Zahlreiche Abgeordnete von CDU, SPD, FDP und Grünen haben ihre Nebenjobs bei Lobbyorganisationen nicht angemeldet. Doch ihnen passiert: fast nichts. Mehr zu dieser neuen Recherche sowie anderen Themen lesen Sie im folgenden Newsletter.
Unsere Themen:
- Zahlreiche Abgeordnete verbargen Lobbyjobs
- Das Papier nicht wert
- Volle Lobbytransparenz: Wir haben die Forderung von 120.000 Menschen in den Bundestag getragen
- Impfstoffpatente und Staatsleistungen an Kirchen: So stimmten Ihre Abgeordneten
- Kandidierenden-Check für Sachsen-Anhalt gestartet: Wer tickt wie Sie?
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten aufgerufener Artikel im letzten Newsletter: Lobbyaffäre – Wie Philipp Amthor zum Türöffner wurde
Zahlreiche Abgeordnete verbargen Lobbyjobs
© | picture alliance/dpa | Kay Nietfeld |
Nach der verspäteten Meldung von Nebeneinkünften durch die Grünen-Politikerin Annalena Baerbock werden Pflichtverstöße durch weitere Abgeordnete bekannt. Recherchen von abgeordnetenwatch.de und ZEIT ONLINE zeigen, dass zahlreiche Parlamentarier:innen ihre Tätigkeiten für Lobbyorganisationen nicht beim Bundestag gemeldet haben, darunter der frühere Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der Grünen-Politiker Cem Özdemir und FDP-Fraktionsvize Michael Theurer. Sie gaben nicht an, dass sie sich in milliardenschweren Lobbyvereinen engagieren, in wirtschaftsnahen Denkfabriken oder in Organisationen, die von der Rüstungsindustrie dominiert sind. Die Verstöße gegen die Transparenzvorschriften dürften dennoch ohne Folgen bleiben – wieder einmal. Lesen Sie hier die ganze Recherche:
Erst kürzlich hatte der Europarat kritisiert, dass Pflichtverstöße durch Bundestagsabgeordnete zu selten Konsequenzen haben. Mehr:
"Insgesamt unbefriedigend": Europarat kritisiert Transparenzregeln in Deutschland
Das Papier nicht wert
© | Jens Schöffel | Pixabay |
Was sind die Transparenzvorschriften des Bundestags, dem "Hohen Haus", eigentlich wert? In dieser Woche haben wir etliche Fälle von Pflichtverstößen durch Abgeordnete an die Öffentlichkeit gebracht. Dabei ging es nicht um ein Engagement im örtlichen Kaninchenzüchterverein, das Abgeordnete nicht gemeldet haben. Sondern es waren teilweise Posten bei milliardenschweren Lobbyverbänden, die sogar "Zugang zu Netzwerken in der Politik" versprechen.
Warum Abgeordnete immer wieder gegen die Transparenzvorschriften verstoßen, ist leicht zu beantworten: Sie müssen bislang keine Konsequenzen fürchten, abschreckende Strafen gibt es so gut wie nie. So konnte beispielsweise der CSU-Bundestagsabgeordnete Max Straubinger über Jahre hinweg Nebeneinkünfte vor der Öffentlichkeit verbergen. Als Strafe wurden seine wiederholten Verstöße in einer Bundestagsdrucksache öffentlich gemacht. Das war's.
Dass sich daran etwas ändert, ist erstmal nicht zu erwarten. Denn Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), der für die Einhaltung der Transparenzvorschriften zuständig ist, versteht sich als oberster Interessenvertreter der Abgeordneten. Immer wieder haben er und seine Amtsvorgänger die Parlamentskolleg:innen mit Samthandschuhen angefasst, wenn diese gegen die Vorschriften verstießen.
Dies wird sich nur dann ändern, wenn wir weiter öffentlichen Handlungsdruck auf die Politik erzeugen, zum Beispiel durch Recherchen. Helfen Sie uns dabei, weitere Verstöße aufzudecken: Werden Sie Förder:in von abgeordnetenwatch.de. Dies geht bereits ab 5 Euro im Monat, ihr Förderbeitrag ist steuerlich absetzbar.
Volle Lobbytransparenz: Wir haben die Forderung von 120.000 Menschen in den Bundestag getragen
© | abgeordnetenwatch.de |
Die Maskenaffäre und die fragwürdige Lobbytätigkeit von Philipp Amthor (CDU) haben eine Diskussion über strengere Transparenzregeln entfacht. Doch an den Kern wagen sich Union und SPD nicht heran: Die Offenlegung von Lobbykontakten.
Am vergangenen Donnerstag haben wir diese Forderung deshalb im Namen von 121.955 Bürger:innen in den Bundestag getragen. Dort nahm der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Patrick Schnieder (links), die Unterschriften für unsere Petition "Volle Lobbytransparenz jetzt!" entgegen. Schnieder sagte, dass noch vor der Wahl das von uns geforderte Verbot von bezahlten Lobbyjobs für Abgeordnete beschlossen werden soll. Doch mit wem sich Lobbyist:innen treffen, soll auch weiterhin nicht öffentlich werden.
Wir werden unsere Bemühungen für volle Lobbytransparenz deswegen fortsetzen müssen.
Impfstoffpatente und Staatsleistungen an Kirchen: So stimmten Ihre Abgeordneten
Der Bundestag hat zuletzt über mehrere Anträge namentlich abgestimmt. Keine Mehrheit fand die Forderung, die Patente für Covid19-Impfstoffe freizugeben. Die Abgeordneten lehnten es außerdem mehrheitlich ab, die staatlichen Leistungen an die beiden christlichen Kirchen zu beenden und statt dessen eine einmalige Entschädigung zu zahlen. Wir haben das Abstimmungsverhalten der 709 Parlamentarier:innen für Sie dokumentiert:
- Freigabe des Patentschutzes: So stimmten die Abgeordneten
- Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen: So stimmten die Abgeordneten
In der aktuellen Legislaturperiode ist über viele wichtige Themen namentlich abgestimmt worden. Auf unserer Abstimmungsseite können Sie sich über das Abstimmungsverhalten Ihrer Abgeordneten informieren.
Kandidierenden-Check für Sachsen-Anhalt gestartet: Wer tickt wie Sie?
© | abgeordnetenwatch.de / Fotoquelle |
Soll der Autobahnbau in Sachsen-Anhalt stärker als bislang gefördert werden? Braucht es das mehrgliedrige Schulsystem? Sollen Parteien gleich viele Frauen wie Männer aufstellen müssen? Wie die Kandidierenden in Ihrem Wahlkreis zu diesen und anderen Themen stehen, können Sie jetzt mit unserem Kandidierenden-Check herausfinden. Das geht ganz einfach: Sie beantworten 20 Thesen – in einer Auswertung erfahren Sie dann, mit welchen Politiker:innen Sie die meisten Übereinstimmungen haben.
Kandidierenden-Check für Sachsen-Anhalt starten
Wenn Sie Ihre Kandidierenden direkt befragen möchten oder ein Anliegen haben, können Sie außerdem auf unserem Wahlportal mit den Politiker:innen in Kontakt treten.
Fragen und Antworten des Monats
- Unions-Kanzlerkandidat | In der Unions-internen Personaldiskussion unterbreitet ein Bürger dem Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus einen Vorschlag. Um dem Eindruck entgegenzuwirken, dass sich die CDU/CSU-Fraktion "von Herrn Söder an der Nase herumführen" lasse, könne doch Brinkhaus selbst "den Kanzlerkandidaten geben". In seiner Antwort bedankt sich der Fraktionschef bei dem Fragesteller für das Vertrauen in seine Person, aber: "Ich bin sehr zufrieden mit meiner aktuellen Position als Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und möchte diese gerne auch noch weiterhin bekleiden."
- Grünen-Spende | Früher hätten sich die Grünen für eine Begrenzung von Parteispenden auf 100.000 Euro eingesetzt, schreibt ein Bürger an die Grünen-Abgeordnete Renate Künast. Kürzlich aber habe die Partei von einer Privatperson 1 Million Euro erhalten - ob die Forderung nun nicht mehr gelte? Künast schreibt, an der Obergrenze für Parteispenden von Privatpersonen habe sich nichts geändert. Doch solange es eine solche gesetzliche Regelung nicht gebe, "wollen wir uns allerdings nicht schlechter stellen als die politische Konkurrenz."
- Abgeordneten-Impfung | Ein Bürger will von FDP-Fraktionschef Christian Lindner wissen, warum Abgeordnete bereits Anfang Mai geimpft wurden, noch bevor die Priorisierung für alle Bevölkerungsgruppen aufgehoben wurde. Lindner erklärt, dass das Impfangebot für Mitglieder von Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht "keine Aufhebung, sondern gerade Teil der Impfpriorisierung" sei. Hierbei gehe es um die Sicherung der Verfassungsorgane. "Das ist legitim, auch wenn man über die akute Notwendigkeit geteilter Meinung sein kann," so der FDP-Politiker.
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
Fanden Sie diesen Newsletter interessant? Dann leiten Sie die Mail gerne an Freunde und Bekannte weiter. Abonnieren können diese unseren Newsletter hier (natürlich kostenlos und jederzeit wieder abbestellbar).
Wenn Sie unsere Arbeit für Transparenz und gegen geheimen Lobbyismus unterstützen möchten, finden Sie hier unsere Spendenseite.