Im ersten Obergeschoss des Reichstagsgebäudes gibt es ein exklusives "Abgeordnetenrestaurant", zu dem die Öffentlichkeit keinen Zugang hat. Wer jedoch viel Geld bezahlt und über gute Kontakte in den Bundestag verfügt, kommt trotzdem rein. Recherchen von abgeordnetenwatch.de zeigen nun, dass ein SPD-Abgeordneter unter fragwürdigen Umständen eine Lobbyveranstaltung in dem Restaurant einfädelte – für einen milliardenschweren Rüstungskonzern.
Unsere Themen:
- Abgeordneter schleuste Rüstungskonzern in den Bundestag
- Waffenhersteller ruft (und zahlt), Abgeordnete kommen
- Fehlende Transparenzgesetze: Europarat kritisiert Deutschland – wieder einmal
- Bürgergeld, Energie, Haushalt: So stimmten die 736 Abgeordneten
- Neu: Folgen Sie uns auf Mastodon
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten angeklickter Link im letzten Newsletter: Karlsruhe weist Verfassungsbeschwerde von abgeordnetenwatch.de ab
Abgeordneter schleuste Rüstungskonzern in den Bundestag
© | picture alliance / dpa | Lukas Schulze |
Das US-Rüstungsunternehmen Lockheed Martin buhlt derzeit um einen Milliardenauftrag aus dem “Sondervermögen Bundeswehr”. Unter fragwürdigen Umständen konnte der Konzern kürzlich im Abgeordnetenrestaurant des Bundestags für seine Anliegen werben. Angemeldet hatte die Lobbyveranstaltung ein Abgeordneter der SPD. Als Mitglied im Haushaltsausschuss des Bundestags und im Gremium "Sondervermögen Bundeswehr" entscheidet er über die Vergabe der Rüstungsmilliarden mit. Die Bundestagsverwaltung, die die abendliche Veranstaltung genehmigte, fühlt sich von dem Abgeordneten hinters Licht geführt.
Waffenhersteller ruft (und zahlt), Abgeordnete kommen
© | picture alliance / Eventpress | Henry H. Herrmann 0172 3011518 |
Im Bundestag ist man mächtig stolz auf das neue Lobbyregister. Hinter den Kulissen ist sogar die Rede davon, dass man hierzulande das wohl weltbeste Lobbyregister hat.
Doch die Realität ist eine andere. Im Land mit dem angeblich weltbesten Lobbyregister kann sich ein milliardenschwerer Rüstungskonzern in den Bundestag einmieten – und niemand bekommt es mit. Die jüngste Recherche von abgeordnetenwatch.de zum Zustandekommen der dubiosen Lobbyveranstaltung im Abgeordnetenrestaurant (Foto) lässt nicht nur den SPD-Abgeordneten Andreas Schwarz, der das Treffen einfädelte, schlecht dastehen. Sie wirft auch kein gutes Licht auf die Bundestagsverwaltung, die die Veranstaltung genehmigt hat. Dort hofft man stets darauf, dass schon alles mit rechten Dingen zugeht. Ging es aber nicht.
Das skandalöse Lobby-Event der Waffenfirma Lockheed Martin im Herzen des Bundestags belegt ein weiteres Mal, wie unwirksam das Lobbyregister ist. Wenn etliche Abgeordnete einem Großkonzern ihre Aufwartung machen und sich auf dessen Kosten bewirten lassen – warum erfährt die Öffentlichkeit davon nichts im Lobbyregister? Warum gibt es bis heute keine Veröffentlichungspflicht für Lobbytreffen mit Abgeordneten und Regierungsmitgliedern?
Die Antwort auf diese Frage ist offensichtlich: Weil viele in der Politik kein Interesse daran haben, dass die Lobbykontakte sichtbar werden. Die Ampelkoalition macht gar keine Anstalten, strenge und wirksame Transparenzgesetze einzuführen.
Die Erfahrung zeigt, dass die Politik immer erst dann aktiv wird, wenn sie aus der Zivilgesellschaft unter Handlungsdruck gesetzt wird. Genau darin sehen wir unsere Aufgabe: Missstände aufzudecken, um die Politik zu wirksamen Transparenzgesetzen zu bewegen. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns dabei unterstützen. Einmalige und regelmäßige Spenden an abgeordnetenwatch.de sind übrigens steuerlich absetzbar.
Fehlende Transparenzgesetze: Europarat kritisiert Deutschland – wieder einmal
Intransparente Lobbykontakte, mangelnde Offenlegungspflichten: Ein Anti-Korruptions-Gremium des Europarates hat Deutschland ein weiteres Mal wegen ausbleibender Reformen kritisiert. In einem aktuellen Bericht gibt sie aber auch lobende Worte.
Fehlende Transparenzgesetze: Europarat kritisiert Deutschland – wieder einmal
Bürgergeld, Energie, Haushalt: So stimmten die 736 Abgeordneten
Der Bundestag hat in den vergangenen Sitzungen wichtige Entscheidungen getroffen. Die Abgeordneten stimmten unter anderem für einen Kompromiss beim Bürgergeld, den die Ampelkoalition und die Union ausgehandelt hatten. Eine Mehrheit erhielt außerdem ein Entwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes. Damit wurden unter anderem wichtige Regelungen für die Vorbereitung auf eine Gasmangellage getroffen.
Wie die Abgeordneten abstimmten, haben wir hier für Sie dokumentiert:
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Fragen und Antworten des Monats
- Putin | "Warum bezeichnen Sie Herrn Putin als Mörder?" will ein Fragesteller von der FDP-Abgeordneten Marie-Agnes Strack-Zimmermann wissen. Die Verteidigungspolitikerin schreibt in ihrer Antwort: "Wer Menschen insbesondere aus rein niederträchtigen Gründen, wie es bei Putin der Fall ist, umbringt, ist ein Mörder." Der russische Präsident sei "sogar ein Mörder und Kriegsverbrecher".
- Erneuerbare Energien | Warum werden im Bundestag nicht erneuerbare Energien wie Solarzellen genutzt, fragt ein Bürger den Bundestagsabgeordneten Konstantin Kuhle. Der FDP-Politiker antwortet, auf den Dächern der Parlamentsgebäude seien insgesamt 3.600 Quadratmeter Fotovoltaikelemente verbaut. Was zusätzlich an Strom benötigt wird, komme aus dem Berliner Versorgungsnetz und stamme vollständig aus erneuerbaren Energien. "Das Parlament und die restlichen Bundestagsliegenschaften gehen also mit gutem Beispiel voran", so Kuhle.
- abgeordnetenwatch.de | Ein Fragesteller will von dem CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber wissen: "Halten Sie abgeordnetenwatch.de für seriös?" Ferber schreibt, er habe mit der Plattform über die Jahre "im Großen und Ganzen positive Erfahrungen gemacht". Er halte die Plattform und ihre Arbeitsweise für seriös. Ferbers Parteifreund Peter Ramsauer hatte vor einiger Zeit gegenüber dem SPIEGEL gesagt, er wolle zu Fragen von "unseriöser Organisationen" wie abgeordnetenwatch.de keine Stellung beziehen. Hintergrund waren Recherchen zu Ramsauers Nebeneinkünften.
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