Korrespondenzen mit Augustus Intelligence

Verkehrsminister Scheuer löschte offenbar Handy-Nachrichten

Verkehrsminister Andreas Scheuer weigerte sich beharrlich, Korrespondenzen mit den Gründern des umstrittenen Start-ups Augustus Intelligence herauszugeben. Nun zeigt sich: Die Nachrichten wurden offenbar von seinen Mobiltelefonen gelöscht – obwohl die Initiative FragDenStaat versucht hatte, die Löschung gerichtlich untersagen zu lassen.

von Redaktion abgeordnetenwatch.de, 20.07.2021
Verkehrsminister Andreas Scheuer

Ob Maut-Desaster oder verschwendete Millionen bei der Autobahn AG – zahlreiche Skandale konnten Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bislang nichts anhaben. Dass Scheuer sich stets aus der Affäre ziehen konnte, liegt auch daran, dass er die üblichen Wege in der Verwaltung nicht selten umgeht.

Ein Beispiel: Die Verhandlungen um die PKW-Maut, deren Scheitern die Steuerzahler:innen am Ende hunderte Millionen Euro kosten dürfte. Scheuer nutzte private Mailadressen und Messenger, Telefonnummern und seine Adresse als Bundestagsabgeordneter. Die Inhalte der Kommunikation wurden deswegen nicht in den offiziellen Akten des Verkehrsministeriums abgelegt – und bleiben der Öffentlichkeit entzogen. 

Normalerweise können Interessierte auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) Unterlagen von Behörden anfordern, zum Beispiel Korrespondenzen von Regierungsmitgliedern. Doch was in den offiziellen Akten nicht enthalten ist, braucht nach dem IFG auch nicht zur Verfügung gestellt zu werden. Die Initiative FragDenStaat will dies ändern: Mit mehreren Klagen versucht das Transparenzportal zu erreichen, dass auch nicht veraktete Informationen herausgegeben werden – wenn sie einen Bezug zur amtlichen Tätigkeit eines Ministers aufweisen.

Löschung, damit Klage ins Leere läuft?

Vor einiger Zeit drängte FragDenStaat mit einer Klage gegen das Verkehrsministerium darauf, dass die Behörde WhatsApp-Nachrichten von Scheuer herausgeben muss, die der Minister im Zusammenhang mit seiner Unterstützung für das auch von Phillip Amthor (CDU) beworbene US-Unternehmen Augustus Intelligence verschickt hatte.

Weil die Transparenzinitiative nicht ausschloss, dass Scheuer die Nachrichten löschen könnte, reichte sie im Frühjahr einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Berlin ein. Das Gericht sollte Scheuer untersagen, die Nachrichten zu vernichten.

Das Verkehrsministerium gab daraufhin überraschend zu Protokoll, die Nachrichten seien auf den Mobiltelefonen von Scheuer "nicht mehr" vorhanden. Aus einem internen Vermerk des Ministeriums geht hervor, dass Scheuers Haus geplant hatte, gegenüber FragDenStaat möglichst lange Zeit nicht mitzuteilen, ob die Nachrichten vorlägen.

Externe Anwaltskanzlei fertigte Gutachten an

Besonders pikant daran ist, dass das Verkehrsministerium die Nachrichten gelöscht haben könnte, um eine gerichtliche Entscheidung auf Herausgabe der Nachrichten zu vermeiden. Wie aus internen Akten des Ministeriums hervorgeht, lagen der Behörde nach der ursprünglichen Anfrage von FragDenStaat.de noch Informationen vor.

[Lesen Sie außerdem: Wie Philipp Amthor zum Türöffner für Augustus Intelligence wurde]

Da Scheuers Beamt:innen offenbar annahmen, dass der Auskunftsantrag von FragDenStaat zu einer Klage führen könnte, ließen sie sich bereits bei der Bearbeitung ihres Widerspruchs von der Anwaltskanzlei KPMG Law vertreten. Die Kanzlei fertigte ein 26-seitiges Gutachten zur Frage an, ob die Nachrichten herausgegeben werden müssen. Auch dieses Gutachten wird bisher geheim gehalten.

FragDenStaat hält trotz der vermeintlichen Löschung an der Klage gegen das Verkehrsministerium fest. Möglicherweise könnte sich noch ein Backup der Nachrichten finden. Das Gericht könnte außerdem feststellen, dass die Nachrichten herauszugeben gewesen wären – dann könnte Minister Scheuer künftig nicht mehr so einfach Transparenzbestimmungen umgehen.

Arne Semsrott

Der Autor ist Leiter unserer Partnerorganisation FragDenStaat.de, über das sich Dokumente von Behörden per Informationsfreiheitsgesetz anfordern lassen.

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