Für Dutzende Lobbyist:innen öffnen sich die Türen zum Bundestag und den Abgeordnetenbüros ohne Probleme. Am Empfang zeigen sie ihren Hausausweis vor – und dürfen passieren. Doch bei der Vergabe der begehrten Ausweise ist es nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Mehr zu diesem und zu anderen Themen in der aktuellen Ausgabe unseres Newsletters.
Die Themen:
- Lobbyisten erhielten zu Unrecht Bundestagsausweise
- Lobby-Lunch im Edelrestaurant
- Geldgeber der Parteien | Parlamentarische Anfrage zu Lobby-Recherche | Verschwundenes Altkanzlerbüro: Neues aus unseren Sozialen Netzwerken
- Neufassung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen: So stimmten die Abgeordneten
- Neuer Kandidierenden-Check zur Wahl in Niedersachsen: Wer tickt wie Sie?
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten angeklickter Link im letzten Newsletter: Wie sich die Pharmalobby erfolgreich gegen die Freigabe von Impfpatenten stemmte
Lobbyisten erhielten zu Unrecht Bundestagsausweise
© | picture alliance / photothek | Thomas Imo |
Als abgeordnetenwatch.de kürzlich beim Bundestag die Namen aller Lobbyverbände mit Hausausweis anforderte, schickte die Parlamentsverwaltung eine lange Liste. Das Problem: Auf der Liste waren Organisationen aufgeführt, die gar keinen Anspruch auf einen Ausweis hatten. Nach mehrmaligem Nachfragen von abgeordnetenwatch.de musste die Bundestagsverwaltung einräumen, zwei Verbänden zu Unrecht eine Zugangskarte ausgestellt zu haben. Betroffen waren Organisationen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien.
Während die Ausweise der beiden Verbände inzwischen wieder eingezogen wurden, können 42 andere Organisationen weiterhin ungehindert in die Bundestagsgebäude gelangen, darunter die Rüstungs- und Immobilienlobby. Grund für die Ungleichbehandlung bei den Hausausweisen ist eine Ausnahmeregelung im Lobbyregistergesetz. Diese hatte die SPD trotz massiver inhaltlicher Bedenken aus anderen Fraktionen durchgesetzt – mit abstrusen Folgen. Mehr:
Lobbyisten erhielten zu Unrecht Bundestagsausweise
(Über unsere Recherche berichtet auch die Berliner Zeitung: Lücke im Lobbyregister: Rüstungsindustrie hat freien Zugang zum Bundestag)
Die unrechtmäßige Vergabe der Lobby-Ausweise ist übrigens nicht die erste Unregelmäßigkeit. Vor einiger Zeit deckten wir auf, dass die Parlamentsverwaltung hunderte Anträge von Lobbyverbänden durchgewinkt hatte, obwohl darin wesentliche Angaben fehlten. Spürbare Konsequenzen hatte das nicht. Lesen Sie hier noch einmal unsere damalige Recherche.
Lobby-Lunch im Edelrestaurant
© | picture alliance / dpa | Jens Kalaene |
Für Konzerne wie Rheinmetall (Rüstung), RWE (Kohle) oder Shell (Öl) ist es inzwischen höchst unbequem, den Abgeordneten einen Besuch abzustatten. Vor einigen Jahren verloren sie ihre Hausausweise, weil der Bundestag die Zugangsregeln verschärfte und Firmen den Anspruch auf auf einen Ausweis komplett verwehrte. Wenn Konzern-Lobbyist:innen dennoch in einem Abgeordnetenbüro vorbeischauen wollen, müssen sie entweder aufwändig einen Tagesausweis beantragen. Oder sie melden sich am Empfang des Parlamentsgebäudes und warten darauf, abgeholt zu werden. Einen Ausweis erhält inzwischen nur noch ein kleiner Kreis an Lobbyverbänden oder -vereinen.
Das Thema Hausausweise wird von Politik und Lobby gerne heruntergespielt. Sie würden die Lobbyarbeit zwar erleichtern, aber so wichtig, wie sie gemacht würden, seien die Zugangskarten nicht. Schließlich könne man sich jederzeit zum Mittagessen im Borchardts oder dem Einstein verabreden, den berühmten Restaurants unweit des Bundestags. In der Tat: Das Argument ist nicht von der Hand zu weisen. Und damit wären wir beim Kern des Problems.
Bis heute existiert kein Gesetz, das Lobbyakteure verpflichtet, ihre Kontakte zur Politik transparent zu machen. Nicht einmal das im Januar in Kraft getretene Lobbyregister hilft dabei weiter. Auf Seiten der Regierungskoalition gibt es keinerlei Bestreben, eine solche Offenlegungspflicht einzuführen. Wenn Lobbytreffen überhaupt ans Licht kommen, dann durch Regierungsanfragen der Opposition oder durch Recherchen von abgeordnetenwatch.de und anderen. Als Beispiel seien hier die umfangreichen Lobbyaktivitäten von Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg genannt, die wir hier, hier, und hier transparent gemacht haben. Gerade arbeiten wir an einer Veröffentlichung über die Lobbyarbeit von weiteren bekannten Personen, mehr dazu demnächst an dieser Stelle.
Die Erfahrung zeigt, dass es ohne öffentlichen Druck keine wirksamen Transparenzpflichten geben wird. Deshalb möchten wir Sie um Unterstützung bitten: Helfen Sie uns dabei, Handlungsdruck auf die Politik zu erzeugen – durch Recherchen und öffentlichkeitswirksame Aktionen. Schon eine Förderung von 5 Euro im Monat hilft uns dabei sehr. Ihren Förderbeitrag können Sie übrigens von der Steuer absetzen.
Im Namen des gesamten Teams vielen Dank für Ihre Unterstützung
Gregor Hackmack und Boris Hekele
Vorstandsmitglieder
Geldgeber der Parteien | Parlamentarische Anfrage zu Lobby-Recherche | Verschwundenes Altkanzlerbüro: Neues aus unseren Sozialen Netzwerken
Neben unserer Website liefern wir auch bei Twitter, Instagram und Facebook Hintergründe zu aktuellen Themen sowie zu unseren Recherchen. Hier einige Beispiele aus den vergangenen Tagen:
- Geldgeber der Parteien: Der CDU-Parteitag am vergangenen Wochenende konnte auch dank der Unterstützung des Pharmakonzerns Pfizer, dem Tabakhersteller Philip Morris und der deutschen Gasindustrie stattfinden. Mehr als 40 Unternehmen und Verbände hat die CDU als Sponsoren für ihren Parteitag gewinnen können. Auf Twitter zeigen wir, welche Konzerne und Lobbyverbände die CDU unterstützt haben – und wer in der Vergangenheit die Sponsoren von anderen Parteien waren.
- Kleine Anfrage zu Lobby-Recherche: Die Linksfraktion hat eine Recherche von abgeordnetenwatch.de und der Wochenzeitung Die Zeit in einer parlamentarischen Anfrage an die Bundesregierung aufgegriffen. Im Juli hatten wir berichtet, dass zahlreiche Abgeordnete als Funktionäre von Lobbyverbänden im Lobbyregister verzeichnet sind. Was die Linkspartei von der Bundesregierung in Erfahrung bringen will, haben wir hier auf Twitter zusammengetragen.
- Verschwundenes Altkanzlerbüro: Der Lobbyist und Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder verfügt über eine Internetseite, auf der es zuletzt eine auffällige Veränderung gab: Auf der Kontakt-Seite verschwand die Angabe "Büro Bundeskanzler a.D.". Der Grund ist unklar - das verschwundene Altkanzlerbüro könnte aber mit Rechtstreitigkeiten zu tun haben, wie wir hier auf Twitter erläutern.
Wenn Sie in den Sozialen Netzwerken aktiv sind, folgen Sie uns gern. Auf Twitter und Facebook tun dies bereits mehr als100.000 Menschen, bei Instagram mehr als 20.000. Indem Sie dort unsere Einträge teilen, helfen Sie, noch mehr Menschen auf das Thema Lobbyismus in der Politik aufmerksam zu machen. Wenn Sie diesen Newsletter verbreiten möchten, verwenden Sie dafür bitte diesen Link.
Neufassung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen: So stimmten die Abgeordneten
© | CC0 |
Der Bundestag hat Neuregelungen für den kommenden Corona-Herbst und -Winter beschlossen. Bundesweit gilt künftig eine FFP2-Maskenpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, dort ist außerdem ein Corona-Testnachweis verpflichtend. Auch im Fernverkehr muss eine FFP2-Maske getragen werden. Die bisher geltende Maskenpflicht in Flugzeugen, die ursprünglich weitergeführt werden sollte, wurde in den Beratungen hingegen gekippt. Welche Abgeordneten für oder gegen die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes stimmten und wer sich enthielt, haben wir hier für Sie dokumentiert:
Neufassung des Infektionsschutzgesetzes: So stimmten die Abgeordneten
Neuer Kandidierenden-Check zur Wahl in Niedersachsen: Wer tickt wie Sie?
© | abgeordnetenwatch.de |
Wie stehen die Kandidierenden in Ihrem Wahlkreis zu einem 365 Euro-Jahresticket im Öffentlichen Nahverkehr? Was denken sie über die deutliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben? Und sind sie für oder gegen eine "Übergewinnsteuer"? Genau das können Sie jetzt mit unserem Kandidierenden-Check zur Landtagswahl in Niedersachsen herausfinden: Einfach Postleitzahl eingeben und Thesen zu wichtigen politischen Themen beantworten. Am Ende erfahren Sie, mit welchen Kandidierenden Sie am meisten übereinstimmen.
Zum Kandidierenden-Check für Niedersachsen
Wenn Sie darüber hinaus Fragen an die Politiker:innen haben, können Sie diese über abgeordnetenwatch.de stellen. Unser Frageportal zur Landtagswahl in Niedersachsen können Sie hier nutzen, weitere Informationen zur Wahl finden Sie hier auf unserer Seite.
Fragen und Antworten des Monats
- Kultur-Subventionen | Ein Bürger will von Kulturstaatsministerin Claudia Roth wissen: "Wieso wird meine Opern-Eintrittskarte mit 200 Euro aufwärts gefördert, ein (Elektronikmusik)-Festivalbesuch aber nicht?" Ein Großteil der jungen Generation, so der Fragesteller, hätten kein Interesse mehr an klassischer Musik - "warum werden Vorlieben Jüngerer missachtet?" Eine Antwort der Grünen-Politikerin steht noch aus. Hier können Sie sich bei deren Eintreffen per Mail benachrichtigen lassen.
- Die Linke/Russland | Ein Bürger fragt den Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch: "Wann werden Sie dafür sorgen, dass all jene Fraktionsangehörigen, die sich nicht entschieden gegen den verbrecherischen Angriffskrieg Putins stellen, endlich aus dieser ausgeschlossen werden?" Bartsch fragt in seiner Antwort zurück, ob der Fragesteller Mitglied der Linkspartei sei – "dann haben Sie jederzeit die Möglichkeit, sich in den Strukturen der Partei mit Ihren Hinweisen und Forderungen einzubringen." Andernfalls sei er "gern bereit, im direkten Mail-Austausch an mich gerichtete Zuschriften zu beantworten. Ich bitte Sie jedoch um Verständnis, dass ich dieses öffentliche Format dafür nicht nutzen möchte."
- Hunde | Die Frage einer Bürgerin zu eingezäunten Freilaufflächen für Hunde und kostenlosen Kotbeutel hat die niedersächsische Landtagskandidatin Andra Möllhoff zu Nachforschungen veranlasst. "Ich habe dein Anliegen recherchiert und mit einigen Hundebesitzer*innen sowie verschiedenen Lokalpolitiker*innen gesprochen und dabei herausgefunden, dass es in einigen Kommunen in Niedersachsen bereits eingezäunte Freilaufflächen und kostenlose Kotbeutel gibt." In ihrem eigenen Wahlkreis gebe es das derzeit nicht, so die Grünen-Politikerin, darum habe sie das Schreiben der Bürgerin an die zuständigen Stadtratsmitglieder weitergeleitet.
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen (Wahl) | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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