Den Namen von Deutschlands bekanntesten Lobbyisten Gerhard Schröder sucht man im Lobbyregister derzeit vergeblich. Doch könnte er bei der Bundesregierung oder den Abgeordneten trotzdem lobbyieren? Die Antwort darauf lautet: Ja – unter bestimmten Voraussetzungen. Mehr zu diesem und zu anderen Themen in der neusten Ausgabe unseres Newsletters.
Die Themen:
- Lobbyarbeit am Lobbyregister vorbei
- Inakzeptabel und skandalös
- +++ Großspenden-Ticker: 2 x100.000 Euro für die CDU +++
- Ende der Corona-Maßnahmen und Bundeswehreinsätze: So stimmten die Abgeordneten
- Lobby-Millionen der Mineralölwirtschaft | Seitenwechsel von MdB-Mitarbeiter:innen | PR-Slogans im Lobbyregister
- Wahl in Schleswig-Holstein: Befragen Sie Ihre Kandidierenden
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten aufgerufener Artikel im letzten Newsletter: Kanzleramt verweigert Herausgabe von Kalendereinträgen zu Schröder-Gesprächen mit Merkel
Lobbyarbeit am Lobbyregister vorbei
© | picture alliance / AP | Alexander Zemlianichenko |
Eigentlich ist die Sache klar: Wer bei der Bundesregierung oder den Abgeordneten im Bundestag lobbyieren will, muss sich seit Jahresbeginn ins Lobbyregister eintragen. Doch so einfach ist es nicht. Denn Interessenvertreter:innen können ihre Anliegen gegenüber der Politik auch am Lobbyregister vorbei vortragen. Veranschaulichen lässt sich dieses grundsätzliche Problem an einem diskreten Gespräch, das ein SPD-Bundestagsabgeordneter Anfang Januar mit dem Altkanzler und Gaslobbyisten Gerhard Schröder sowie dem damaligen Honorarkonsul Russlands führte. Ob es bei dem Treffen, das nur durch Zufall ans Licht kam, um das umstrittene Pipeline-Projekt Nord Stream 2 ging, kann der SPD-Abgeordnete nicht ausschließen.
Mehr:
Könnte Gerhard Schröder weiter Lobbyarbeit betreiben, obwohl er nicht im Lobbyregister steht?
Inakzeptabel und skandalös
© | Foto: Deutsche Welle/Flickr/ CC BY-NC 2.0 |
Kommen wir zur Rüstungslobby. Rheinmetall hat vergangenes Jahr 1,2 Mio. Euro für seine Lobbyarbeit ausgegeben. Die Lobbyistinnen und Lobbyisten des Unternehmens dürften gerade in diesen Tagen viel zu tun haben. Denn die Bundesregierung will Milliarden für neue Rüstungsgüter ausgeben.
Was ist über die Lobbyarbeit von Rheinmetall ansonsten bekannt – außer, dass Ex-Minister Dirk Niebel einer von drei registrierten Lobbyisten ist? Das ist natürlich eine rhetorische Frage. Denn bei Rheinmetall und allen anderen Unternehmen, Verbänden und Agenturen bleibt das Entscheidende komplett im Dunkeln: bei welchen Regierungsmitgliedern und Abgeordneten sie Lobbyarbeit betreiben.
Dass Lobbyisten wie Dirk Niebel ihre Kontakte nutzen und für einflussreiche Konzerne im Geheimen lobbyieren können, ist inakzeptabel und skandalös. Und Besserung ist nicht in Sicht. In der Ampel-Koalition gibt es keine Pläne, Lobbykontakte transparent zu machen.
Am Ende ist es so wie immer: Ohne öffentlichen Druck wird nichts passieren, werden keine Transparenzregeln verschärft und keine Lobbykontakte öffentlich. Damit dieser Druck entsteht, decken wir Missstände auf und suchen mit öffentlichkeitswirksamen Kampagnen Unterstützung in der Bevölkerung. Bitte unterstützen Sie uns dabei und werden Sie Förder:in von abgeordnetenwatch.de! Dies geht bereits ab 5 Euro pro Monat. Ihre Förderbeiträge sind steuerlich absetzbar.
+++ Großspenden-Ticker: 2x 100.000 Euro für die CDU +++
© | Pixabay License |
Die CDU hat die ersten Großspenden des Jahres erhalten.
- Mitte März gingen bei der Partei 100.000 Euro von der Gütersloher Konzerngruppe Thomas Hagedorn Holding GmbH ein, die im Bereich Abbruch, Sanierung, Entsorgung und Recycling von Bauschutt tätig ist. Weder die Thomas Hagedorn Holding GmbH noch ein Tochterunternehmen sind bisher als Parteispender bekannt gewesen.
- Am Donnerstag dieser Woche erhielt die CDU weitere 100.000 Euro, die von dem Kölner Immobilienunternehmer Christoph Alexander Kahl stammen. Kahl hatte der Partei in der Vergangenheit mehr als 1,7 Mio. Euro an Parteispenden zukommen lassen. Nicht immer waren dabei die Vorgaben des Parteiengesetzes eingehalten worden, wie wir 2017 aufdeckten: "CDU-Großspende gestückelt – 100.000 Euro blieben wochenlang im Dunkeln"
Eine Großspende muss unverzüglich auf der Internetseite des Bundestages veröffentlicht werden, wenn sie über 50.000 Euro liegt. Zahlungen unterhalb dieser Schwelle werden erst mit großer Verzögerung in den Rechenschaftsberichten der Parteien bekannt – Spenden aus dem laufenden Jahr nicht vor Ende 2024.
Die Parteien müssen dabei nicht mitteilen, welche Parteigliederung die Zahlungen erhielt, z.B. ob bei den aktuellen Großspenden der CDU-Landesverband in NRW profitiert hat, der sich gerade im Landtagswahlkampf befindet. Deswegen sollte verpflichtend transparent gemacht werden, an wen eine Spende genau ging.
Ende der Corona-Maßnahmen und Bundeswehreinsätze: So stimmten die Abgeordneten
Der Bundestag hat vergangene Woche wichtige Entscheidungen in namentlicher Abstimmungen getroffen. Die Abgeordneten beschlossen eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes, wodurch zahlreiche Corona-Maßnahmen entfallen. Außerdem verlängerte das Parlament die Bundeswehreinsätze im Mittelmeer (Nato-Mandat) und im Südsudan (UN-Mandat).
Wie die Abgeordneten stimmten, haben wir für Sie hier dokumentiert:
Lobby-Millionen der Mineralölwirtschaft | Seitenwechsel von MdB-Mitarbeiter:innen | PR-Slogans im Lobbyregister
Neben unserer Website liefern wir auch bei Twitter, Instagram und Facebook Hintergründe zu aktuellen Themen und eigenen Recherchen. Dies sind einige Beispiele aus den vergangenen Tagen:
- Lobby-Millionen der Mineralölwirtschaft | Nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de haben große Konzerne und Verbände der Mineralölwirtschaft zuletzt rund acht Millionen Euro für Lobbyarbeit ausgegeben. Auf Twitter zeigen wir, was sich Branchengrößen wie BP oder Shell ihre Lobbyaktivitäten kosten lassen. Russische Ölkonzerne wie Rosneft oder Lukoil finden sich übrigens nicht in der Liste, ebenso wenig der Gaskonzern Gazprom. Sie haben sich bislang nicht im Lobbyregister eingetragen und müssen ihre Lobbybudgets deswegen nicht offenlegen. (Wie viel die einzelnen Ölkonzerne und Verbände für Lobbyismus ausgeben, können Sie auch hier auf unserer Website nachsehen)
- Seitenwechsel von MdB-Mitarbeiter:innen | Immer wieder werben Konzerne und Lobbyverbände enge Mitarbeiter:innen von Abgeordneten ab. Ein aktuelles Beispiel ist der bisherige Büroleiter von zwei FDP-Bundestagsabgeordneten, der nun für einen großen Wirtschaftsverband arbeitet. Auf Twitter zeigen wir weitere Fälle, unter anderem Seitenwechsel aus den Büros von Jens Spahn und Alexander Dobrindt in die Gesundheits- bzw. Autowirtschaft. (Unsere Recherche "Seitenwechsel: Lobbyakteure rekrutieren Büroleiter:innen von Abgeordneten" können Sie auch hier auf unserer Website nachlesen)
- PR-Slogans im Lobbyregister | Ein großer Energiekonzern, der sich als "Gestalter und Schrittmacher der grünen Energiewelt" präsentiert. Ein Rüstungshersteller, der "innovative Lösungen für eine sichere und lebenswerte Zukunft" im Angebot hat: Im Lobbyregister finden sich etliche Beispiele von PR-Slogans, die die Unternehmen in einem positiven Licht erscheinen lassen sollen. Wir haben einige Fälle zusammengetragen – und bei Twitter ein Quiz erstellt: Welche Konzerne präsentieren sich hier?
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Wahl in Schleswig-Holstein: Befragen Sie Ihre Kandidierenden
© | abgeordnetenwatch.de |
Wer kandidiert bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 8. Mai in Ihrem Wahlkreis? Über unser neues Wahlportal finden Sie dies ganz leicht heraus – die Eingabe Ihrer Postleitzahl genügt. Dort können Sie Ihre Kandidierenden beispielsweise dazu befragen, wie diese zu Themen stehen, die für Sie wahlentscheidend sind. Und Sie können nachlesen, was die Kandidierenden auf die Fragen anderer Menschen Ihres Wahlkreises geantwortet haben.
Fragen und Antworten des Monats
- Impfstatus | "Warum legen Sie und Ihre Kollegen aus dem Bundestag nicht Ihren Impfstatus offen, um so das Vertrauen in die Impfungen zu fördern?" will eine Bürgerin von dem FDP-Bundestagsabgeordneten Konstantin Kuhle wissen. Er selbst, so Kuhle, habe seine Erstimpfung im Mai 2021 öffentlich auf seinen Social-Media-Kanälen kommuniziert, um ein Zeichen für die Impfkampagne zu setzen. "Mittlerweile bin ich glücklicherweise zum dritten Mal geimpft und kommuniziere dies gerne auch öffentlich." Die Anfrage der Bürgerin nehme er aber "gerne zum Anlass, um noch weitere persönliche Möglichkeiten der Werbung für die Impfung zu prüfen."
- BILD | "Schlimm genug, dass der Ukrainekrieg tobt", schreibt ein Bürger in seiner Frage an den SPD-Bundestagsabgeordneten Ralf Stegner. "Jetzt betätigt sich auch noch BILD mal wieder als absoluter Scharfmacher. Herr Stegner, können wir uns darauf verlassen, dass sich unsere Regierung nicht von Medien, wie BILD, in den Krieg reinziehen lässt?" In seiner Antwort schreibt der Abgeordnete: "Ich denke immer noch gerne selbst und kann Ihre Frage daher kurz und knapp beantworten: Ja, sie können sich darauf verlassen, 'dass sich unsere Regierung nicht von Medien, wie BILD, in den Krieg reinziehen lässt'." Allerdings verweise der Fragesteller auf einen wichtigen Punkt: "Dieser Krieg ist nicht nur einer der mit Waffen, sondern auch zwischen unterschiedlichen (Des)Informationskräften geführt wird. Es gilt daher, unsere Aufmerksamkeit auf die sorgfältige Überprüfung möglichst objektiver Fakten gerichtet zu halten, denn unsere Demokratie ist und bleibt auf Wahrheit angewiesen."
- Ukraine | "Sehr geehrter Herr Gysi, warum sind die Abgeordneten ihrer Partei nicht aufgestanden und haben dem ukrainischen Botschafter applaudiert, als es im Bundestag um den Krieg in der Ukraine ging?" will ein Bürger von dem Linken-Politiker wissen. Gysi schreibt in seiner Antwort: "Ihre Beobachtung ist falsch. Wir sind dann selbstverständlich auch aufgestanden und haben auch geklatscht, die AfD allerdings nicht."
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein (Wahl) | Thüringen
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