Wir werten unseren Kandidierenden-Check aus

So ticken die Kandidierenden zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2022

Kohleausstieg, WDR oder ein Tempolimit — alle diese Themen und viele andere werden in Nordrhein-Westfalen heiß diskutiert. Und auch bei unserem Kandidierenden-Check zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen haben wir diese und viele andere spannende Themen aufgegriffen. Zu insgesamt 20 Thesen haben wir die Direktkandidierenden zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen befragt, hier finden Sie die Ergebnisse.

von Merle Scharnhoop, Till Rose und Julian Petrat, 10.05.2022

Bis zum Vormittag des 9. Mai haben sich am Kandidierenden-Check zur Landtagswahl 2022 in Nordrhein-Westfalen 664 Direktkandidierende aus 128 Wahlkreisen beteiligt. Bei insgesamt 1115 Kandidierenden ergibt das eine Beteiligungsquote von 60 %.

Mit dem Kandidierenden-Check bietet Ihnen abgeordnetenwatch.de eine Wahlhilfe für die Erststimme an. So sind vor allem die individuellen Positionen der Mandatsbewerber:innen interessant, aber auch Trends im Zusammenhang mit ihrer Parteizugehörigkeit. Wie einig sind sich die Kandidierenden untereinander? Haben sie bei allen Fragen einen Konsens gefunden? Oder sind die Parteien diverser aufgestellt als man vermutet?

Im folgenden Artikel haben wir für Sie die Antworten auf die 20 Thesen ausgewertet. Für jede These haben wir einen Überblick in Grafik und Text zusammengestellt, der die Abstimmungsergebnisse einordnet und vergleicht. 

Alle Positionen mit Begründungen sind auch auf der Profilseite der Kandidierenden bei abgeordnetenwatch.de zu finden.

These 1: Innerhalb geschlossener Ortschaften soll ein Tempolimit von 30 km/h eingeführt werden.

Das Tempolimit auf Autobahnen ist schon lange ein heiß diskutiertes Thema. Aber gerade in großen Ballungsräumen wird auch über eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h in geschlossenen Ortschaften geredet. Wie stehen die Kandidierenden in Nordrhein-Westfahlen zu diesem Vorschlag?

Die Mandatsanwärter:innen sind sich sehr uneinig. Nur eine ganz knappe Mehrheit von 46,5 % lehnt ein Tempolimit in Ortschaften ab, während nahezu gleich viele einen solchen Vorschlag mit 42,7 % befürworten.

Unter Betrachtung der Parteizugehörigkeit fällt innerhalb der Parteien in der Regel sehr große Einigkeit auf. So lehnen die Kandidat:innen von CDU, FDP und AfD die These mit 93,8 %, 93,3 % und 92,3 % nahezu vollständig ab. Aber auch die Mandatsanwärter:innen der SPD stimmen mit großer Mehrheit von 70,4 % gegen den Vorschlag.

Ähnliche Einigkeit findet sich bei den Kandidierenden der Grünen und der Linken sowie von Volt. Diese befürworten allerdings mit großen Mehrheiten von 94,5 %, 87,2 % und 89,5 % ein Tempolimit innerorts.

These 2: Zur besseren Vergleichbarkeit der Abschlüsse, soll ein bundeseinheitliches „Deutschland-Abitur" eingeführt werden.

Bildung ist in Deutschland Ländersache. So auch die Gestaltung des Abiturs. Deshalb gibt es im Länder-Vergleich erhebliche Unterschiede, was die Allgemeine Hochschulreife angeht. Ein Vorschlag: Alle Schüler:innen in Deutschland schreiben die gleichen Abiturprüfungen, ein bundeseinheitliches „Deutschland-Abitur“. Was sagen unsere Kandidierenden zu dieser These?

Unter allen teilnehmenden Kandidierenden findet sich eine klare Mehrheit von 47,7 %, die eine solche Bildungsreform unterstützt. Abgelehnt wird diese von 28,6 % der Kandidierenden, neutral positionieren sich 23,7 %.

Mehrheitlich befürwortet wird der Vorschlag von nahezu allen FDP-Kandidierenden mit 91,1 %, aber auch die Bewerber:innen auf ein Landtagsmandat von Volt (81,6 %) und der AfD (71,2 %) finden deutliche zustimmende Mehrheiten.

Mehrheitlich abgelehnt wird die These ganz eindeutig von den CDU-Kandidierenden mit 86,2 %, aber auch die Kandidat:innen der Linken finden eine knappe Mehrheit gegen das „Deutschland-Abitur“ mit 47,4 %.

Bei den Sozialdemokrat:innen der SPD dominiert die neutrale Position mit 70,7 %, gegen 21,2 % dafür und 8,1 % dagegen.

These 3: NRW soll bis zum Jahr 2030 aus der Kohleverstromung aussteigen.

Der Klimawandel erfordert ein Umdenken in unserer Energiepolitik. So gibt es die Forderung, dass das Land NRW bis 2030 aus der Kohleverstromung aussteigen soll. Bei unserem Kandidierenden-Check traf dieser Vorschlag insgesamt auf Zustimmung. 72 % aller teilnehmenden Landtags-Kandidierenden stimmten dem Kohleausstieg 2030 zu. 13,2 % lehnen die Forderung ab und 14,8 % positionieren sich neutral.

Überragende Mehrheiten fand die These bei den Mandatsbewerber:innen der Grünen mit 98,2 %, der Linken mit 97,4 %, der SPD mit 89,8 % sowie der CDU mit 89,2 %. Aber auch kleinere Parteien wie die Tierschutzpartei, Volt oder die PARTEI positionierten sich eindeutig für die These.

Auf nahezu einstimmige Ablehnung traf die These hingegen nur bei den Kandidat:innen der AfD mit 91,5 %.

Weniger klar positionierten sich die Kandidierenden der FDP: Hier stimmten zwar knapp ein Viertel (24,4 %) für den Ausstieg, aber der Großteil von circa zwei Drittel (66,7 %) positionierte sich neutral. Abgelehnt haben die These nur 8,9 % der FDPler:innen, die am Kandidierenden-Check teilgenommen haben.

These 4: Menschen, die dauerhaft in Deutschland leben, sollen an allen Wahlen teilnehmen dürfen.

Derzeit dürfen nicht alle Menschen, die dauerhaft in Deutschland leben, an allen Wahlen teilnehmen. Empfinden die Kandidierenden das als richtig oder fordern sie eine Reform?

Unter allen Teilnehmenden spricht sich eine Mehrheit von 62,5 % für eine Erweiterung des Wahlrechts in Deutschland aus. Abgelehnt wird diese von einem knappen Viertel mit 23,2 %, neutral positionieren sich 14,3 %.

Ganz klar mehrheitlich für die These stimmten die Kandidierenden von der Linken (97,4 %), der SPD (94,9 %) und den Grünen (91,8 %). Aber auch Volt (86,8 %) und die PARTEI (84,8 %) befürworten den Vorschlag.

Auf klare Ablehnung traf diese These nur bei den AfD- und den FDP-Kandidat:innen. 96,2 % der AfD und 70 % der FDP stimmten gegen eine Erweiterung des deutschen Wahlrechts. 

Weniger entschlossen scheinen wiederum die Mandatsanwerber:innen der CDU: Hier positionierte sich der Großteil von 72,3 % neutral, auf Ablehnung traf die These bei 23,1 % der Kandidat:innen und positiv äußerten sich 4,6 % von ihnen.

These 5: Die Kirchensteuer soll nicht vom Staat eingezogen werden.

Die Kirchensteuer wird in Deutschland von den Finanzämtern eingezogen. Rufe nach einer strengeren Trennung von Kirche und Staat werden vereinzelt immer lauter. So auch die Forderung, die Kirchensteuer solle nicht mehr vom Staat eingezogen werden.

Eine knappe Mehrheit der Landtagskandidierenden von 52,7 % stimmt dieser These zu, mit 25 % lehnt sie ein Viertel ab und 22,3 % positionieren sich neutral.

Eine klare mehrheitliche Zustimmung findet sich bei den Kandidierenden der Linken, der AfD, der MLPD, der Volt-Partei, der Piraten-Partei und der basisdemokratischen Partei. 89,7 % der Linken und 63,5 % der AfD stimmen der These zu.

Weniger deutlich sind die Ergebnisse der FDP und der Grünen: Die Kandidierenden der beiden Parteien sind im Großteil in Zustimmung und neutraler Position gespalten. So befürworten 47,3 % der Grünen-Kandidat:innen die These, während 8,2 % sie ablehnen und 44,5 % eine neutrale Haltung einnehmen. Bei den FDP-Kandidat:innen positionieren sich 47,8 % positiv bei neutraler Positionierung von 42,2 %.

Deutlich abgelehnt wird die Forderung von CDU- und SPD-Kandidierenden. 84,6 % und 68,4 % fordern keine Änderung in Sachen Kirchensteuer.

These 6: Jeder Mensch, der nicht explizit widerspricht, wird als Organspender:in in Betracht gezogen.

Organspender:in wird man derzeit nur, wenn man der Organspende offiziell zustimmt. In anderen Ländern muss man der Organspende hingegen aktiv widersprechen. Befürworter:innen erhoffen sich so höhere Spendenzahlen. Bereits Anfang 2020 hatte der Bundestag gegen die sogenannte Widerspruchslösung abgestimmt (die wie hier dokumentierten), was ist mit den Positionen in NRW?

Die Mehrheit (46,7 %) der Kandidierenden für den Landtag NRW ist der Meinung, dass die Organspende-Regelung in Deutschland entsprechend geändert werden sollte. 30,3 % von ihnen lehnen eine Änderung ab und 23 % positionieren sich neutral.

Mehrheitlich befürwortet wird diese These nur von den Kandidat:innen von SPD und Grünen mit 59,2 % und 59,1 %.

Kandidierende von AfD (74 %), der Linken (46,2 %) und der FDP (45,6 %) sind sich hingegen merhheitlich einig und lehnen die These ab. Allerdings befürworten auch gleichzeitig 35,9 % der Linken- und 36,7 % der FDP-Mandatsbewerber:innen die These.

Weniger klar positionieren sich hingegen die Kandidierenden der CDU: 27,7 % fordern Änderungen der Organspende-Regeln, 9,2 % lehnen sie ab, aber der Großteil von 63,1 % positioniert sich neutral.

These 7: Der WDR soll sich zukünftig auf Information, Bildung und Kultur fokussieren.

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden immer wieder für ihre Programminhalte kritisiert. So fordern manche, dass sich das öffentlich-rechtliche Programm auf Information, Bildung und Kultur fokussieren sollte. Wie stehen unsere Kandidierenden für den Landtag in Nordrhein-Westfahlen dazu?

Unter allen Kandidat:innen lehnt die Mehrheit von 45,1 % eine solche Programmeinschränkung ab, während 28,2 % sich neutral äußern und 26,7 % der These zustimmen.

Aufgeschlüsselt nach Parteizugehörigkeit der Mandatsbewerber:innen fällt auf, dass mehrheitliche Zustimmungswerte zwischen den großen Parteien nur bei den Kandidat:innen von FDP und AfD zu finden sind. 82,2 % der FDPler:innen und 62,8 % der AfDler:innen stimmen der These zu.

Auf sehr große Ablehnung trifft der Vorschlag bei den SPD-Kandidierenden mit 95,9 %. Aber auch die Kandidat:innen der Grünen und Linken lehnen eine Programmeinschränkung des öffentlich-rechtlichen Programms mehrheitlich mit 69,1 % und 51,3 % ab.

Mit deutlicher Mehrheit neutral positionieren sich nur die Landtagsanwerber:innen der CDU mit 78,5 %.

These 8: Die Polizei soll nach richterlichem Beschluss auf verschlüsselte Nachrichten in Messenger-Diensten ( z.B. Telegram, WhatsApp) Zugriff haben.

Ob Ordnungsbehörden nach richterlichem Beschluss Nachrichten aus Messenger-Diensten wie WhatsApp oder Telegram auslesen dürfen, ist eine heikle Frage. Während einige hier einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Sicherheit sehen mögen, stellt es für andere einen übergriffigen Einschnitt in die Privatsphäre der Bürger:innen dar.

Entsprechend gespalten sind auch die Kandidierenden bei der Landtagswahl in NRW in dieser Frage. Während sich 47,8 % für die Möglichkeit aussprechen, positionieren sich 41,5 % der Kandidierenden dagegen. 10,7 % der möglichen neuen Mandatsträger:innen bezogen eine neutrale Haltung.

Besonders große Zustimmung erhielt die These aus den Reihen der CDU mit einer Zustimmungsquote von 98,5 % und der SPD mit 90,8 %. Die AfD-Kandidierenden waren mit 50 %, die dafür stimmten, zwiegespalten.

Kritischer gegenüber dem Auslesen von Messenger-Nachrichten standen die Kandidierenden von Bündnis 90/Die Grünen mit 54,5 % dagegen, die FDP mit 58,9 % Ablehnung und schließlich die Linkspartei mit 79,5 % Nein-Stimmen.

These 9: Es soll sichtbar werden, welche Unternehmen und Organisationen an Gesetzentwürfen mitgewirkt haben (Legislativer Fußabdruck).

Ein legislativer Fußabdruck würde für die Öffentlichkeit sichtbar machen, an welchen Stellen Lobbyist:innen an Gesetzesentwürfen mitgewirkt haben. Das würde zu mehr Transparenz führen und ist eine der zentralen Forderungen von abgeordnetenwatch.de an die Politik.

Tatsächlich wurde dieser These auch von einer überwältigenden Mehrheit von 89,2 % der Kandidierenden zugestimmt. Von den Kandidierenden von Bündnis 90/Die Grünen haben gar 100 % zugestimmt, von der Linkspartei 98,7 %, der AfD 94,2 % und der FDP immerhin noch 87,8 %.

Nur eine Partei fällt in unserem Kandidierenden-Check aus diesem Muster: Bei der CDU fand die These nur eine Zustimmungsquote von 20 %. Zwar wurde sie auch nur von 9,2 % der CDU-Kandidierenden abgelehnt, dafür positionierten sich 70,8 % neutral. Vielleicht eine Meinungsänderung bei den Christdemokrat:innen dazu? 

These 10: Die Rhein-Ruhr-Region soll sich für die Olympischen Spiele 2036 bewerben.

Die Rhein-Ruhr-Region ist in der Vergangenheit bereits mit einer Bewerbung für die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2032 gescheitert. Trotz der hohen Kosten und organisatorischen Hürden gibt es weiterhin viele Unterstützer:innen für eine erneute Bewerbung für die Olympiade 2036. Wird diese Unterstützung auch durch unsere Kandidierenden geteilt?

Bei der Beantwortung der These ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Insgesamt signalisierte mit 41,7 % ein Großteil der Kandidierenden eine Unterstützung für eine Bewerbung. Es lehnten die These zwar nur 20,9 % aller Kandidierenden ab, dafür positionierten sich aber auch 37,4 % neutral.

Besonders groß war die Unterstützung für eine Bewerbung aus den Reihen von CDU und FDP, bei denen 90,8 % (CDU) bzw. 85,6 % (FDP) dafür stimmten. Bei den anderen Parteien ergab sich ein neutraleres Bild. So stimmten unter den Grünen-Kandidierenden 31,8 % dafür und 60,9 % neutral, bei der SPD 28,6 % dafür und 67,3 % neutral.

Am kritischsten zeigten sich die Wahlbewerber:innen der AfD und Linkspartei. Bei der AfD stimmten 30,8 % gegen die These und 46,2 % neutral. Bei der Linken stimmten sogar 71,8 % dagegen und 24,4 % neutral.

These 11: Deutschland soll deutlich mehr für Verteidigung ausgeben, um das 2-Prozent-Ziel der NATO umzusetzen.

In den letzten Monaten ist die Ausrüstung der Bundeswehr im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Viele halten höhere Investitionen in die Verteidigung für notwendig, andere warnen vor Aufrüstung. Wie sehen die Kandidierenden in NRW höhere Verteidigungsaufgaben?

Insgesamt stimmte mit 54,1 % die Mehrheit von ihnen für eine Aufstockung der Verteidigungsausgaben auf das 2-Prozent-Ziel der NATO. 30,5 % stimmten dagegen und 15,4 % positionierten sich neutral.

Breite Unterstützung erhielt die These durch die Kandidierenden der CDU (96,9 % Zustimmung), FDP (95,6 % Zustimmung), AfD (88,2 % Zustimmung) und SPD (81,6 % Zustimmung).

Eine sehr kritische Haltung zeigten dagegen die Bewerber:innen von Bündnis 90/Die Grünen und der Linkspartei. Bei den Grünen stimmten 27,3 % zu, 32,7 % dagegen und 40 % wählten die neutrale Position. Bei den Linken stimmten gar mit 98,7 % fast alle Kandidierenden gegen die These.

These 12: Der 1.000 m-Mindestabstand von Wohngebäuden zu Windkraftanlagen soll verringert werden.

10H-Regel, 1.000m-Mindestabstand – über Deutschland verteilt gibt es verschiedene Vorgaben dazu, wie weit Windkraftanlagen von Wohngebäuden entfernt sein müssen. Für die einen werden so Anwohner:innen vor Belästigung geschützt, für die anderen die Energiewende und Klimaschutz ausgebremst. Was halten die Kandidierenden in NRW von der Verringerung des 1.000m-Mindestabstandes in ihrem Bundesland?

Insgesamt haben sich bei unserer Befragung 59,5 % der Kandidierenden für die Verringerung ausgesprochen. 26 % haben sich dagegen positioniert und 14,5 % neutrale Stellung bezogen.

Am deutlichsten für die These positionierten sich die Grünen mit 97,3 % und die SPD mit 95,9 % Zustimmung. Auch die Kandidierenden der Linkspartei stimmten zu 89,7 % zu. Uneindeutiger sah es bei den Bewerber:innen der CDU aus, von den sich mit 72,3 % fast drei Viertel neutral positionierten.

Kritisch gegenüber der These eingestellt waren die Kandidierenden der FDP, von denen sie 71,1 % ablehnten und der AfD, bei denen 97,9 % dagegen stimmten.

These 13: Nur ökologische Landwirtschaft soll subventioniert werden.

Nachhaltigkeit ist für viele in Zeiten einer globalen Klimakrise wichtiger denn je. Doch sollte Landwirtschaft nur noch staatlich subventioniert werden, wenn sie ökologisch ist? Die Mehrheit (47,1 %) der Kandidierenden sagt: Nein. Gleichzeitig befürworten mehr als ein Drittel (35,4 %) die These, während sich 17,5 % neutral positionieren.

Für die auf ökologische Landwirtschaft beschränkte Subventionierung sprachen sich mehrheitlich lediglich die Kandidierenden der Tierschutzpartei mit 88,9 % ,der Linken mit 85,9 % und der Volt-Partei mit 63,2 % aus.

Die Mandatsanwärter:innen der restlichen Parteien waren sich weitgehend einig, dass auch nicht-ökologische Landwirtschaft weiterhin subventioniert werden solle. Die Direktkandidierenden der CDU mit 89,2 %, der FDP mit 87,8 %, der AfD mit 84,3 %, und der SPD mit 71,4 %, sprachen sich mehrheitlich gegen die These aus.

Die Teilnehmer:innen der Grünen in Nordrhein-Westfalen waren sich nicht so einig. Während 45,5 % für die alleinige Subvention von Ökologischer Landtwirtschaft stimmen, wählten mit 40,9 % fast ebenso viele eine neutrale Haltung. Lediglich 13,6 % stimmten allerdings bei ihnen gegen die These.

These 14: Die allgemeine Wehrpflicht soll wieder eingesetzt werden.

Die Bundeswehr ist nicht zuletzt seit der angekündigten Investition von 100 Milliarden Euro wieder in aller Munde. Aufrüstung ist das bestimmende Thema und dabei stellt sich auch die Frage, ob die Wiedereinführung einer Wehrpflicht eine geeignete Option ist. Nein, sagen die Direktkandidierenden aus Nordrhein-Westfalen: 69,2 % geben an, gegen eine allgemeine Wehrpflicht zu sein. Lediglich 14,8 % stimmen dem Vorschlag zu und 16 % stehen der Frage neutral gegenüber.

Die Kandidierenden der Linken, der Grünen, FPD, der SPD und der Volt-Partei sind sich alle einig, sie stimmen mit 93,6 % (Linke), 92,2 % (FDP), 90 % (Grüne), 84,7 % (SPD) und 81,6 % (Volt) gegen die Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht.

Die AfD-Kandidierenden stimmen entgegengesetzt mit 92,2 % dafür, dass die Wehrpflicht wieder eingeführt wird.

Die Teilnehmer:innen der CDU stehen der Frage zum Großteil mit einer Quote von über drei Vierteln (76,9 %) neutral gegenüber. 10,8 % von ihnen stimmten für die Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht.

These 15: Es soll eine Corona-Impfpflicht für alle Erwachsene geben.

Kaum ein Thema hat den öffentlichen Diskurs in den letzten Monaten so sehr bestimmt wie die Frage nach einer Impfpflicht. Eine vorläufige Entscheidung wurde bereits am 7. April im Bundestag getroffen. Über vier Anträge zur Impfpflicht wurde abgestimmt (hier dokumentieren wir die vier Abstimmungen), von denen keiner die erforderliche Mehrheit erreichen konnte.

Zu einer Mehrheit sind die Direktkandidierenden in NRW auch nicht gekommen. 42,6 % der Teilnehmenden sind für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren. Fast eben so viele sind aber auch dagegen, nämlich 37,9 %. Der Rest von 19,5 % steht der Frage neutral gegenüber.

Die AfD und die erst zu Coronazeiten gegründete Partei dieBasis sind sich einig. Alle teilnehmenden Kandidierenden der beiden Parteien, also 100 %, stimmten gegen die Forderung nach einer Impfpflicht.

Ähnlich sehen das die Mandatsbewerber:innen der FDP und Linken, sie stimmen mehrheitlich gegen eine allgemeine Impfpflicht. Die Direktkandidierenden der FPD stimmen mit 66,7 % gegen die These und die der Linken mit 57,9 %.

Die Grünen- und die CDU-Kandidierenden sind mit einer knappen Mehrheit für die Impfpflicht. 63,6 % der Grünen-Kandidierenden und 58,5 % der CDU sind dafür und jeweils etwa ein Viertel steht bei ihnen der Frage neutral gegenüber.

Allein die Teilnehmer:innen der SPD-Kandidierenden stimmen sehr geeint ab. 89,7 % von ihnen stimmen für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht.

These 16: NRW soll die Hürde für Volksbegehren senken.

Viele Menschen wollen sich gerne mehr und direkter in der Politik beteiligen, sich aber nicht immer direkt einer Partei anschließen. Durch Volksbegehren können einzelne von speziellen Interessensgruppen vertretene Anliegen überparteilich in der Politik eingebracht werden. Allerdings sind die Hürden dafür, dass ein Volksbegehren auch wirklich im Parlament landet, oftmals sehr schwierig zu überwinden.

70 % der teilnehmenden Direktkandidierenden in Nordrhein-Westfalen sehen das ähnlich und stimmen für die Senkung der Hürden bei Volksbegehren. 20,3 % stimmen dagegen und halten die geltenden Regelungen für angemessen, 9,7 % sind hingegen neutral eingestellt.

Die meisten der großen Parteien und auch viele kleinere Parteien sind für die Sekung der Hürden bei Volksbegehren. Die Kandidierenden der Linken stimmen sogar fast einstimmig mit 97,4 % dafür. Die AfD, die Grünen und die SPD sind ebenfalls für mehr Bürgerbeteiligung durch Volkbegehren, indem die Hürden gesenkt werden. 88,5 % der AfD, 88,2 % der Grünen und 81,6 %  der Teilnehmenden der SPD sind dafür.

Die Mandatsbewerber:innen der CDU und FDP sind anderer Ansicht, sie stimmen mehrheitlich gegen die Senkung der Hürden bei Volksbegehren. 87,7 % unter den CDU-Kandidierenden und 63,3 % der FDP stimmen dagegen.

These 17: Anwohner:innen sollen bei der Sanierung ihrer Straße weiterhin finanziell beteiligt werden (Straßenausbaubeiträge).

Die Staßenerneuerung kann für anliegende Bürger:innen sehr schnell sehr teuer werden. Oftmals wir dann argumentiert, dass die Anlieger:innen den größten Nutzen von der Sanierung hätten. Die teilnehmenden Direktkandidierenden in Nordrhein-Westfalen sehen das anders.

Mit einer eindeutigen Mehrheit von 90,4 % simmen sie dagegen, dass die Bürger:innen weiterhin finanziell durch Straßenausbaubeiträge beteiligt werden. Lediglich 3,6 % sind dafür und 6 % sind neutral. Fast alle Parteien sind mehrheitlich für die Abschaffung der Beiträge.

Die Kandidierenden der FPD und SPD sind sich sehr einig, sie Stimmen beide mit 98,9 % (FDP) und 98 % (SPD) dagegen. Danach kommen die Direktkandidierenden der CDU und der Linken mit 95,4 % und 92,3 %. Auch die AfD und die Grünen haben änliche Stimmenanteile mit 88,5 % und 85,5 % gegen die Kostenübernahen durch Anwohner:innen.

These 18: Die Laufzeit von Atomkraftwerken soll um einige Jahre verlängert werden.

Dass die Energieversorgung durch Atomkraft so bald wieder zur Diskussion stehen würde, hätten wohl wenige gedacht. Aber durch die Verunsicherung über die Öl- und Gasversorgung stellen sich viele wieder die Frage, ob AKWs länger genutzt werden sollten.

Bei den teilnehmenden Direktkandidierenden ist die allgemeine Zustimmung eher niedrig: Nur 19,2 % stimmen der These und damit einer verlängerten Nutzung der Atomkraftwerke zu. 66,6 % sind dagegen, während 14,2 % angeben, neutral zu sein.

Die Kandidierenden der AfD sind von der Idee, Strom und Energie länger als geplant aus Atomkraft zu beziehen, offensichtlich am überzeugtesten. 90 % ihrer Teilnehmenden stimmen für eine Verlängerung, lediglich 2 % dagegen und 8 % stehen dem Thema neutral gegenüber.

Komplett entgegengesetzt sieht es bei den Kandidierenden der Grünen, der SPD und der Linken aus. Hier sind die Kandidierenden zu 97,3 % (Bündnis 90/Die Grünen), 96,9 % (SPD) und 94,9 % (Linke) gegen eine Laufzeitverlängerung der AKWs.

Die Direktkandidierenden der FPD und CDU sind sich in der Hinsicht uneiniger. 34,4% der FDP-Kandidierenden stimmten für den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken, 12,2 % sind dagegen und über die Hälfte, 53,3 %, bezogen die neutrale Position. Bei der CDU stimmten 13,8 % dafür, 69,2 % dagegen und 16,9 % neutral.

These 19: Es braucht mittelfristig eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich.

Belgien ermöglicht sie Arbeiternehmer:innen schon, die 4-Tage-Woche, aber wie sehen das die Kandidierenden in Nordrhein-Westfalen? Auch wenn sich Nordrhein-Westfalen und Belgien eine direkte Grenze teilen, stimmen die Kandidierenden ihren Nachbar:innen in dieser Frage nicht zu. Mit 35,9 % stimmt lediglich etwas mehr als ein Drittel für eine 4-Tage Woche bei vollem Lohnausgleich, mit 39,5 % etwas mehr dagegen und 24,6 % geben an, neutral zu sein.

Ähnlich gespalten wie das Gesamtergebnis sind die Kandidierenden von Bündnis 90/Die Grünen, zu je etwa einem Drittel stimmen sie zu (39,1 %), dagegen (33,6 %) oder neutral (27,3 %).

Ganz anders sieht es bei den Linken und der MLPD aus. Die Teilnehmer:innen aus beiden Parteien stimmen mit großen Mehrheiten für die Einführung der 4-Tage Woche, konkret 98,7 % (Die Linke) und 88,2 % (MLPD).

Die Direktkandidierenden der SPD sind sich einig, zu dieser These nicht fest auf einer Seite zu stehen. Fast drei Viertel von ihnen, 73,5 %, geben nämlich an, dieser These neutral gegenüber zu stehen. Immerhin 19,4 % sind für und 7,1 % gegen ein 4-Tage-Woch bei vollem Lohnausgleich.

Die teilnehmenden Kandidierenden der CDU, FDP und der AfD haben alle mit großer Mehrheit gegen die These gestimmt. 89,2 % der CDU-Kandidierenden, 88,9 % der FDP und 74,5 % der AfD sprechen sich gegen die These aus.

These 20: Es sollte ein verpflichtendes Vorschuljahr eingeführt werden.

Bildung beginnt schon in frühester Kindheit und lange vor der Einschulung. Einige fordern deshalb ein verpflichtendes Vorschuljahr für alle Kinder. Bei dieser These waren sich die teilnehmenden Direktkandidierenden nur knapp einig. Zu der Frage stimmen 55,1 % der Mandatsbewerber:innen mit Nein. Nur 21,8 % sind für ein verpflichtendes Vorschuljahr und 23,1 % neutral.

Die Kandidierenden der SPD und der CDU sind sich am einigsten, mit 90,8 % und 83,1 % stimmen die Teilnehmenden der beiden Parteien gegen das verpflichtende Vorschuljahr. Die FPD (68,9 %), AfD (59,2 %) und Grünen (54,5 %) sind in ihrer Position zwar nicht so deutlich, aber doch mehrheitlich gegen ein verpflichtendes Vorschuljahr.

Bei den Linken-Kandidierenden geben wiederum an, 52,6 % an, eine neutrale Position in der Frage zu besitzen. Immerhin 30,8 % von ihnen sprechen sich allerdings für das verpflichtende Vorschuljahr aus.

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