liege sogar illegale Parteienfinanzierung vor. In diese Richtung äußerten sich eine renommierte Verfassungsrechtlerin und die Linkspartei. Auch vom Koalitionspartner SPD kam leise Kritik. Doch das Finanzministerium wiegelte ab. Lindner habe zwar von den Plänen für die Anzeigen gewusst - mehr aber auch nicht.
Um herauszufinden, welche Rolle der FDP-Chef bei der Anzeigenkampagne spielte, beantragten wir auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes Akteneinsicht beim Ministerium. In den Unterlagen, die wir kurz darauf erhielten, fand sich eine erstaunliche Mail. Darin bittet ein Referatsleiter die beauftragte Kommunikationsagentur um zwei neue Anzeigenvarianten, "wie am Dienstag mit Minister Lindner besprochen".
Die Mail belegt also, dass Lindner nicht nur, wie vom Ministerium behauptet, von den Werbeplänen wusste, sondern sogar persönlich involviert war. Doch welche Rolle spielte er genau? Einen ausführlichen Fragenkatalog von abgeordnetenwatch.de ließ das Finanzministerium über eine Woche unbeantwortet. Erst auf Nachfrage meldete sich die Pressestelle: Es habe ein Büroversehen" gegeben, deshalb antworte man leider erst jetzt. Das Ministerium räumte ein, dass Lindner sogar an dem Treffen mit der Agentur teilgenommen habe, bei dem es um die Anzeigen zur Schuldenbremse ging. In welchem Umfang der Finanzminister und FDP-Chef beteiligt war, wollte das Ministerium nicht sagen.
Die Bundestagsverwaltung muss nun klären, ob eine illegale Parteienfinanzierung zugunsten der FDP vorliegt. Aus Sicht der Verfassungsrechtlerin Sophie Schönberger hat sich der Verdacht durch die direkte Beteiligung Lindners erhärtet. Der FDP droht ein Ordnungsgeld von bis zu 140.000 Euro (das Dreifache der Kosten für die Anzeigen).
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+++ Großspenden-Ticker: Hohe Zahlungen an CDU und WerteUnion +++
In den letzten Wochen sind mehrere Großspenden bei Parteien eingegangen.
Die CDU meldete
- 50.001 Euro von Susanne Klatten (Aufsichtsratsmitglied und Großaktionärin der BMW AG)
- 50.001 Euro von Stefan Quandt (Aufsichtsratsmitglied und Großaktionär der BMW AG)
- 50.000 Euro von Stephan Schambach (Unternehmer und Gründer der Intershop Communications AG)
- 50.000 Euro von Karl Gerhold (Gründer des Energiedienstleisters GETEC)
- 36.000 Euro von der COMERON Hotel Einkaufs- und Beratungsgesellschaft mbH
Die Partei WerteUnion hat im Juli und August insgesamt drei Großspenden über jeweils 50.000 Euro vom WerteUnion Förderverein e.V. erhalten. Bereits im März hatte der Verein 50.000 Euro an die Partei gespendet.
Petition "Unternehmensspenden verbieten, Privatspenden deckeln!" - hier zeichnen
Unser Kandidierenden-Check zur Wahl in Brandenburg hilft Ihnen bei der Entscheidung
Wie stehen die Kandidierenden zur Landtagswahl in Brandenburg zu mehr Polizeikräften, einem Nachtflugverbot am BER oder dem Kohleausstieg? Genau das können Sie jetzt mit unserem Kandidierenden-Check zur Wahl am 22. September herausfinden: Beantworten Sie einfach Thesen zu politischen Themen - am Ende erfahren Sie, mit welchen Kandidierenden Sie am meisten übereinstimmen.
Über unser Frageportal können Sie außerdem Ihre Fragen und Anliegen an die Kandidierenden richten und nachlesen, was diese anderen Bürger:innen geantwortet haben.
Fragen und Antworten des Monats
- Russischer Angriffskrieg | "Wie und worüber wollen Sie mit dem Kreml verhandeln?" will ein Fragesteller von dem Bundestagsabgeordneten Ralf Stegner wissen. Der SPD-Politiker hatte sich zuvor öffentlich dafür ausgesprochen, mit Russland in Verhandlungen einzutreten. Eine Antwort von Stegner liegt noch nicht vor. Hier können Sie sich eintragen, um bei Eintreffen per Mail benachrichtigt zu werden (auf "Folgen" klicken und Mailadresse eingeben).
- Künstliche Intelligenz | "Was halten Sie von dem Einsatz von KI zur Erledigung von Bürojobs bei Politikern?" fragt ein Bürger den CDU-Bundestagsabgeordneten Paul Ziemiak. Der Politiker hält Künstliche Intelligenz zwar für geeignet, "auch den Büroalltag von Bundestagsabgeordneten zu unterstützen", wie sein Büro in der Antwort mitteilt. "Politische Entscheidungen indes sind vom Urteilsvermögen der jeweiligen Politiker abhängig. Eine Delegierung von Entscheidungen an KI ist nicht nur abwegig, sondern birgt auch erhebliche demokratietheoretische Probleme." Was nicht auf der Strecke bleiben dürfe sei der direkte, persönliche Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern. "Dieser Austausch ist geprägt von Empathie, Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl wird auf absehbare Zeit durch keine KI - auch nicht durch eine noch so gut angelernte - ersetzt werden können."
- Einladungen von Lobbyist:innen | "Wie oft ließen sie sich von Lobbyisten in den letzten Jahren zum Essen, Veranstaltungen, Reisen oder sonstigem einladen?" wird der CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Steininger von einem Bürger gefragt. Hintergrund sind Recherchen, wonach Steiniger zusammen mit zwei anderen CDU-Abgeordneten im Jahr 2020 von einem Lobbyisten ins Hotel Adlon eingeladen wurde. Der Abend soll 20.000 Euro gekostet haben. Steiniger schreibt in seiner Antwort: "Danke für Ihre Frage. Wir kennen uns aus Bad Dürkheim, wo sie regelmäßig im Internet über mich herziehen." Sämtlichen Veröffentlichungspflichten komme er selbstverständlich nach.
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg (Wahlen) | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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