Korruption, Untreue, illegale Parteispenden: Nach unseren Recherchen laufen derzeit gegen zahlreiche Bundestagsabgeordnete Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren, in einem Fall gab es sogar eine Verurteilung. Mehr zu diesem Thema im folgenden Newsletter. Außerdem: Fragwürdige Parteispenden der Rüstungs- und Immobilienlobby – und ein faules Osterei von Union und SPD.
Die Übersicht:
- Gegen diese Abgeordneten laufen Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren
- Ein schlechter Scherz
- Rüstungslobby, Immobilienkonzerne, Tabakindustrie: Von wem die Parteien Geld bekamen
- Gauweiler: Millionen-Nebeneinkünfte von umstrittenen Milliardär
- Afghanistan-Einsatz verlängert: So stimmten Ihre Abgeordneten
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten aufgerufener Artikel im letzten Newsletter: Amthor-Affäre - Unternehmen klagt gegen Herausgabe von Lobbyschreiben an abgeordnetenwatch.de
Gegen diese Abgeordneten laufen Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren
© | DBT/Thomas Trutschel/photothek.net |
Seit Wochen werden fragwürdige Maskengeschäfte von Abgeordneten und dubiose Verbindungen nach Aserbaidschan öffentlich. Recherchen von abgeordnetenwatch.de zeigen nun, dass in diesen und anderen Fällen gegen zahlreiche Parlamentarier:innen Ermittlungen laufen. Bei mindestens neun Abgeordneten ist ein Gerichts-, Ermittlungs- oder Disziplinarverfahren anhängig, in gleich mehreren Fällen geht es dabei um den Verdacht der Bestechlichkeit, der Untreue oder um Verstöße gegen das Parteiengesetz. Ein Parlamentarier wurde zu einer fünfstelligen Geldstrafe verurteilt – wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung.
Gegen diese Abgeordneten laufen Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren
Unsere Rechercheergebnisse haben wir der Süddeutschen Zeitung zur Verfügung gestellt. SZ-Bericht: Verstoßen Abgeordnete häufiger gegen Recht und Gesetz als früher?
Ein schlechter Scherz
© | geldoderleben/flickr/CC BY-SA 2.0 |
Es sollte ein Zeichen sein angesichts der beinahe täglich neuen Lobbyskandale. Ein Zeichen im Sinne von: Wir greifen durch! Doch was Union und SPD vorletzte Woche mit ihrer Stimmenmehrheit im Bundestag durchsetzten, war ein schlechter Scherz.
Eigentlich sollten wir uns freuen, wir alle zusammen. Seit Jahren kämpfen wir mit Ihrer Unterstützung für ein Lobbyregister. Doch nun haben Union und SPD ein Lobbyregister beschlossen, durch das Lobbyeinfluss auf Gesetze weiter unsichtbar bleibt. Das Lobbyregister der GroKo ist in dieser Form unbrauchbar.
Wir wollen nun alles daran setzen, dass das schlechte Lobbyregister von Union und SPD zu einem guten und wirkungsvollen Lobbyregister wird. Durch Recherchen werden wir neue Lobbyverbindungen aufdecken und so zeigen, wie wichtig strenge Transparenzpflichten sind. Und wir werden Kampagnen starten, um das Thema Lobbyeinfluss zu einem zentralen Thema im Bundestagswahlkampf zu machen.
Lobbyismus im Verborgenen ist eine Gefahr für unsere Demokratie, weil finanzstarke Konzerne und Lobbyverbände unentdeckt Politik in ihrem Interesse beeinflussen können.
Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit gegen geheimen Lobbyismus und werden Sie Förder:in von abgeordnetenwatch.de. Dies geht bereits ab 5 Euro im Monat, Ihr Förderbeitrag ist steuerlich absetzbar.
Rüstungslobby, Immobilienkonzerne, Tabakindustrie: Von wem die Parteien Geld bekamen
© | Pixabay License |
30.000 Euro von einem Rüstungskonzern, 100.000 Euro von der Metalllobby: Neue Spendenlisten zeigen, welche Unternehmen und Lobbyverbände im Jahr 2019 Geld an Parteien überwiesen haben. Einige Zahlungen sind äußerst fragwürdig. So erhielt die CSU 45.000 Euro von einem Immobilienkonzern, mit dem Markus Söder zwei Jahre zuvor als bayerischer Finanz- und Heimatminister einen millionenschweren Mietvertrag abgeschlossen hatte.
Rüstungslobby, Immobilienkonzerne, Tabakindustrie: Von wem die Parteien Geld bekamen
Petition "Lobbyspenden an Parteien verbieten!" unterzeichnen und verbreiten
Gauweiler: Millionen-Nebeneinkünfte von umstrittenen Milliardär
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In unserer jährlichen Liste der Topverdiener im Bundestag stand der CSU-Politiker Peter Gauweiler bis zu seinem Ausscheiden ganz vorne. Der Anwalt meldete teils sechsstellige Jahreshonorare – doch wie viel Geld er genau erhielt und von wem, war wegen der intransparenten Veröffentlichungsregeln unbekannt. Recherchen der SZ zeigen nun, dass sich hinter einem von Gauweilers Geschäftspartnern der umstrittene Milliardär Augustus von Finck verbarg. Der Unternehmer ("Mövenpick") soll dem CSU-Abgeordneten während seiner Zeit im Bundestag rund 11 Millionen Euro an Beraterhonorar gezahlt haben.
Dass Millioneneinkünfte von Abgeordneten erst durch Recherchen öffentlich werden, wollen Union und SPD nun ändern. Die Regierungsfraktionen haben sich kürzlich darauf geeinigt, dass Nebeneinkünfte auf Euro und Cent genau offengelegt werden müssen (bislang mussten sie dies nur in groben Verdienststufen). Nicht klar ist allerdings, ob die GroKo alle freiberuflichen Abgeordneten auch dazu verpflichten will, ihre Geschäftspartner:innen offenzulegen.
Welche Transparenzregeln Union und SPD planen und was davon zu halten ist, haben wir hier aufgeschrieben.
Afghanistan-Einsatz verlängert: So stimmten Ihre Abgeordneten
Der Bundestag hat eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan beschlossen. Gegenstimmen gab es aus den Reihen der SPD, FDP und Grünen. Die AfD und die Linkspartei lehnten den Antrag geschlossen ab. Wir haben das Abstimmungsverhalten für Sie dokumentiert:
Afghanistaneinsatz: So stimmten die Abgeordneten
In den vergangenen Wochen wurde auch über zahlreiche andere Themen namentlich abgestimmt. Das Abstimmungsverhalten erfahren Sie hier.
Fragen und Antworten des Monats
- Lobbytätigkeit | "Als Bundestagsabgeordneter ist es Ihre Aufgabe, sich für die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger dieses Landes einzusetzen", schreibt ein Bürger an den CDU-Politiker Joachim Pfeiffer. "Als Vorstandsmitglied der Lobbyorganisation Wirtschaftsrat sind Sie jedoch den Interessen der angeschlossenen Unternehmen verpflichtet." Darüber hinaus habe Pfeiffer als Berater Aufträge in der Energie-, Verkehrs- und Immobilienbranche. "Sie arbeiten gleichzeitig als Lobbyist, Unternehmer und Politiker: Wie geht das zusammen?" Eine Antwort von Pfeiffer steht aus.
- Partei-Wechsel | Im vergangenen Jahr trat der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow aus der SPD aus und wechselte zur Satirepartei "Die Partei". Was ihn dazu bewogen hat, erklärt Bülow in einer ausführlichen Antwort auf die Frage eine Bürgers. "Ich habe mich Jahre lang für ein Rot-Rot-Grünes Bündnis engagiert. Doch die Parteiführungen haben diese Versuche immer ignoriert oder bekämpft. Heute weiß ich: Ein solches Bündnis wird es niemals geben. Es taugt nur als 'Hoffnungsdieb' vor Wahlen, um noch einige Unzufriedene zur Stimmabgabe zu bewegen." Auch bei der nächsten Wahl werde es laut Bülow nur darum gehen, "ob die SPD oder die Grünen die Juniorpartner der Union werden, mit denen dann alles beim Alten bleiben wird."
- Impfmanagement | Mit einer unwirschen Antwort hat der grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer auf Fragen einer Bürgerin zu Problemen bei der Impfung reagiert: Er habe nicht vor, mit Verantwortlichen von Ländern zu reden, in denen bisher erfolgreicher geimpft wird, schließlich sei er kein Gesundheitspolitiker. "Würden Sie denn im normalen Leben den Busfahrer fragen, was er von Problemen beim Artenschutz in der Landwirtschaft weiß und mit welchen Vorschlägen er ihnen zu Leibe rücken wolle?" Es möge für die Fragestellerin ein "neuer Gedanke" sein, aber ein Politiker sei kein Tausendsassa.
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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